Mit neuem Spritzenfahrer gegen Drahtwurm und alte Denkmuster
Bei agrafrisch Fürstenwalde ist der Wurm drin – und das nicht nur sprichwörtlich. Zwischen Fachkräftemangel, Drahtwürmern im Mais und Kranichschäden gibt es viel zu tun. Ein bayerischer Jungbauer bringt frischen Wind nach Brandenburg – aber bleibt er?
Die gute Nachricht: agrafrisch Fürstenwalde hat endlich einen Spritzenfahrer. Seit die Fürstenwalder Praxispartner der Bauernzeitung sind, wird einer gesucht, nun also ist er da: jung, dynamisch und eigenverantwortlich arbeitend. Fast zu schön, um wahr zu sein in Zeiten des anhaltenden Fachräftemangels. Und so gibt es denn auch einen Haken: Im Oktober ist er wieder weg. Dabei gefalle es ihm sehr gut in Brandenburg, und vielleicht komme er ja wieder, sagt Tobias Gilg bei unserem Praxispartnerbesuch am 4. Juni.
Fachkräftemangel: Ein Bayer auf Zeit in Brandenburg
Seit Mitte April hilft der bayerische Jungbauer aus Landsberg am Lech in Buchholz. Seine Ausbildung zum Landwirt hat er in Marktoberdorf im Landkreis Ostallgäu in Nachbarschaft des Fendt-Werkes absolviert. Im Oktober wird er in Kaufbeuren die Meisterschule beginnen, bis dahin also Brandenburg. Nach Buchholz eingeladen hat ihn Benedikt Krauss, der mit seiner Frau Anna de Boer vor einem Jahr die Milchviehhaltung von agrafrisch übernommen hat.
Aber auch wenn Tobias die Landwirtschaft in all ihren Facetten mag, etwas lieber als die Kühe ist ihm die Arbeit auf dem Acker – egal welche. Derzeit ist die betriebseigene Spritze, eine Mamut XL der tschechischen Firma Agrio mit 8.000 l Fassungsvermögen und 30 m Arbeitsbreite sein bevorzugtes Instrument. Gestern hat er Fungizide im Weizen gespritzt, heute ist die Beikräuterbekämpfung im Mais mithilfe der Wirkstoffe Mesotrione, Dicamba und Rimsulfuron dran.
Seit den frühen Morgenstunden ist Tobias bei agrafrisch Fürstenwalde mit der Spritze unterwegs. Jetzt wird es wärmer, der Wind nimmt zu: Wenn der Tank leer ist, wird er die Spritze auf den Hof fahren und sie reinigen. Zu sagen braucht ihm das niemand, er weiß Bescheid und genießt das Vertrauen des Pflanzenbauleiters. Das weiträumige Wirtschaften in Brandenburg macht Tobias Freude, er ist gut gelaunt bei der Arbeit. Als zweitjüngstes von sechs Kindern ist er von der Erbfolge her weit davon entfernt, den elterlichen Hof mit 400 Mastbullen, 200 ha Land und 40 ha Forst zu übernehmen. Also warum nicht Brandenburg? Ab 5.000 Hektar könnten sich die Frauen gerne bei ihm melden, scherzt Tobias. Oder scherzt er nicht? Dann steigt er wieder auf die Spritze.

Herausforderungen mit Drahtwurm und Kranichen im Maisanbau
Mit diesem Maisschlag hat Pflanzenbauleiter Roman Kurzer noch ein anderes Problem als Unkraut. Der Bestand ist ausgedünnt, die jungen Maispflanzen sind teils gelb, teils ganz verkümmert: Hier ist der Wurm drin, und zwar der Drahtwurm. Kurzer zieht einen der Kümmerlinge aus dem Boden und legt mit dem Taschenmesser den Stängel frei: Der Wurm ist weg, der Tunnel, den er sich gefressen hat, aber deutlich sichtbar.
Drahtwürmer sind die Larven des Saatschnellkäfers. Deren Weibchen legen jede Menge Eier, nach 4 bis 5 Wochen sind daraus Drahtwürmer geschlüpft, die bis zu fünf Jahre im Boden bleiben, diverse Stadien durchlaufen und ab dem zweiten Jahr Fraßschäden verursachen. Vor einigen Jahren noch hätte eine insektizide Beize die Maissaat vor Drahtwurmbefall schützen können, berichtet Roman Kurzer. Aber die ist aus dem pflanzenbaulichen Werkzeugkasten schon lange verschwunden.

Ein weiteres Problem im Mais sind die Kraniche: Auf 16 ha musste in diesem Jahr nachgesät werden. Verluste, die in Brandenburg nicht entschädigt werden. Ansonsten ist der Mais auf 400 ha gut aufgelaufen und auch mit dem wenigen Niederschlag bisher ganz gut zurechtgekommen. Die Herbizidbehandlung war die letzte Maßnahme vor dem Häckseln, die Schäden durch die Drahtwürmer müssen erst einmal toleriert werden.
Neuer Pflanzenbauleiter: Herausforderungen beim Start
Nicht nur im Mais ist der Wurm. Der neue Pflanzenbauleiter und die alte Belegschaft von agrafrisch Fürstenwalde müssen erst noch zueinander finden. Kurzer wünscht sich von seinen Mitarbeitern eine Arbeitsmentalität, wie sie für Tobias selbstverständlich ist: „Der fragt morgens, was er machen soll, und erledigt es dann“, sagt Kurzer, der nicht immer begründen will, wenn er eine Arbeit anders organisiert als sein Vorgänger.
Braugerste-Lagerhalle: Frühjahrsputz und Reparaturen in Fürstenwalde
An diesem Mittwochvormittag steht bei agrafrisch Fürstenwalde die Reinigung der Lagerhalle für die Braugerste auf dem Programm. Dafür ließ Kurzer in Fürstenwalde einen Kompressor ausleihen – nicht wie üblich für zwei Tage, sondern nur für einen. Er macht am Morgen selbst den Anfang, am Mittag ist die Halle sauber. Jetzt sollen noch die Tore repariert und das hohe Gras um die Halle gemäht werden.
Die Mitarbeiter fahren zurück auf den Betriebshof, die Azubis bleiben noch: Marc Hellmich, der im Sommer vergangenen Jahres die Landwirtsausbildung begonnen hat, und Max Kloppe, der ein Jahr weiter ist, räumen Schubkarre und Besen auf den Pickup des Chefs und schließen die Tore der Lagerhalle. Dann geht es mit dem Pflanzenbauleiter auf eine Extrarunde Pflanzenbonitur.

Pflanzenbonitur: Azubis im Einsatz
Der 20-ha-Schlag mit Weizen steht prächtig. Am Feldrand gibt es eine kleine Wissensrunde zum Entwicklungsstand der Pflanzen. Dann geht es weiter zu einem Schlag, der auf den ersten Blick nur Stoppeln zeigt: Der Futterroggen für die Ganzpflanzensilage ist vom Halm. Zwischen den Stoppeln sprießt die Zwischenfrucht: Sorghumhirse. Sie soll später an die Biogasanlage verfüttert werden.
Auf einem anderen abgeernteten Roggenschlag wächst eine betriebseigene Zwischenfruchtmischung, von der sich der Ölrettich schon sehen lässt. In fünf Wochen könne man hier mehr sehen, sagt Kurzer. Für Marc und Max ist für den Nachmittag Steinesammeln dran. Max ist selbstbewusster geworden, seit er seinen Traktorführerschein hat und bei der Bodenbearbeitung für die Maisaussaat selbstständig arbeiten durfte. Und wenn man selbst mit dem Traktor zum Steinesammeln rausfahren kann, ist es gar nicht mal so übel.

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