Gersten-Ernte in Brandenburg: Und dann kam der Regen doch noch
Bei agrafrisch Fürstenwalde ist die Gerstenernte fast schon wieder Geschichte. Die Hektar-Erträge liegen etwa zehn Dezitonnen über denen im vergangenen Jahr, das Hektoliter-Gewicht zwischen 60 und 65. Mit der betriebseigenen Technik hätten sie das in diesem Jahr nicht geschafft.
Von Heike Mildner
Es ist brütend heiß an diesem Mittwoch (26.6.), dem dritten Tag, an dem bei agrafrisch die Gerstenernte eingefahren wird. Zwei Wochen früher als üblich, genau wie Pflanzenbauleiter Ronny Kaczmarek es vorausgesagt hat. Im Gegensatz zu den Männern auf den beiden Mähdreschern und den Abfahrern, die gut gekühlt ihre Maschinen steuern, kommt Kaczmarek, der alle Arbeiten koordiniert, noch am ehesten ins Schwitzen. Auf dem Hof wird von einem externen Schlosserteam aufwendig die Pflanzenschutzspritze repariert, auch dort schaut Kaczmarek ab und zu vorbei.
„Einen Fahrer für die Spritze suchen wir immer noch“, sagt er mit Blick auf die nächsten Arbeiten. Die Reparatur des zweiten Mähdreschers, der mit Motorschaden in der Werkstatt steht, werde wohl noch vier Wochen dauern. „Wenn wir Glück haben, ist er zur Weizenernte wieder da. Und so springt der Lohnunternehmer mit einem Drescher ein, um die 200 ha Gerste vom Halm zu bekommen. Damit steigen natürlich die Kosten. Außerdem seien letzte Woche die Getreidepreise abgeschmiert, so Kaczmarek.
Die Erträge der ersten drei Erntetage waren noch gut
Dafür sind die Erträge gut. Zwischen 60 und 71 dt/ha Gerste wurden an den ersten drei Tagen geerntet, etwa zehn mehr als im vergangenen Jahr, als viele Knickähren dabei waren. Die Besonderheit in diesem Jahr: Die Ähren sind trocken, das Stroh stellenweise noch pitschnass. Es muss erst noch trocknen, bevor es gepresst werden kann, damit es nicht Gefahr läuft, sich selbst zu entzünden. Auch das Strohpressen übernimmt fast schon traditionell das Lohnunternehmen, das seinen Sitz nur wenige Kilometer entfernt von Buchholz in Steinhöfel hat.
Hand in Hand mit dem Lohnunternehmen aus der Nachbarschaft
Gerade sieht Marc Bethge, einer der beiden Inhaber des Unternehmens Westphal, auf dem Schlag bei Demnitz, ob der neue New Holland macht, was er soll. Drei Jahre hatte Bethge ihn geleast, jetzt gekauft. Es sei ein Mädrescher mit Schüttlermschine, die besseres Stroh mache als ein Rotormähdrescher. Da er als „Lohner“ auch für Biobetriebe in der Region unterwegs ist, die großen Wert auf eine gute Strohqualität legen, hat er sich für den Schüttler entschieden.
Seit acht Jahren arbeiten Ronny Kaczmarek und Marc Bethge zusammen und haben einen kurzen Draht und gegenseitiges Verständnis entwickelt. Spezialisiert hat sich Bethge auf die Grünfutterernte und aufs Stroh pressen, hilft aber mit seinen derzeit sieben Mitarbeitern auch beim Häckseln, der organischen Düngung und beim Kalk streuen.
„Das meiste lernt man durch zugucken“
Die Arbeit als Lohnunternehmer ist ein Traumjob für den 39-Jährigen, der erst Landwirt gelernt und fünf Jahre später zusätzlich die Prüfung zur Fachkraft für Agrarservice abgelegt hat. Sein Mitarbeiter Kevin Smuzinski, der den Mähdrescher bedient, lässt sich heute nebenbei vom 17-jährigen Max Kloppe über die Schulter sehen, denn: „Das meiste lernt man durch zugucken“, ist Ronny Kaczmarek überzeugt. Letzterer würde sich freuen, wenn die jungen Leute mehr Energie in den T-Führerschein stecken würden, am besten schon einen in der Tasche hätten, wenn sie im Betrieb anfangen. Max beginnt demnächst sein zweites Lehrjahr, hat die Theorie geschafft und auch bald die Praxisstunden komplett. Agrafrisch unterstützt ihn, indem der Betrieb den Schlepper stellt, sodass die Kosten für die Fahrstunden reduziert werden. Aber bis Max den Schein hat, muss sein Chef ihm eine Extrawurst braten, sprich dessen An- und Abfahrt zum und vom Feldrand mit organisieren.
Braugerste für das Radeberger Bier
Dem Abfahrer mit 30 t Gerste auf dem Hänger fahren wir hinterher ins Lager. Von jeder ankommenden Ladung nimmt Dualstudentin Larissa Langheim eine Probe. Mit einem Edelstahlmessrohr prüft sie die Hektolitergewichte, ein mikrowellengroßes Analysegerät zeigt Kornfeuchte und Proteingehalt an. Die Werte bewegen sich im Normbereich für Braugerste, alles wird in Tabellen notiert, der durchschnittliche Ertrag errechnet und protokolliert. Die Gerste ist als Braugerste für Radeberger bestimmt, und die Fürstenwalder wollen wissen, was sie anbieten. Nur den Vollgerstenanteil, der auf die Größe des Mehlkörpers schließen lässt, können sie nicht im Betrieb bestimmen.
Eine halbe Stunde fehlte am Freitag
Ein Kontrolleur von der Brauerei wird zudem eigene Proben ziehen, um sich ein Bild von der Qualität des Erntegutes zu machen. In der Halle ist es laut und staubig. Die beiden Azubis wechseln sich bei der Probennahme ab, der jeweils andere darf auf den Acker. Nachsatz: Die Gerstenernte konnte bis Freitag (28.6.) fast abgeschlossen werden. Eine halbe Stunde fehlte den Fürstenwaldern noch zu ihrem Gersten-Ernteglück. Zwei, drei Hektar standen noch, als gegen Mittag unwetterartiger Regen kam und mit 18 l/m2 die Kolonne zum Abbruch nötigte. Der schlechteste Schlag drückte mit 28 dt/ha das Ergebnis, das letztlich zwischen 52 und 71 dt/ha bei Hektolitererträgen von 60 bis 65 lag.
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