Logo einer Volks- und Raiffeisenbank (c) Ralph Peters/Imago Images

Volksbank kauft Agrarbetrieb in der Altmark

Eine genossenschaftliche Bank als Investor: Die frühere Agrargenossenschaft Sanne-Kerkuhn hat neue Eigentümer. Nicht zum ersten Mal übernimmt eine Volksbank einen kompletten Betrieb.

Von Ralf Stephan

Schon seit dem 27. Januar ist die Genossenschaftsbank VR Plus Altmark-Wendland neuer Eigentümer der einstigen Agrargenossenschaft Sanne-Kerkuhn im altmärkischen Arendsee. Das berichtet die Magdeburger Volksstimme in ihrer Online-Lokalausgabe Salzwedel. Demnach war das Unternehmen langjähriger Kreditkunde der Bank. Als die Mitglieder ihre Anteile zum Verkauf anboten, habe die VR Plus Altmark-Wendland ebenfalls ein Angebot abgegeben. Letztendlich erhielt sie den Zuschlag, so die Redaktion unter Berufung auf eine Banksprecherin.

Genossenschaft wurde eine GmbH

Die Genossenschaftsbank mit Sitz in Lüchow (Niedersachsen) wurde laut Zeitungsbericht Anteilseigner und schließlich Eigentümer der Agrargenossenschaft. Danach wurde die einstige Genossenschaft wurde in eine GmbH umgewandelt. Einzige Gesellschafterin ist die Bank. Der neue Name lautet: Agrar GmbH Sanne-Kerkuhn. „Ansonsten bleibt alles beim Alten“, wird ein Bankvorstand zitiert. „Auch der Geschäftsführer bleibt.“ Der Geschäftsbetrieb werde zunächst unverändert fortgeführt. Auch alle Angestellten blieben im Unternehmen.

In einer Pressemitteilung teilte die Bank mit: „VR Plus möchte das zur Verfügung stehende Land nicht Großinvestoren überlassen, sondern die Selbstbestimmtheit in der Region mit erhalten. Somit werden die Arbeitsplätze sowohl bei der Agrargenossenschaft als auch bei der VR Plus gesichert. Darüber hinaus ist vorgesehen, eine Forschungseinrichtung aufzubauen und mit anderen zusammen Antworten für notwendige Veränderungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette Agrar zu finden.“ Angestrebt werde der Aufbau einer Versuchsanstalt. Sie soll sich mit Innovationen wie dem SmartFarming befassen. Die Bank weist ausdrücklich darauf hin, dass sie nicht als Käufer auftritt, wenn Landwirte aus der Region für sich selbst als Bieter auftreten.

Bauernbund warnt vor Einstieg des Finanzkapitals

Silierung von Getreideganzpflanzen als Gärsubstrat für die Biogasanlage der Bioenergie GmbH Sanne-Kerkuhn. (c) Florian Krettek

Der Bauernbund Brandenburg hat die Übernahme als „Warnsignal für die Agrarpolitik“ bezeichnet. Nach Industriellen, Immobilienhaien und Aldi-Stiftung steige jetzt auch noch das Finanzkapital ganz offen in die Landwirtschaft ein, heißt es in einer Pressemitteilung. Erneuert wurde die Forderung an die Politik, Agrarsubventionen zu kappen. Sie sollten ausnahmslos daran gekoppelt sein, dass sich die Betriebe im Eigentum von ortsansässigen Landwirten befänden.

Nach ähnlichem Muster war es im Sommer vorigen Jahres zu einem Eigentümerwechsel in Thüringen gekommen. Dort hatten die Gesellschafter der Landschaftspflege-Agrarhöfe Kaltensundheim/Rhön GmbH & Co. KG ihre Anteile an eine Tochtergesellschaft der Volks- und Raiffeisenbank Bad Salzungen Schmalkalden veräußert. Der komplett in Schutzgebieten wirtschaftende Betrieb umfasste rund 2.400 Hektar , davon 60 % Grünland, 950 melkende Kühe, 1.100 Mutterschafe, Biogasanlage und Mutterkuhhaltung. Er beschäftigte 35 Mitarbeiter. Auch dort hatte der neue Eigentümer angekündigt, das Betriebsprofil beibehalten zu wollen.

Bank lässt Fragen nach Details unbeantwortet

Nachtrag (27. Februar 2020): Die Bauernzeitung wollte beim neuen Eigentümer einige Angaben über den Agrarbetrieb Sanne-Kerkuhn in Erfahrung bringen. Gefragt haben wir nach Flächengröße, Betriebsstruktur, Mitarbeiterzahl und anderen Eckdaten. Die Volksbank machte dazu keine Angaben. Man sei „der Überzeugung …, dass die ggf. aufzählungsbasierte Beantwortung dem komplexen Gesamtthema zu wenig Rechnung trägt“. Uns erinnert diese Antwort an einen ehemaligen Bundesinnenminister. Der CDU-Politiker Thomas de Maizière verweigerte 2015 der Presse eine Auskunft mit der fürsorglichen Begründung, ein Teil seiner Antwort könnte die Bevölkerung beunruhigen.

Vor Jahren noch ein Gemischtbetrieb

Nach den der Redaktion vorliegenden, von der Bank aber leider nicht bestätigen Informationen bewirtschaftet die jetzige Agrar GmbH Sanne-Kerkuhn rund 1.200 ha LN. Überwiegend handelt es sich um Ackerland, davon etwa die Hälfte Eigentum. Der Marktfruchtbau ist einzig verbliebener Betriebszweig, nachdem Milchvieh- und Schweinehaltung vor einigen Jahren aufgegeben wurden. In der mit dem Landwirtschaftsunternehmen verbundenen Bioenergie GmbH Sanne-Kerkuhn wird mit einer 600 kW-Biogasanlage Strom erzeugt. Auch Lohnarbeiten werden angeboten. Beide Unternehmen haben zusammen acht Mitarbeiter. Die an die VR Plus verkaufte Altmark-Wendland eG hatte zuletzt rund 20 Mitglieder, die zumeist schon im Rentenalter sind.

Nach Angaben der Hamburger North Data, die Bekanntmachungen im Handelsregister und andere Pflichtveröffentlichungen von Firmen analysiert, wies die Agrargenossenschaft Sanne-Kerkuhn im Geschäftsjahr 2017/18 eine Bilanzsumme von 8,15 Mio. € aus und die Bioenergie GmbH Bilanzsummen von 3,92 Mio. € (2018) bzw. von 3,42 Mio. € (2019).


Aldi-Tüte Nahaufnahme

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