Traktorenkorso mit 206 Traktoren auf dem Carl-Heydemann-Ring in Stralsund. Mehrere hundert Landwirte aus MV demonstrieren für freiwilligen und kooperativen Insektenschutz. (c) Gerd Rinas

Für kooperativen Insektenschutz – letzter Aufruf: Traktorkorso!

Mehrere Hundert Landwirte demonstrierten am Dienstag in Stralsund für mehr freiwilligen und kooperativen Insektenschutz und gegen eine Politik der Verbote und Einschränkungen im geplanten Aktionsprogramm.

Von Gerd Rinas

Trotz Minusgraden und Warnungen des Deutschen Wetterdienstes vor Schneeverwehungen demonstrierten am Dienstagvormittag mehrere Hundert Landwirte mit über 200 Traktoren in Stralsund für mehr freiwilligen und kooperativen Insektenschutz und gegen das geplante Insektenschutzgesetz. Vertreter von Bauernverband MV und Land schafft Verbindung MV übergaben einer Mitarbeiterin des Bundestagswahlkreises von Bundeskanzlerin Angela Merkel einen Brief, mit der Bitte, die Anliegen der Landwirtschaft stärker zu berücksichtigen. Die weiteste Anreise hatten zwei Landwirte, die mit ihren Traktoren aus dem niedersächsischen Dannenberg angereist sind.

Video (c) Gerd Rinas

Landwirt Ties Möckelmann ist sich sicher: „Wenn das Insektenschutzgesetz so kommt, dann wird es mit den weiten Fruchtfolgen im FFH-Gebiet eng.“ Bisher bauen sie in Klüssendorf bei Wismar Raps, Weizen, Gerste, Ackerbohnen, Zuckerrüben und Mais an. „Auf unserem schweren Boden im kupierten Gelände ist mechanische Unkrautbehandlung schwierig“, sagt der Landwirt nachdenklich. Schon vor dem Greening hat Möckelmann Grünstreifen um Gewässer angelegt. Mit dem Landschaftspflegeverband Nordwestmecklenburg arbeitet er gerade an einem Renaturierungsprojekt für sechs Sölle.

Zu zweit und mit klarer Forderung von Klüssendorf bei Wismar nach Stralsund gekommen: Ties Möckelmann (r.), der sich als Landwirt auch als Naturschützer versteht, und Auszubildender Morten Stieglitz. (c) Gerd Rinas

Ties Möckelmann ist an diesem Dienstagmorgen einer von mehreren hundert Landwirten, die mit Treckern und PickUps nach Stralsund gekommen sind, wo die Bundestagsabgeordnete Dr. Angela Merkel ihr Wahlkreisbüro hat. Mit drei Runden Traktorkorso auf dem Heydemannring wollen die Landwirte an diesem Tag ein Signal setzen, ein letzter Aufruf vor der alles entscheidenden Kabinettssitzung in Berlin: für freiwilligen, kooperativen Insektenschutz – und gegen die Verbote und Einschränkungen im gleichnamigen Aktionsprogramm und der ebenfalls zur Entscheidung stehenden Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung. 

Konstruktives Gespräch: Toni Reincke (LsV MV) und Dr. Heike Müller erläutern  Alexander Badrow, Ruth Düsing und Stefan Kerth (v. l.), welche Folgen das Insektenschutzprogramm für die Landwirte hätte. (c) Gerd Rinas

„Bei uns im Land wären 350.000 Hektar LF in Natura 2.000-Gebieten betroffen, davon etwa 30.000 Hektar in FFH-Gebieten“, sagt Dr. Heike Müller, Vizepräsidentin des Bauernverbandes MV im Gespräch mit Vorpommern-Rügen-Landrat Stefan Kehrt und Stralsunds Oberbürgermeister Alexander Badrow (beide CDU). „Für die Landwirte stellen sich ganz neue Fragen: Lohnt sich Düngen ohne Pflanzenschutz noch? Wie nachhaltig ist die Umstellung auf Öko, wenn das Angebot schneller wächst als die Nachfrage? Und sind solche Eingriffe in die Bewirtschaftung überhaupt hinzunehmen? Müllers Antwort ist eindeutig: „Nein.“ Bei Alexander Badrow rennt sie offene Türen ein. „Es kann nicht sein, dass die Landwirte, die vor Jahren freiwillig FFH-Gebiete ausgewiesen haben, am Ende dafür bestraft werden“, findet der Bürgermeister.

Auch Stefan Kerth zeigt Verständnis für die Proteste.  Viele wollen immer mehr und alles günstig von den Landwirten, aber die Voraussetzungen dafür einschränken. Logische Konsequenz wäre, dass wir immer mehr Lebensmittel importieren. Die werden aber oft zu viel schlechteren Standards produziert. Das kann nicht die Lösung sein.“Mit in der Runde steht Ruth Düsing, Mitarbeiterin im Wahlkreisbüro von Angela Merkel. Heike Müller übergibt ihr einen Brief an die Kanzlerin. Darin machen der Bauernverband und die Initiative „Land schafft Verbindung MV“ auf die negativen Folgen aufmerksam, wenn das Aktionsprogramm zum Insektenschutz unverändert umgesetzt wird. „Wenn ich wieder im Büro bin, werde ich den Brief sofort scannen und nach Berlin übermitteln“, versichert Ruth Düsing. Noch haben die Bauern Hoffnung. Morgen will das Kabinett in Berlin über das Aktionsprogramm entscheiden.  

Mehr als 200 Trecker aus ganz Mecklenburg-Vorpommern – und zwei aus dem niedersächsischen Dannenberg –rollten über den Stralsunder Heidemannring. (c) Gerd Rinas

Landwirt vor Traktoren

Insektenschutzgesetz: Aktionen in Brandenburg

Am Dienstagvormittag besuchten Landwirte des Landesbauernverbandes Brandenburg die SPD-Bundestagsabgeordneten in vier brandenburgischen Städten. Sie machten deutlich, welche Folgen das Insektenschutzgesetz hat, das ihre Parteikollegin Svenja Schulze plant. Land schafft Verbindung Brandenburg e. V. fuhr zeitgleich mit ähnlicher Absicht zur Landesparteizentrale der SPD nach Potsdam. mehr