Rote Gebiete: Plötzlich drin

Bisher zählten Flächen im Altenburger Raum nicht zu den roten Gebieten. Das kann sich mit der Neuausweisung im Rahmen der Düngeverordnung aber ändern, fürchtet die Kriebitzscher Agrar eG.

Von Frank Hartmann

Die Kriebitzscher Agrargenossenschaft eG im Altenburger Land zählt zu den Betrieben, die in den vergangenen Wochen Nitratmessstellen in ihrer Flur als überprüfungsbedürftig gemeldet haben. Insgesamt hegen Landwirte im Land an über 200 der für die Ausweisung der künftigen roten Gebiete genutzten Nitrat-Messstellen Zweifel.

In der noch bis Ende des Jahres gültigen Kulisse liegen die 1.800 ha der Kriebitzscher nicht im Nitratüberschussgebiet. In der aktuellen Arbeitskarte des Landesumweltamtes jedoch tauchen auch sie auf. Pflanzenbauvorstand Denis Fischer kann dies nicht verstehen. Die N-Salden tendieren gegen null, was eher die Verpächter als die Wasserleute auf den Plan rufen sollte.

Gerade einmal 0,3 Großvieheinheiten

Von den 6.000 Mastplätzen sind nur 4.500 belegt, weil man den Schweinen mehr Platz bietet. Bei rund 0,3 GV/ha bekomme er von seiner Tierhaltungs-Vorstandskollegin Kerstin Fröhlich eigentlich zu wenig organischen Dünger.

Die Messstelle, die den Betrieb in ein rotes Gebiet manövriert, hat ihre Besonderheiten. Sie zählt zu einem Grundwasser-Sondermessnetz in der Gemeinde Rositz. Im alten Braunkohlerevier drückt das Grundwasser mit giftigen Verbindungen nach oben. Ganze Häuser sind daher nicht mehr bewohbar. Bekannt ist Rositz durch die „Neue Sorge“ – ein Restloch, in dem Abfälle einer Teerfabrik „entsorgt“ wurden. Dutzende Messstellen überwachen die Grundwassersituation.

Auf einem Weizenschlag, der an den Ort grenzt und der kaum 7 ha groß ist, finden sich gleich vier davon. Jene mit dem höchsten Nitratwert wurde jetzt in die Arbeitskarte aufgenommen. „Vor zehn Jahren wurden hier 146 Milligramm Nitrat je Liter gemessen. Im Mittel der letzten Jahre waren es 39,2“, berichtet Fischer. Angesichts der vom Betrieb praktizierten Landwirtschaft und der schweren Lössböden könne er jedenfalls nicht erklären, wie man sowohl für den einst hohen Nitratgehalt als auch für seine gleichzeitige Reduzierung verantwortlich sei. Die Messwerte der letzten drei Monate zeigen im Übrigen Werte von um die 25 mg/l an.

Die Widersprüchlichkeit kombiniert mit der außergewöhnlichen Umweltsituation ist es, die den Betrieb bewog, Antworten bei der Ad-hoc-Arbeitsgruppe aus Vertretern der Landwirtschaft und der zuständigen Fachbehörden zu bekommen, die zum Dialogforum Ende Februar gebildet wurde.

Laut Thüringer Bauernverband (TBV) entsprechen die Meldungen der Landwirte 58 % der in der aktuellen Arbeitskarte des Landesumweltamtes als belastetet dargestellten Messstellen. TBV-Fachreferent André Rathgeber schätzt ein, dass sich ein Großteil der angemeldeten Zweifel an der Lage der Messstellen und/oder der früheren landwirtschaftlichen Nutzung festmachen. Rathgeber hofft, dass dies Beachtung finden wird, wenn die Fachleute des Landesumweltamtes die Hinweise der Landwirte prüfen. „Geschichtliche Erkenntnisse zu einer früheren N-intensiven landwirtschaftlichen Nutzung fließen bei einer aktuellen Bewertung von gemessenen Grenzüberschreitungen an einer Messstelle nicht gesondert mit ein“, heißt es auf Anfrage der Bauernzeitung bei der Wasserbehörde. Es werde lediglich die Grenzüberschreitung als solche betrachtet.

Der Ausgang der Überprüfung ist nach dem letzten Treffen der Arbeitsgruppe am Freitag der Vorwoche im Umweltministerium noch offen. Aufgrund der vielen Zuarbeiten sei noch keine abschließende Bewertung möglich. Landwirte und Behördenvertreter vereinbarten, frühestens im Juni Ergebnisse bekannt zu geben.

Nitrat: Ein Drittel der Brunnen qualifiziert gemeldet

Immerhin meldeten Betriebe auch 64 ihrer Brunnen als zusätzliche Nitrat-Messstellen. „Die Qualität der eingereichten Daten unterscheidet sich sehr. Dabei schwanken die Angaben von einer alleinigen Lagebeschreibung bis hin zu einer vollständigen Dokumentation mit Angaben zum Ausbau und einem Schichtverzeichnis“, urteilt das Landesumweltamt. Nach einer ersten Kurzbewertung würden 26 Messstellen die Mindestanforderungen für eine weitere Prüfung erfüllen.

Der Kriebitzscher Pflanzenbauvorstand Denis Fischer glaubt weiter fest daran, dass die betroffene Messstelle in seinem Areal „ein Irrtum“ war. Er blickt mit Spannung auf die angekündigte Bewertung.