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Sächsisches Straßengesetz: Die Zeit wird knapp

Eine Änderung des Sächsischen Straßengesetzes könnte zur Folge haben, dass viele landwirtschaftliche Betriebsstraßen nicht mehr befahren werden dürfen. Die Initiative „Sachsens Wege“ drängt daher zum Handeln. Wir sprachen mit Daniel Menges, einem der Mitbegründer der Initiative.

Das Interview führte Karsten Bär

Bauernzeitung: Herr Menges, die Initiative „Sachsens Wege“ warnt davor, dass eine bereits vergangenes Jahr beschlossene Änderung des Sächsischen Straßengesetzes negative Folgen unter anderem für viele landwirtschaftliche Betriebe haben könnte. Um was genau geht es dabei?
Daniel Menges: Es geht um die bis dato bedingt öffentlich gewidmeten ehemaligen DDR-Betriebsstraßen. Deren – bisher nur fiktionale – öffentliche Widmung entfällt spätestens zum 1. Januar 2023, wenn sie nicht bis 31. Dezember 2022 in ein kommunales Bestandsverzeichnis aufgenommen wurden.

Im Prinzip ist das eine begrüßenswerte Sache. Aber nach unserer Beobachtung gehen die Kommunen dabei aus eigenem Antrieb nicht sehr eifrig vor. Der Gesetzgeber hat die Gesetzesänderung im letzten Herbst relativ still über die Bühne gezogen, zugleich aber die Gebietskörperschaften verpflichtet, diese Gesetzesänderung in ihren Mitteilungsblättern bis zum 30. Juni dieses Jahres öffentlich zu machen. Die Anmeldefrist für die Eintragung von Straßen, die bis dato nicht im Straßenverzeichnis vermerkt sind, reicht für Personen mit berechtigtem Interesse bis zum Jahresende 2020. Die Zeit ist also knapp.

Sächsisches Straßengesetz setzt kurze Fristen

Daniel Menges ist landwirtschaftlicher Sachverständiger und Mitbegründer der Initiative „Sachsens Wege“.
Daniel Menges ist landwirtschaftlicher Sachverständiger und Mitbegründer der Initiative „Sachsens Wege“. (c) privat

Welche Folgen hätte es, wenn eine Betriebsstraße nicht mehr öffentlich gewidmet ist?
Eine Widmung bedeutet, dass eine Straße von einem bestimmten Personenkreis bis hin zu jedermann genutzt werden darf, natürlich im Rahmen etwaiger Einschränkungen, die durch Verkehrsschilder angezeigt werden.

Aus einer Widmung entsteht darüber hinaus zweierlei: zum einen die Unterhaltspflicht und zum anderen die Verkehrssicherungspflicht derjenigen, die diese Straße in ihrer Obhut haben. Entfällt diese Widmung, entstehen eine Reihe potenzieller Probleme: Aus bisher öffentlich genutzten Straßen und Wegen werden Privatwege. Eigentümer könnten Nutzungsentschädigungen fordern oder Wege sperren. Land- und Forstwirte müssten gegebenenfalls Umwege in Kauf nehmen oder Klage auf Wegenutzung gegen den Eigentümer des dann privaten Weges stellen. Der Wegeausbau wäre nicht mehr möglich. Ganz zu schweigen vom Unfrieden im Dorf, der dadurch entstehen würde.

Unterhalts- und Verkehrssicherungspflichten sind mit Kosten verbunden. Ist das der Grund für die Zurückhaltung der Kommunen, selbst aktiv zu werden?
Vielleicht ist das bei der ein oder anderen Kommune der Fall. Ich behaupte aber mal, dass in den meisten Kommunen diese Problematik und ihre potenziellen Folgen den zuständigen Mitarbeitern gar nicht bekannt sind. Es gab kürzlich eine Veranstaltung zum Thema in Chemnitz, bei der das deutlich geworden ist.

Stehen die Kommunen nicht in gewisser Weise in der Pflicht, sich um die betroffenen Straßen und Wege zu kümmern?
Das ist eine spannende Frage. Spannend deshalb, weil man den Standpunkt vertreten kann, dass ein Kernwegenetz zur Daseinsvorsorge einer Kommune gehört. Das Oberverwaltungsgericht Bautzen hat dazu einige Urteile gesprochen. Das Wegenetz ist nicht nur für die Landwirtschaft von Bedeutung, sondern meist auch für die Forstwirtschaft, Teichwirtschaft, den Tourismus und die Naherholung.

Bis Jahresende einen Antrag stellen

Um wie viele Straßen und Wege geht es sachsenweit?
Es gibt eine ganz grobe Schätzung, die besagt, dass rund 10.000 Kilometer von etwa 80.000 Kilometern öffentlichen Straßen- und Wegnetzes in Sachsens davon betroffen sein könnten. Aber so genau hat das noch niemand ermittelt. Die betroffenen Wege befinden sich auf den Flächen verschiedener Eigentümer, meist privater, und sind oft im Zuge der Kollektivierung in der DDR entstanden.

Was raten Sie Landwirtschaftsbetrieben?
Wenn ich als Landwirt Betriebsstraßen auf meinen Flächen habe und diese regelmäßig nutze, sollte ich mich über die Eigentumsverhältnisse informieren und darüber, ob die Straße oder der Weg im Bestandsverzeichnis der Gemeinde geführt wird. Das Straßenverzeichnis der Gemeinde ist für jedermann einsehbar, insbesondere jedem, der als Nutzer ein berechtigtes Interesse hat. Falls die Straße nicht im Verzeichnis geführt wird, stelle ich einen formlosen schriftlichen Antrag bei der zuständigen Gebietskörperschaft auf Eintragung des Weges in das Straßenverzeichnis der Kommune, am besten unter Aufführung der betroffenen Flurstücke. Die Kommune hat dann bis 31. Dezember 2022 Zeit, die Eintragung vorzunehmen oder den Antrag abzulehnen. Ein abgelehnter Antrag wiederum ermöglich das Klageverfahren vor Gericht.

Allerdings ist es aufwendig, sich Klarheit über den Status der einzelnen Wege zu verschaffen, da es in Sachsen bis auf die Stadt Dresden noch keine Kommune gibt, die ein digitales Straßenverzeichnis führt. Deshalb kann es ratsam sein, sich mit anderen Akteuren zusammenzuschließen und gemeinsam betroffene Wege zu ermitteln und zu melden.


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Welche Aufgabe erfüllt die Initiative „Sachsens Wege“ in diesem Zusammenhang?
Wir sehen es als unsere Aufgabe an, aufzuklären und aufzuzeigen, was passieren kann, wenn man sich nicht rechtzeitig um diese Angelegenheit kümmert. Wir geben auch gern Hinweise, wie Betriebe vorgehen sollten, um herauszufinden, ob von ihnen genutzte Wege betroffen sind und wie sie gesichert werden können. Auch für Informationsveranstaltungen, zum Beispiel im Rahmen der Veranstaltungen regionaler Bauernverbände, stehen wir zur Verfügung. Vor allem aber ist es unser Ziel, gegenüber Behörden und Abgeordneten darauf hinzuwirken, dass zuerst flächendeckend öffentlich zugängliche digitale Bestandsverzeichnisse erstellt werden, bevor die Fristen zur Meldung und Eintragung der Wege für Bürger und Kommunen zu laufen beginnen.


Zur Website der Initiative „Sachsens Wege“ geht es hier.