Verkauf an den königlichen Hofstall

Pferde aus Sachsen für König in Schweden: Was Familie Bothe in Stockholm erlebte

Sven und Susann Bothe mit Figaro und Zart vor dem Königlichen Hofstall in Stockholm. (c) Bothe

Familie Bothe aus Ilkendorf bei Nossen in Sachsen hat zwei ihrer Pferde an die schwedische Krone verkauft und eine Woche lang den Hofstall in Stockholm hautnah erlebt.

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Ein Untoter war der berühmteste Fahrgast, den Sven Bothe mit seinen Pferden bislang kutschierte: Als Statist wirkte er an den Dreharbeiten für den Vampir-Film „Die letzte Fahrt der Demeter“ in Babelsberg mit – und fuhr mit seinem Pferdegespann Dracula im Sarg durch die Gegend.  Das war gewiss eine tolle Erfahrung, die man so schnell nicht vergisst. Doch sie reicht nicht an das heran, was er und seine Frau Susann gemeinsam mit ihren ältesten drei Töchtern zuletzt erlebten.

„Für uns ist das wie ein Märchen, das es nur einmal im Leben gibt“, sagt der 56-Jährige. Bothes haben Pferde verkauft – und zwar an die Hofstallungen des schwedischen Königshauses, wo die Familie aus Ilkendorf bei Nossen eine Woche lang zu Gast sein durfte. „Ein Erlebnis, das man nicht toppen kann“, ist Susann Bothe noch immer begeistert.

Pferde für schwedischen König aus Ilkendorf bei Nossen

Dabei war alles mehr oder weniger ein Zufall. Sven Bothe betreibt nicht nur einen Baubetrieb, sondern auch einen Kutschenfahrdienst in Ilkendorf. Die Familie ist Pferden sehr zugetan und hält –  nach dem jüngsten Verkauf – noch zehn Stück verschiedener Rassen.

Die Kinder – Sven und Susann haben sechs Töchter und einen Sohn – reiten selbst und unterstützen auch dabei, die Pferde zu betreuen. Weil Freyja (21) und Wibke (20), die beiden ältesten Töchter der Familie, inzwischen eigene Wege gehen wollen, fehlen jedoch helfende Hände. Zwei Pferde sollten daher verkauft werden – die allerdings, weil die Mädchen ihre eigenen behalten wollten, unter denen des Vaters ausgesucht werden sollten. So fiel die Wahl auf die Fahrpferde Figaro und Zart, zwei Wallache der Rasse Schlesisches Warmblut, die Sven Bothe als junge Pferde gekauft hatte. Beide haben den gleichen Vater, den im Fahrsport international erfolgreichen Hengst Sonet.

Das letzte Mal in Ilkendorf an den Leinen: Sven Botrhe fährt mit Figaro und Zart aus. (c) Susann Bothe
Das letzte Mal in Ilkendorf an den Leinen: Sven Botrhe fährt mit Figaro und Zart aus. (c) Susann Bothe

Eine E-Mail vom könglichen Hofstall in Stockholm

Die Töchter nahmen sich der Sache an und inserierten das Angebot. „Manchmal dauert es lange, bis jemand reagiert“, erzählt Sven Bothe. Dieses Mal ging es recht schnell. Eine Nachricht traf ein – vom Königlichen Hofstall in Schweden. Bothes blickten misstrauisch auf die E-Mail und zweifelten zunächst an der Seriosität. „Nach langem Zögern habe ich dann doch angerufen“, sagt Susann Bothe.

Pferde haben am schwedischen Hof eine besondere Rolle. Staatbesuch wird grundsätzlich mit der Kutsche gefahren. 16 Pferde stehen dafür bereit, die eine besondere Ausbildung für ihren Dienst im „Kungliga Hovstallet“, dem Königlichen Hofstall des schwedischen Königshauses, erhalten haben oder noch erhalten. Dort werden nicht nur Pferde, sondern auch die königlichen Limousinen unterhalten, darunter als älteste ein Daimler aus dem Jahr 1950. 

Probefahrt mit Live-Schalte aus Ilkendorf

Nach dem Telefonat mit dem Hofstall schickten Bothes zunächst ein Video der beiden Pferde nach Schweden. Ein Besuch vor Ort in Ilkendorf wurde vereinbart, bei der bestimmte Eigenschaften der Pferde geklärt und ihr Verhalten beim Fahren begutachtet wurden. Die Probefahrt wurde live per Video nach Stockholm übertragen.  „Die Pferde haben sich sehr schön präsentiert und hatten sichtbar Freude“, berichtet Susann Bothe. „Wir schienen uns nicht im schlechtesten Licht gezeigt zu haben“, meint auch ihr Mann. „Wir waren jedenfalls zufrieden.“

Bei der Vorstellung und Probefahrt blieb es nicht. Die Schweden forderten medizinische Untersuchungen einschließlich diverser aktueller Röntgenaufnahmen der beiden Pferde – und zwar kurzfristig in der Himmelfahrtswoche und aus eigener Tasche finanziert. Viel Aufwand – doch schließlich traf die Nachricht aus Stockholm in Ilkendorf ein: „Wir nehmen sie.“

Transfer nach Schweden mit viel Aufwand organisiert

Das wiederum sorgte erneut für Aufregung bei der Familie. „Wir fragten uns: Wie kommen wir jetzt mit den Pferden dort hin?“, geben Sven und Susann Bothe zu verstehen. Route und Fährüberfahrt mussten geplant werden, und alles andere, was bei einer langen Reise mit Pferden im Anhänger zu beachten ist. „Das war Neuland für uns!“

Ausfahrt aus dem Königlichen Hofstall in Stockholm. (c) S. Bothe
Ausfahrt aus dem Königlichen Hofstall in Stockholm. (c) S. Bothe

Gemeinsam mit den Töchtern Freyja, Wibke und Thora (16) ging es schließlich auf Reise, bei der 1.500 Kilometer gefahren und ein Stück des Wegs per Fähre von Puttgarten ins dänische Rødby zurückgelegt wurden. Über die Öresundbrücke erreichte der kleine Tross Schweden. Noch vor Stockholm kam ihnen ein Mitarbeiter des Hofstalls entgegen, um sie und die Pferde für den schwedischen König abzuholen und an den Zielort zu geleiten. „Im Königlichen Hofstall standen schon alle Spalier“, berichtet Sven Bothe. Die Ankunft der deutschen Pferde sei mit Aufregung erwartet worden. „Wir hatten angesichts dieser Szenerie schon ziemlich viel Ehrfurcht. Aber es waren alle von Anfang an sehr freundlich.“

Mit der Kutsche unterwegs durch Stockholm

Für Sven und Susann Bothe stand fest: Abgereist wird erst, wenn mit den Pferden alles klappt. Am ersten Tag seien Figaro und Zart sehr unruhig gewesen. Daher fuhr sie ihr alter Besitzer mit eigenem Schirrzeug selbst durch den Königspark. Von diesem Park hätten sie zunächst keine Vorstellung gehabt, erzählen sie. Insgesamt stehen dort 140 Kilometer Fahrstrecke zur Verfügung. „Es gibt kleine Schlösser, kleine Seen“, schwärmt Susann Bothe.

Schon am nächsten Tag fuhr das Gespann erstmals in der Stadt, die fast eine Million Einwohner und ein entsprechendes Verkehrsaufkommen hat. Schritt für Schritt wurden die Pferde an den folgenden Tagen an ihr neues Zuhause gewöhnt. „Die Mitarbeiter haben uns viel gefragt und sich unsere Hinweise auch angenommen“, so Sven Bothe. Noch für ihren Einsatz im Dienst des Königshauses ausgebildet werden müssen die beiden Pferde dennoch. „Aber nicht wie üblich zwei Jahre lang“, ergänzt er stolz.  „Sie sind schon sehr gut und eignen sich sogar dafür, in der ersten Reihe angespannt zu werden.“  Auch neue, königliche Namen werden sie erhalten.

Mit der Kutsche und den beiden Pferden für den schwedischen König unterwegs in Stockholm. (c) S. Bothe
Mit der Kutsche und den beiden Pferden für den schwedischen König unterwegs in Stockholm. (c) S. Bothe

Auch die Prinzessin wohnt im Königlichen Hofstall

Während des einwöchigen Aufenthalts wohnten die Gäste aus Sachsen im Hauptgebäude des Königlichen Hofstalls – wo im Übrigen auch Prinzessin Madeleine mit ihrer Familie lebt, die sie hin und wieder auch sahen. „Die Mitglieder der schwedischen Königsfamilie wollen als normale Menschen wahrgenommen werden“, haben Bothes gelernt. Mit den Angestellten des Hofstalls pflegten sie ein freundschaftliches Verhältnis. Gemeinsam frühstückte und arbeitete man. Den Gästen wurde viel gezeigt und erklärt. Der Umgang sei sehr herzlich gewesen. „Ihr habt jetzt Freunde in Schweden“, hieß es, als Bothes schließlich Abschied nahmen und man sich gegenseitig Abschiedsgeschenke überreichte.

Beim gemeinsamen Frühstück mit Angestellten des Königlichen Hofstalls. (c) Bothe
Beim gemeinsamen Frühstück mit Angestellten des Königlichen Hofstalls. (c) Bothe

Pferde mit könglichem Geschirr – wie ein Ritterschlag für die Familie

Auch von ihren Pferden haben sich Susann und Sven Bothe ausgiebig verabschiedet. Auch mit etwas Wehmut, wie Susann gesteht. Doch als schließlich den beiden das royale Geschirr mit der Krone angelegt wurde, überwog dann doch der Stolz. „Das war wie ein Ritterschlag!“, strahlt Sven Bothe.

Susann und Sven Bothe sowie die köngliche Reitmeisterin Sara Thavenius (M.) mit Figaro und Zart, die das königliche Geschirr tragen. (c) Bothe
Susann und Sven Bothe sowie die köngliche Reitmeisterin Sara Thavenius (M.) mit Figaro und Zart, die das königliche Geschirr tragen. (c) Bothe

Bleibt die eine Frage: Für welchen Preis wurden die Pferde für den schwedischen König verkauft? Reich sei man nicht geworden, dämpfen Bothes allzu hohe Vermutungen. „Wir sind für alle Aufwendungen entschädigt worden und haben für die Tiere einen angemessenen Preis bekommen“, betonen sie. Viel wichtiger sei ihnen aber das Erlebnis gewesen. Und das Wissen, das ihre Pferde jetzt für den schwedischen König fahren.  

Zu einem ausführlichen Reisebericht lädt Familie Bothe am 25. Juli ab 18 Uhr in ihre Kutschenhalle auf dem Rittergut Ilkendorf, Ilkendorf 1 in 01683 Nossen ein.

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