Frischmilchautomaten

Der Betrieb Kitzen will in Leipziger Verbrauchermärkten acht Frischmilchautomaten aufstellen. Die Bauernzeitung über den erfolgreichen Rohmilchverkauf.

von Karsten Bär

Mit einem Absatz zwischen 30 und 40 Liter am Tag habe man am Anfang gerechnet, blickt Hans-Uwe Heilmann zurück. Doch der Rohmilchautomat, den die Agrarprodukte Kitzen eG vor zwei Jahren an ihrer Milchviehanlage in Kitzen aufstellte, traf bei den Verbrauchern offensichtlich einen Nerv. „Zwischenzeitlich wurden an diesem Automaten bis zu 150 Liter am Tag gezapft“, verdeutlicht der Vorstand des Betriebes. Alsbald folgte eine weitere Rohmilchzapfstelle am Milchviehstall in Leipzig-Großzschocher, wo dank größeren Publikumsverkehrs um die 400 Liter am Tag verkauft werden. Insgesamt setzt der Kitzener Landwirtschaftsbetrieb derzeit rund 500 Liter Rohmilch zum Preis von 1 €/l am Tag ab.

Ursprünglich war der Rohmilchverkauf vor allem als Imagemaßnahme gedacht. Man habe die Menschen wieder näher an die Landwirtschaft führen wollen, so Heilmann. Doch es zeigte sich eben auch, dass unter den Verbrauchern der Wunsch nach Re-gionalität von Lebensmitteln sehr stark ausgeprägt ist. „Wir haben daher die Entscheidung getroffen, diesem Wunsch noch mehr zu entsprechen“, erklärt der Vorstand. Jetzt soll vor mehreren Verbrauchermärkten in Leipzig mit Automaten Frischmilch verkauft werden. Der Anfang wird an diesem Sonnabend (28. Oktober) vor dem Kaufland-Markt in Groß­zschocher gemacht, wenn um zehn Uhr der erste von acht Frischmilchautomaten der Agrarprodukte Kitzen eG für die Kunden in Betrieb genommen wird.

Während Rohmilch nur ab Stall verkauft werden darf, kann kurzzeitig erhitzte, also pasteurisierte Milch („Frischmilch“) auch andernorts vertrieben werden. Der Betrieb hat sich zu diesem Zweck eine Pasteurisieranlage angeschafft und gilt nunmehr als „Kleinmolkerei“. Die Anlage kann bis zu 2 000 Liter Rohmilch pro Stunde pasteurisieren. Mit bis zu drei Tanks mit je 200 Litern Inhalt ist ein  Frischmilchautomat zu bestücken. Der Automat sei „wie ein großer Kühlschrank“, beschreibt es Hans-Uwe Heilmann. Das Bezahlsystem ermöglicht Bar- oder Kartenzahlung. Auch Guthabenkarten können ausgegeben werden. Über den integrierten Warenautomat, der in erster Linie zur Ausgabe von Flaschen genutzt wird, könnte man perspektivisch auch andere Produkte anbieten, sagt Thomas Rössner, zweiter Vorstand des Betriebes. Das hygienisch einwandfreie Funktionieren wird durch die regelmäßige Reinigung milchführender Teile wie Schläuche oder Ventile, die leicht austauschbar sind, gewährleistet.

Rund 200 Liter Absatz am Tag, so hoffen die beiden Vorstände, könnte der Frischmilchautomat bringen. In den kommenden Wochen sollen die anderen sieben Automaten vor verschiedenen weiteren Verbrauchermärkten aufgestellt und in Betrieb genommen werden. Der Frischmilchverkauf soll ein, wenn auch kleines, Standbein für den Betrieb werden. „Ich hoffe, dass dieses Standbein trägt“, sagt Heilmann. Immerhin hat der Betrieb einschließlich der Pasteurisieranlage einige hunderttausend Euro in das Projekt investiert. Das Kundenpotenzial der Großstadt macht die Kitzener Landwirte zuversichtlich. „Wenn es bei uns nicht funktioniert, wo dann?“, meint der Vorstand.

Bei rund 22 000 kg täglich gemolkener Milch verliert die Lieferung an die Frischli-Molkerei in Weißenfels natürlich auch künftig nicht ihre Bedeutung. Rund 840 Milchkühe hält der Betrieb an den beiden Standorten Kitzen und Grozschocher. Geplant ist, beide Standorte in Großzschocher zusammenzuziehen und die Anlage in Kitzen ausschließlich für die Jungrinder zu nutzen. Der Bauantrag ist eingereicht, aber noch nicht bestätigt.

Milchproduktion ist indes nur einer von mehreren Bereichen, mit denen sich die Agrarprodukte Kitzen eG mit ihren rund 70 Mitarbeitern und zehn Auszubildenden beschäftigt. Insgesamt werden 2 800 ha bewirtschaftet und Marktfrüchte erzeugt. Man hält 430 Sauen und hat 2 150 Schweinemastplätze, bietet Dienstleistungen an und vermietet Wohnungen. „Wir sind wie ein großer Bauernhof“, drückt es Hans-Uwe Heilmann aus.   

Den bäuerlichen Ansatz verfolge man auch bei der Direktvermarktung der Milch. Ohne Umweg soll das Lebensmittel an den Kunden gehen. „Wir haben kein Interesse daran, Produkte im Markt ins Regal zu stellen“, sagt er. Dass man in Zukunft etwas mehr in die Verarbeitung einsteigen und Erzeugnisse wie Joghurt oder Quark verkaufen könne, sei aber durchaus möglich.

Produktionsseitig lassen die jetzt geschaffenen Voraussetzungen dies zu, ebenso könnte der Absatz über die Frischmilchautomaten organisiert werden. Das alles ist jedoch noch Zukunftsmusik. Erst einmal sollen die acht Frischmilchautomaten in Betrieb gehen und die Kunden in Leipzig auf den Geschmack der Kitzener Frischmilch gebracht werden.

Milchhof Rodenwalde