Ärger in Sachsen: Zu wenig Geld für Naturschutz-Förderung
Im Freistaat Sachsen steckt die Förderung über die Richtlinie „Natürliches Erbe“ (FRL NE/2023) in der Krise. Landschaftspflegeverbände und betroffene Betriebe fürchten um mühsam aufgebaute Strukturen – und um Existenzen.
Erst funktionierte die Antragssoftware nicht, dann wurde ein Berg an eingereichten Anträgen nur schleppend bearbeitet – und schließlich folgte ein Antragsstopp, der bis zum Ende der Förderperiode dauern könnte: Die Förderrichtlinie Natürliches Erbe (FRL NE/2023) sorgt derzeit für Frust unter Antragstellern. Betroffen von den Problemen bei der investiven Naturschutzförderung in Sachsen, bei der es unter anderem um Biotopgestaltung, aber auch Technik und Ausstattung geht, sind sowohl die regionalen Landschaftspflegeverbände (LPV) als auch Dienstleister im Garten- und Landschaftsbau sowie Landwirtschaftsbetriebe. „Da werden Strukturen wegbrechen“, befürchtet Christina Kretzschmar vom Landesverband Sachsen des Deutschen Verbandes für Landschaftspflege (DVL). Nicht nur, dass viele aufgrund nicht bewilligter Anträge die Lust an Naturschutzmaßnahmen verlieren könnten. Für manche stellten sich auch existenzielle Fragen. Das gelte für LPVs, die sich über solche Projekte finanzieren, aber auch für Dienstleister.
Monatelang auf Auszahlung gewartet
So beklagt Hans-Dieter Schenk von der ABS Robur GmbH in Bautzen, dass die Firma mit sechs Mitarbeitern und einigen geringfügig Beschäftigten monatelang ihre Arbeit nicht habe abrechnen können und später trotz Abrechnung keine Auszahlung bekam. Die Antragssoftware habe lange nicht funktioniert. Seit Beginn der neuen Förderperiode vor zwei Jahren funktioniere nichts mehr richtig. Zwar habe das Unternehmen, das sich mit Gewässerpflege und Renaturierung beschäftigt und im Winter hauptsächlich Kopfweidenschnitt im Landkreis Bautzen ausführt, inzwischen einen Abschlag bekommen. Dennoch fehlten immer noch 19.000 € für erbrachte Leistungen. „Und seit März ist Antragsstopp“, so Schenk. Für das Winterhalbjahr 2025/26 könne er somit keine weitere Kopfweidenschnitt-Maßnahme beantragen, lediglich Arbeiten an Restabschnitten früherer Anträge abarbeiten. Die Folge: „Wir werden Leute in Kurzarbeit schicken oder entlassen müssen.“
Nach erfolgter Heckenpflege Antrag abgelehnt
Gänzlich verzichten muss wohl Danilo Braun aus Langhennersdorf auf die beantragte Förderung. Der Landwirt, der einen kleinen 15-ha-Betrieb bewirtschaftet, Pflanzenöle und Obstsäfte presst sowie Naturschutzmaßnahmen ausführt, hatte Förderung für die Sanierung einer Hecke beantragt. Auf Empfehlung der Bewilligungsbehörde und um den richtigen Zeitpunkt nicht zu übergehen habe er im Winter vorzeitig mit der Maßnahme begonnen, Geld und Arbeitszeit in den ersten Pflegeabschnitt gesteckt. Mündlich bekam er indes später die Mitteilung, dass sein Antrag abgelehnt werde.
Naturschutzförderung honoriert gesellschaftliche Leistung
Mehr Glück hatte Brauns Berufskollege Kai Pönitz aus dem gleichen Ort, dessen Antrag bewilligt wurde. Doch auch das Mitglied im Bundesvorstand des DVL macht sich Sorgen. Landwirte produzierten nicht nur Agrarprodukte, sondern durch Beiträge etwa für den Erosionsschutz oder die Artenvielfalt auch öffentliche Güter, was eine Honorierung mit öffentlichen Mitteln rechtfertige. Was sich dafür über Jahre aufgebaut habe, laufe nun Gefahr auf lange Sicht zerstört zu werden. „Landwirte, die wir überzeugt haben, verlieren nun das Vertrauen“, sagt er.
NE-Förderung deutlich komplizierter geworden
Auch größere Betriebe spüren die Probleme. Schon seit Jahren beschäftigt sich die Dresdner Vorgebirgs Agrar AG in Bannewitz auch mit Landschaftspflege und Naturschutzmaßnahmen, die von den Mitarbeitern des Feldbaus als Winterarbeit ausgeführt werden. Dabei gehe es in erster Linie um Kopfweidenschnitt, Streuobstgehölz-Sanierung und Hecken-Pflege, erklärt Ivo Eismann, der im Agrarunternehmen für Futterbau, Grünlandbewirtschaftung und Landschaftspflege verantwortlich ist. Einige der Mitarbeiter haben eigens einen Zertifizierungskurs zur Streuobstwiesenpflege besucht. „Anfangs war es einfacher“, sagt Eismann. Als sich vor zwei Jahren die Förderbedingungen änderten, sei alles schwieriger geworden. Zwar hätten sich die Fördersätze deutlich erhöht. Doch die nunmehr digitalisierte Antragsstellung und -bearbeitung habe nicht funktioniert, die Auszahlung der Förderbeträge stocke. Zuletzt habe der Agrarbetrieb lediglich einen Abschlag für ein bereits abgeschlossenes Projekt bekommen. Ein neu gestellter Antrag, bei dem es hauptsächlich um Obstbaum- und Kopfweidenpflege gehe und der in Zusammenarbeit mit dem Landschaftspflegeverband Sächsische Schweiz-Osterzgebirge erstellt wurde, sei noch in Bearbeitung. Er hoffe auf einen positiven Bescheid, so Eismann. Dennoch sei die Situation schwierig. Es gebe kaum Planungssicherheit und keine Kontinuität.
Digitalisierung der Naturschutzförderung führte zu Problemen
Begonnen habe der Ärger bereits unter der alten Staatsregierung, betont Kai Pönitz. Zwar seien unter dem grünen Minister Wolfram Günther die Programme verbessert und die Fördersätze erhöht worden. Doch die Digitalisierung der Antragsverfahren habe zu Problemen geführt und den Abruf der Mittel verhindert. Beim neuen Minister Georg-Ludwig von Breitenbuch (CDU) glaubt Kai Pönitz hingegen wenig Verständnis zu erkennen, wie wichtig das Bereitstellen öffentlicher Güter durch die Landwirtschaft ist.
Antragsflut und Antragsstau bei NE-Förderung
Laut Agrarministerium stehen in dem insbesondere für Landwirte relevanten und aus EU- sowie Landesmitteln finanzierten Teil 1 der Richtlinie für die laufende Förderperiode 47,9 Mio. € zur Verfügung. Das sind auf einzelne Jahresscheiben bezogen etwas mehr Mittel als in der vorigen Periode. Dass das Budget durch bewilligte Vorhaben und die zahlreich vorliegenden Anträge bereits überzeichnet sei, habe verschiedene Ursachen, heißt es aus dem Ministerium. Zum einen hätten „technische und personelle Herausforderungen“ zum Wechsel der Förderperiode dazu geführt, dass Aufrufe nicht wie geplant durchgeführt werden konnten und sich in der Folge geplante Vorhaben angestaut hätten, die dann nach der Umstellung auf laufende Antragsstellung in Masse eingegangen sind. Zum anderen habe es generelle Kostensteigerungen gegeben, die sich auf die beantragten Summen auswirkten. Hinzu käme, dass eine höhere Anzahl von Anträgen mit einem vergleichsweise großen Antragsvolumen zu verzeichnen sei. Dies alles habe zur Auslastung des Budgets geführt. Die Softwareprobleme indes seien inzwischen weitgehend behoben. Die ersten Auszahlungen seien im Juli erfolgt.

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