Aus für „Hanf Farm“ in MV: Nutzhanf bleibt Nische
Die „Hanf Farm“ in Mecklenburg-Vorpommern war einst Pionier des industriellen Hanfanbaus und erlebte eine beeindruckende Expansion. Warum sie trotzdem geschlossen werden musste:
Die Wiederentdeckung der Nutzpflanze Hanf – so heißt der Bestseller von Jack Herer, auf den Rafael Dulon, Gründer und Geschäftsführer der „Hanf Farm“ in Melz (Landkreis Mecklenburgische Seenplatte) vor gut 30 Jahren stieß und der seinen beruflichen Werdegang in der Landwirtschaft beeinflusste. Kaum eine andere Kulturpflanze habe ein ökologisch so wertvolles Potenzial und das habe ihn von Anfang an begeistert, erzählt Dulon.
Der 62-Jährige stammt aus Hamburg und verbrachte viele Jahre auf einem Landwirtschaftsbetrieb mit ökologischem Anbau in der Lüneburger Heide. Dort war er für die Vermarktung und den Verkauf der selbstproduzierten Bio-Produkte zuständig.

„Hanf Farm“: Bio-Hanfprodukte eroberten den Markt
Nachdem 1996 Nutzhanf unter strengen Auflagen und nur dann, wenn der THC-Gehalt unter 0,3 % liegt, wieder angebaut werden durfte, habe er sich auf den industriellen Hanfanbau, die Weiterverarbeitung sowie auf die Vermarktung biozertifizierter Hanf-Produkte spezialisiert.
Gemeinsam mit Daniel Kruse, einem anerkannten Hanfexperten und weiteren Geschäftsführer der „Hanf Farm“, entwickelte Dulon ein Produktsortiment aus Hanfölen, Hanfsamen, Hanftees und Hanf Proteinpulver, das in Drogerien und Onlineshops unter der Lebensmittel-Eigenmarke „Hanf Farm“ verkauft wurde.
Der Absatzmarkt war zu diesem Zeitpunkt sehr aufgeschlossen. Es gab wenig Konkurrenz und die hochwertigen und gleichfalls hochpreisigen Bio-Hanfprodukte waren bei den Konsumenten gefragt, erzählt Dulon.
Regionale Hanfproduktion als nachhaltige Strategie
Schwerpunkt ihres Hanfanbaus und der Weiterverarbeitung waren Sachsen-Anhalt und Brandenburg. Auch aus dem Ausland bezog das junge Unternehmen seine Rohstoffe. „Das ganze Procedere erwies sich auf Dauer nicht unbedingt als nachhaltig. Die dezentrale Abwicklung der Geschäfte war sehr kosten- und zeitintensiv. Daher wurde im Jahr 2015 ein Standort für die Hanfproduktion aus regionalem Anbau aufgebaut“, berichtet Dulon. Zur Nutzung heimischer Ressourcen, zur Stärkung der lokalen Wirtschaft und zur Förderung kurzer Transportwege. Und damit ein weiteres überzeugendes Verkaufsargument für die Hanfprodukte.

Millionen-Investitionen und innovative Technik
So entstand in dem riesigen Hallenkomplex eines ehemaligen Sägewerkes in Melz die „Hanf Farm“. Spezialanlagen für die Trocknung, Reinigung, Sortierung und Pelletierung und eine hochmoderne Ölpresse wurden für über eine Million Euro eingebaut.
Sogar eine spezielle Erntemaschine, mit der die Hanfpflanzen auf verschiedenen Höhen und dadurch mehrfach im Jahr abgeerntet werden können, wurde von Experten entwickelt. Mehr als 25 Mitarbeiter aus den umliegenden Ortschaften erhielten Arbeitsplätze und auch die Landwirte profitierten von der „Hanf Farm“.
1.000 ha Anbaufläche
Mit 20 ha Anbaufläche habe man im Jahr 2015 begonnen und sich dann bis auf 1.000 ha im Jahr 2020 schrittweise gesteigert. Die Frühjahrsbestellung und Aussaat übernahmen die Landwirte, die Ernte, Trocknung, Weiterverarbeitung und der Verkauf wurden über die „Hanf Farm“ abgewickelt.
Allerdings sei die Motivation, Nutzhanf anzubauen, bei zahlreichen Landwirten verhalten gewesen. „Nur 10 bis 15 Landwirte haben ihre Flächen regelmäßig zur Verfügung gestellt. Die restlichen Landwirte haben versuchsweise mitgemacht und ein bis zwei Hektar eingesät“, so Dulon. „Der Aufwand war für uns viel zu hoch –und einige Landwirte haben sich von dem Hanfanbau höhere Einnahmen versprochen.“
„Hanf Farm“ soll verkauft werden
Seit Ende des Jahres 2024 sei nun leider Schluss, erzählt Dulon. Aus wirtschaftlichen Gründen habe man den Produktionsstandort in Melz schließen müssen. Nur drei Mitarbeiter seien zurzeit noch beschäftigt. Sie seien dabei, die eingelagerten Hanfprodukte, wie beispielsweise tonnenweise Hanfblätter für die Teeproduktion, vor dem Verderben zu schützen und die Spezialmaschinen instand zu halten. Denn die „Hanf Farm“ inklusive der gesamten Ausstattung soll verkauft werden.

Vision von Hanf als etablierte Kulturpflanze
Mit dem Ziel, Hanf als Kulturpflanze in Deutschland und Europa zu etablieren, sei er bei der Firmengründung in Melz angetreten. Dabei habe er immer großen Wert darauf gelegt, Produkte herzustellen, die ökologische und ökonomische Aspekte gleichberechtigt berücksichtigen, sagt Dulon. Auch wenn der Hanfanbau seit seiner „Wiedergeburt“ kontinuierlich zugenommen habe, bleibe Nutzhanf eine Nischenkultur in Deutschland.
Weiter gehe es in der Unternehmenszentrale Hemp Consult in Düsseldorf, zu der die „Hanf Farm“ gehört. Das Unternehmen bleibe weiterhin Produzent und Großhändler von Hanfrohstoffen und Hanfprodukten im Bereich der Nahrungs- und Futtermittel, versichert Dulon. Außerdem werden in der Zentrale Kunden in allen Bereichen des internationalen Hanfmarktes sowie zu allen Produkten mit und aus Hanf beraten.

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