Insolvenz

Herzgut muss aufgeben

Verluste schrieb Herzgut schon viele Jahre. Der Weg in die Insolvenz verlief schleichend, nicht zuletzt durch Managementfehler. Trotz toller und innovativer Produkte konnte die Molkerei im Preiskampf des LEH, an den sie den größten Teil ihrer Veredlung lieferte, nie wirklich mithalten. Dafür war die Produktion zu teuer und die Molkerei zu klein. (c) Sabine Rübensaat
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Die traditionsreiche Herzgut Landmolkerei in Rudolstadt ist insolvent. Ihre Milchlieferanten kommen hoffentlich mit einem blauen Auge davon.

Von Frank Hartmann

Bis zum 31. Dezember lieferten noch die vertraglich gebundenen und die Treue haltenden Landwirtschaftsbetriebe Rohmilch an die Herzgut Landmolkerei eG in Rudolstadt. Am Neujahrstag war mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Milchanlieferung Geschichte. Die 70 Mitarbeiter in der Produktion erhielten ihre Kündigung. Zuvor hatte die Arbeitsagentur über das Insolvenzgeld die Löhne gezahlt.

insolvenz: Alle Versuche von herzgut scheiterten

Seit Anfang November versuchte man, die Insolvenz bei Herzgut über ein eigenverantwortetes Verfahren abzuwenden. Allerdings scheiterten alle Versuche, einen Investor für die finanziell schwer angeschlagene Molkerei zu finden. Da half auch nicht mehr das vor Weihnachten abgegebene Bekenntnis der Landesregierung, im Falle eines schlüssigen Konzeptes finanzielle Hilfe zu gewähren.

Den verbliebenen und zuvor schon gegangenen Milchviehbetrieben lässt sich zweifelsohne kein Vorwurf machen. Mitunter konnte in der Berichterstattung über die Insolvenz ein solcher herausgehört werden. Fakt ist: Die Milchlieferanten von Herzgut akzeptierten in den vergangenen Jahren ein bis vier Cent niedrigere Auszahlungspreise im Vergleich zu ihren Thüringer Kollegen. Diesen enormen Beitrag wollten und konnten etliche Milcherzeuger nicht länger leisten. 2015 waren noch 69 Mio. kg Rohmilch vertraglich gesichert. Bis Ende 2020 schrumpfte diese sichere Bank auf 34,5 Mio. kg. Die übrige Milch musste Herzgut auf dem Spotmarkt zukaufen.


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Milcheinkauf am Spotmarkt brach Herzgut das Genick

In der zweiten Hälfte des vorigen Jahres gingen aber die Preise für freie Milch durch die Decke und lagen Ende 2021 deutlich über 50 ct/kg. In dieser Situation kündigte ein konventioneller Milcherzeuger, der nicht in Thüringen wirtschaftet, seine Lieferungen auf. Zwei Drittel der Rohmilch musste Herzgut nunmehr am überhitzten Spotmarkt einkaufen, was der über 100 Jahre alten Molkerei das finanzielle Genick brach.

Hinzu kamen Preissteigerungen für Energie und Verpackung. Parallel halbierte der größte Biomilchlieferant von Herzgut, der 2018 den Anstoß für den Einstieg ins Ökogeschäft gab, seine Anlieferungen auf täglich noch 12.500 kg. Denn das zum dennree-Konzern gehörende Hofgut Eichigt in Sachsen, das gerade auf Demeter-Kriterien umstellt, füllt seit Ende letzten Jahres selbst Frischmilch ab.

Hochpreisphase ist ein Glück für die Herzgut-Lieferanten

Ein Jahr zuvor war noch ein gewährtes Darlehen von über einer Million Euro in eine stille Beteiligung umgewandelt worden, was der seit jeher problematisch geringen Eigenkapitalquote der Molkerei zu einem Schub verhelfen sollte. Viel dürfte davon nicht mehr übrig sein. Die Milcherzeuger haben allesamt neue Molkereien für ihre Rohmilch gefunden. Dass dies in einer Hochphase der Nachfrage und des Milchpreises passiert, darf als glücklicher Umstand angesehen werden.

Für die Molkereilandschaft in Thüringen ist die Herzgut-Pleite bitter. Zuvor schon wurde nur knapp die Hälfte der erzeugten 850.000 t Rohmilch auch im Freistaat verarbeitet. Neben drei Dutzend Hofmolkereien bzw. -käsereien veredeln jetzt nur noch Verarbeiter in Erfurt, Zeulenroda und Lumpzig nennenswerte Mengen.

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