Naturschutz und Landwirtschaft geht zusammen. Wie der Dialog besser gelingt, wertet die Uni Hohenheim aus. ©Sabine Rübensaat

Insektenschutz nicht bei Landwirten abladen

Mit dem Bundesnaturschutzgesetz war ein Teil des Insektenschutzpaketes Thema im Bundesrat. In ihren Empfehlungen mahnten die Fachausschüsse einen finanziellen Ausgleich für die Landwirte an. Während dies keine Mehrheit fand, fanden einige Verschärfungen Eingang in den Beschluss.  

Von Frank Hartmann

Im Bundesrat sind die Länder deutlich hinter den Empfehlungen des Agrar- und des Umweltausschusses in Sachen Insektenschutz zurückgeblieben. Über den eingebrachten Entwurf des Bundes zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes urteilten beide Fachausschüsse, dass dieser grundsätzlich weit hinter dem im Aktionsprogramm Insektenschutz identifizierten Handlungsbedarf zurückbliebe.

Auch waren sich die Fachbeamten einig darüber, dass Restriktionen in Schutzgebieten ein „wirksames Förderprogramm zur Umsetzung freiwilliger, kooperativer Biodiversitätsmaßnahmen insbesondere in FFH-Gebieten und für europäisch geschützte Arten an die Seite gestellt“ werden sollte. Agrar- und Umweltausschuss schlugen dafür ein „FFH-Milliardenprogramm“, verteilt auf vier Jahre vor. Eingestellt in einen Sonderrahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK), sollte es Ziel von Bund und Ländern sein, für Landwirte eine „auskömmliche und gerechte Bezahlung ihrer Naturschutzarbeit“ zu erreichen. Diesen Empfehlungen folgten die Länder in ihrem Beschluss aber nicht.

Insektenschutz ist gesamtgesellschaftliche Aufgabe  

Einig zeigten sich die Länder aber darin, dass nicht allein bei der Landwirtschaft die Ursachen des Insektenrückgangs zu finden sind: „Alle Teile der Gesellschaft müssen sich dieses Problems bewusst werden und ihren Teil zur Lösung beitragen.“ Eine Mehrheit der Länder stellte zudem fest, dass der Erhalt der Biodiversität nur möglich wird, wenn die Rahmenbedingungen für die Landwirtschaft darauf abgestimmt sind. Außerdem verlangt der Bundesrat, dass bestehende Dialog-Lösungen auf Landesebene, wo Landnutzer- und Naturschutzverbände zum Teil schon sehr ambitionierte Maßnahmen vereinbarten, nicht durch Bundesrecht infrage gestellt werden.

Restriktionen auch in Biosphärenreservaten

Die landwirtschaftsrelevanten Änderungen im Bundesnaturschutzgesetz betreffen vor allem Areale, die im Sinne des Insektenschutzes besondere Beachtung finden. Neben Naturschutzgebieten, Nationalparken, Nationalen Naturmonumenten, Naturdenkmälern sind dies gesetzlich geschützte Biotope. Zu Letzteren zählen künftig auch artenreiches Grünland, Streuobstwiesen, Steinriegel und Trockenmauern. Das Bundesnaturschutzgesetz will in den genannten Schutzgebieten die Anwendung von Bioziden (Anhang V der EU-Biozid-Verordnung; Produktart 18: Insektizide, Akarizide und Produkte gegen andere Arthropoden) verbieten.

Die Betroffenheit der Landwirtschaft ist überschaubar, weil Biozide im Ackerbau so gut wie keine Rolle spielen. Eine Ländermehrheit sprach sich allerdings dafür aus, das Anwendungsverbot von Bioziden zusätzlich auf die Kern- und Pflegezonen von Biosphärenreservaten auszuweiten. Die Länderkammer will außerdem Gesetzesverstöße mit deutlich höheren Bußgeldern belegen und schlägt eine Verzehnfachung vor. Bei Unternehmen sollten die Strafen im Einzelfall bis zu zwei Prozent des Jahresumsatzes betragen können. Daneben gab es etliche weitere Änderungsvorschläge, etwa zur Regionalplanung.

Pflanzenschutz-Verordnung ist relevant

Details für Restriktionen und Verbote beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln regelt der Entwurf der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung. Dieser Teil des Insektenschutzpaketes stützt sich bei der Definition von schutzwürdigen Gebieten auf das Bundesnaturschutzgesetz. Erwartet wird, dass sich der Bundesrat Ende Mai mit der Verordnung auseinandersetzen wird.

Niedersachsen ohne Mehrheit

Keine Mehrheit fand ein Antrag Niedersachsens, der auf einen rechtlich gesicherten Ausgleich für die Landwirte abzielte. Danach sollten die Länder Bewirtschaftern und Eigentümern einen finanziellen Ausgleich gewähren können. Und zwar auf jenen Flächen, auf denen das Pflanzenschutzrecht besondere Anforderungen oder den Verzicht von Pflanzenschutzmitteln vorschreibt.

Naturschutzgesetz noch Mal im Bundesrat

Laut der Bundesratsverwaltung wird die Bundesregierung nun eine Gegenäußerung zum Beschluss erstellen. Beide Dokumente legt sie dann zusammen mit dem Gesetzentwurf dem Bundestag zur Entscheidung vor. Nach der Verabschiedung durch den Bundestag befasst sich der Bundesrat dann noch einmal abschließend mit dem Bundesnaturschutzgesetz.

Bauernverband: Bundestag muss jetzt korrigieren

Kritik übte der Deutsche Bauernverband (DBV) am Beschluss der Ländervertreter. Und dies vor dem Hintergrund, dass sich beide Fachausschüsse für eine grundlegende Änderung des Insektenschutzpakets ausgesprochen, den Mangel an kooperativen Lösungsansätzen kritisiert und ein umfangreiches Förderprogramm gefordert hatten. Umso mehr sei jetzt der Bundestag gefordert, „im weiteren Verfahren die Webfehler des Insektenschutzpakets auszuräumen und die Kooperation zwischen Landwirtschaft und Naturschutz eindeutig vor die rückwärtsgewandte Strategie von Verboten und Schutzgebietsausweisungen zu stellen“.


(Hinweis: Wir haben den Beitrag nach Vorliegen der endgültigen Bundesratsdrucksachen am 29. März, 11.30 Uhr, aktualisiert.)

ASP: Schwarzwild auf null reduzieren
 
In den weißen Zonen von ASP-Gebieten kann die Wildschweinpopulation von nun an dauerhaft auf null reduziert werden können. Eine entsprechende Verordnung passierte heute den Bundesrat. Bislang hatte das Bundesagrarministerium (BMEL) dieses Vorgehen über eine  Dringlichkeitsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates erlassen. Diese war allerdings zeitlich befristet. Mit der Entfristung können nun die zuständigen regionalen Behörden mit den Maßnahmen zur Bestandsreduzierung der Wildschweinepopulation in der „weißen Zone“ fortfahren. Die „weiße Zone“ fungiert als Schutzkorridor. Ziel eines solchen wildschweinfreien Gebiets ist die Minimierung des Risikos einer möglichen Weiterverbreitung der Tierseuche in bisher ASP-freie Gebiete. red