Grundsteuer in Thüringen: Wohnen auf dem Land wird teurer
Die Grundsteuerreform führt in Thüringen dazu, dass Wohnen zum Teil deutlich teurer geworden ist. Ländlich geprägt, trifft das vor allem die Menschen in den Dörfern. Die Brombeer-Koalition will mit einem Landesgesetz ab 2027 die entstandenen Verwerfungen korrigieren.
Thüringen will bei der Grundsteuer B mit einem Landesgesetz nachjustieren. Der Landtag überwies am 20. Juni zwei Regelungsentwürfe zur Beratung in den Haushalts- und Finanzausschuss. Bereits in ihrem Regierungsvertrag hatten die Brombeer-Koalitionäre Änderungen angekündigt. Anders als andere Bundesländer hatte die rot-rot-grüne Vorgängerregierung das Bundesmodell zur Ermittlung der (neuen) Grundsteuer übernommen.
Im Ergebnis stieg in Thüringen die Steuer für bewohnte Grundstücke erheblich, während sie für „unbebaute oder nicht überwiegend wohnlich genutzte Grundstücke“ (Gewerbe) geringer ausfiel. Finanzministerin Katja Wolf (BSW) sagte kürzlich der Thüringer Allgemeinen, dass Wohnen bei der vorherigen Grundsteuerberechnung einen Anteil am Gesamtaufkommen im Freistaat von 54 % hatte, jetzt seien es 70 %. Entsprechend sank der Anteil für das Gewerbe.
Grundsteuer B: Gewerbe profitierte, Wohnen auf dem Land wurde teurer
Ziel der Grundsteuernovelle des Bundes, der ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2018 vorausging, sei die Aufkommensneutralität gewesen – dass sich Wohnen zugunsten des Gewerbes in Thüringen derart verteuert hat, will man nun ändern. Nach Angaben der Landesstatistiker nahmen die Thüringer Kommunen 2023 rund 242 Mio. € mit der Grundsteuer B ein. Sie zählt damit zur drittwichtigsten Einnahmequelle, die den Gemeinden konjunkturunabhängig und stabil zur Verfügung steht.
Grundsteuer in Thüringen: Menschen im ländlichen Raum besonders betroffen
Dass die Verteuerung des Wohnens gerade die Menschen im überwiegend ländlich geprägten Thüringen trifft, zeigen jüngste Daten aus der Wohnungsstatistik des Landes. Ende 2024 waren von den 553.753 Wohngebäuden im Freistaat 72,3 % Einfamilienhäuser. Von diesen knapp 400.000 Einfamilienhäusern finden sich 350.000 außerhalb der großen, kreisfreien Städte.
Anpassung der Grundsteuer: Neue Messzahlen und zwei Hebesätze
Der von den Regierungsfraktionen eingebrachte Entwurf des „Thüringer Gesetzes zur Anpassung der Grundsteuerreform“, der als Formulierungshilfe aus dem Finanzministerium stammt, sieht ein Kombimodell vor. Während die bereits ermittelten Grundsteuerwerte (die laut Bundesgesetz nach sieben Jahren erst 2029 wieder überprüft werden) unangetastet bleiben, wird die Steuermesszahl aus dem Bundesmodell angepasst: Für Wohnen soll sie von 0,31 Promille auf 0,23 Promille abgesenkt, für Gewerbe von 0,34 auf 0,59 Promille angehoben werden.
Zusätzlich sollen die Gemeinden per Gesetz die optionale Möglichkeit erhalten, jeweils Hebesätze für Wohnen und für Gewerbe bestimmen zu können, statt wie bisher einen einheitlichen festzulegen. Damit soll auf lokale Besonderheiten reagiert werden können.
Grundsteuer in Thüringen: Neuberechnung nicht vor 2027
Finanzministerin Wolf widersprach in der Landtagsdebatte Befürchtungen, dass das Gewerbe, dass sich jetzt noch über ein Absenken der Grundsteuer freuen konnte, zu stark belastet bzw. sich dagegen auflehnen würde. Als langjährige Kämmerin bzw. Kommunalpolitikerin wisse sie, dass die Grundsteuer für Unternehmen ein überschaubarer Posten sei.
Wolf verteidigte zudem das geplante Inkraftsetzen des Gesetzes erst ab 2027 damit, dass nach dem parlamentarischen Verfahren die technische Umsetzung Zeit in Anspruch nehmen würde. Zeit bräuchten auch die Finanzverwaltung, Kommunen und Rechtsaufsicht. Geschätzt wird, dass sich aus den Änderungen 640.000 neue Grundsteuermessbescheide und 850.000 geänderte Steuerbescheide ergeben würden.
Zwei Gesetz-Entwürfe zur Grundsteuer im Ausschuss
Die Links-Fraktion hatte einen eigenen Entwurf eingebracht, der ebenso die Unwuchten mit einem Kombimodell beseitigen will. Die Änderungen sollten danach bereits 2026 greifen, was neben Wolf auch Abgeordnete der Regierungsfraktionen als unrealistisch zurückwiesen. Zudem fehlten landesrechtliche Normen. Ungeachtet dessen votierten die Abgeordneten aller Fraktionen dafür, sowohl den Entwurf der Brombeer- als auch den der Linken-Fraktion im Ausschuss zu beraten. Für eine Mehrheit ist das Bündnis aus CDU, BSW und SPD auf Stimmen der Opposition angewiesen.
Forderung nach Abschaffung der Grundsteuer
Abgelehnt wurde hingegen einen Antrag der AfD-Fraktion, der die Landesregierung auffordern wollte, sich im Bundesrat für die gänzliche Abschaffung der Grundsteuer einzusetzen. Denn die Grundsteuererhebung sei „völlig aus dem Ruder gelaufen“. Das dadurch entstehende Finanzloch der Kommunen – bundesweit rund 16 Mrd. € im Jahr – soll nach Vorstellung der AfD der Bund kompensieren, etwa mit Mitteln aus der Einkommenssteuer.
Mit dem Hinweis, dass die Kommunen ein im Grundgesetz verankertes Recht auf das Erheben der Grundsteuer vor dem Hintergrund ihres Selbstverwaltungsrechts hätten, für die Finanzierung der Kommunen die Länder zuständig seien, die angesichts klammer Kassen keine Spielräume besäßen, und mit einem Abschaffen soziale Ungerechtigkeit forciert würde, weil hohe Einkommen stärker davon profitierten, wurde das Ansinnen von den anderen Fraktionen zurückgewiesen.
Nicht zuletzt sei das Erheben der Grundsteuer nach einer Neuberechnung/Umstellung wie der gerade erfolgten mit überschaubarem Aufwand zu leisten, hieß es. Der Warnung der AfD, dass die geplanten Änderungen vor dem Jahr 2029 rechtlich nicht zulässig seien, schenkten die anderen Fraktionen keine Aufmerksamkeit. Ministerin Wolf erklärte lediglich, dass die Regierungskoalition ihren Gesetzentwurf für „juristisch völlig sauber“ halte.
Grundsteuer A: Erfurt erhöht Hebesatz exorbitant
Unberührt von den landesrechtlichen Plänen bleibt die Grundsteuer A, was Landwirten und Flächeneigentümern in den vergangenen zwei Jahren viel abverlangt hat. Rund 11,8 Mio. € zogen die Thüringer Städte und Gemeinden im Jahr 2023 ein. Fast 300.000 Bescheide wurde im Zuge der Grundsteuerreform in Thüringen bearbeitet.
Ob sich das Aufkommen aus der Grundsteuer A aufgrund der Wertermittlung vergrößern wird, bleibt offen. Bei den Hebesätzen gab es die eine oder andere Überraschung: Die Landeshauptstadt Erfurt, die mit 350 % schon lange Zeit Spitzenreiter beim landwirtschaftlichen Hebesatz im Freistaat war, erhöhte ihn zum 1. Januar 2025 auf 540 %. Der Durchschnitt lag in Thüringen 2024 bei 304 % (2014: 288 %).

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