Thüringen und Sachsen-Anhalt

Ferkel getötet: Strafanzeige gegen Schweinezüchter

Gerade große Tierhaltungen geraten regelmäßig nach öffentlichen gewordenen Verstößen pauschal ins Visier öffentlicher Kritik (Symbolbild). (c) Sabine Rübensaat
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Zwei große Sauenzuchtbetriebe in Sachsen-Anhalt und Thüringen sehen sich mit dem öffentlichen Vorwurf konfrontiert, dass Mitarbeiter gegen das sachgerechte Nottöten von Ferkeln verstoßen haben. In einem Fall ist bereits Strafanzeige erstattet worden. Daraus pauschale Urteile über die Branche abzuleiten, erfährt Widerspruch.

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Zwei große Sauenzuchtbetriebe in Sachsen-Anhalt und Thüringen sehen sich mit dem öffentlichen Vorwurf konfrontiert, dass Mitarbeiter gegen das sachgerechte Nottöten von Ferkeln verstoßen haben. Videoaufnahmen eines Berliner Tierrechtsvereins, die nach seinen Angaben im Oktober 2024 entstanden, sendete am 21. Mai das MDR-Magazin exakt. Die Tierrechtsaktivisten hatten sich illegal Zugang zu Ställen verschafft und Kameras installiert. Diese zeigen verstörende Aufnahmen.             

Praxis der Ferkel-Tötung: Strafanzeige gestellt

Das Filmmaterial wurde an Behörden übergeben. Der für den Ostthüringer Betrieb, die Brasus Holding GmbH in Thiemendorf im Saale-Holzland-Kreis, zuständige „Zweckverband Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt Jena-Saale-Holzland“ bestätigte auf Anfrage dieser Zeitung, bei der Polizei Strafanzeige wegen des Verdachts auf Verstöße gegen das Tierschutzgesetz gestellt zu haben. Mit Verweis auf das laufende Verfahren könnten derzeit keine weiteren Auskünfte erteilt werden.

Ferkelerzeuger mit 8.000 bzw. 3.000 Sauen

Die Brasus Holding, die auch Schweinehaltung in Sachsen-Anhalt betreibt, hatte die Schweinezuchtanlage in Thiemendorf Mitte 2021 übernommen und baute den Bestand wieder auf 8.000 produktive Sauen auf. Der vorherige Betreiber war in die Insolvenz gegangen und fuhr diese und weitere Anlagen in der Region Anfang 2021 leer. Über mehrere Jahre erstreckten sich bereits gegen die vormaligen Betreiber Ermittlungen wegen Verstößen gegen das Tierschutzgesetz, die 2019 eingestellt worden waren.

Bei dem im TV-Beitrag mit Tierschutzverstößen durch Mitarbeitende in Verbindung gebrachten Sachsen-Anhalter Betrieb handelt es sich um die Landwirtschaft Wallhausen GmbH &. Co. KG in Wallhausen bei Sangerhausen im Landkreis Mansfeld-Südharz. Gefilmt wurde von den Tierrechtsaktivisten in der Wallhäuser Schweinezucht mit ihren rund 3.100 Sauen.

Mitarbeiter geschult – Fehlverhalten Einzelner

Betriebsleiter Wilbert Enzerink sagte der Bauernzeitung, das Unternehmen sei im Mai erstmals in der Sache kontaktiert worden und habe sofort reagiert. Man habe mit den identifizierten Mitarbeitern gesprochen. Diese hätten ihr Handeln bereut und zugleich versprochen, dass solches Fehlverhalten nicht wieder vorkommen werde. Das Unternehmen sei disziplinarisch tätig geworden und habe Abmahnungen ausgesprochen. Auf eine fristlose Entlassung habe man aber verzichtet. Dem Betrieb lägen seine Tiere und der Tierschutz sehr am Herzen, alle Mitarbeiter seien auch entsprechend geschult, betonte Enzerink. Er bedauerte daher das Fehlverhalten Einzelner. Befremdet zeigte er sich indes darüber, dass die Tierrechtler zeitlich nicht unmittelbar gegen die gefilmten Tierschutzverstöße vorgegangen seien.

Kritik an pauschaler Verurteilung aller Ferkelerzeuger

Hans-Georg Meyer, Vorsitzender des Schweinewirtschaftsverbandes Sachsen-Anhalt, sprach gegenüber der Bauernzeitung ebenfalls von menschlichem Versagen im Einzelfall: „Das darf nicht passieren und es ist sehr bedauerlich.“ Die Anlagenbetreiber seien gefordert, auf den Tierschutz zu achten und diesen durchzusetzen. Grundsätzlich sei dieser auch und insbesondere in Großanlagen gewährleistet, weil dort Profis tätig seien. Er wisse, dass der Tierschutz die „Achillesferse“ der Branche sei, gerade auch in der Öffentlichkeit. Meyer geht davon aus, dass derlei Verstöße Ausnahmen sind. Der Verbandsvorsitzende verwahrte sich daher „im Namen der Nutztierhalter mit aller Deutlichkeit gegen Verallgemeinerungen und Vorverurteilungen“.

Ferkel nicht korrekt betäubt

Das zuständige Amt für Veterinärangelegenheiten und Lebensmittelüberwachung des Landkreises Mansfeld-Südharz bestätigte der Bauernzeitung die gegenüber dem MDR getroffene Einschätzung. Die im Video zu sehenden Praktiken bei der Tötung von Ferkeln stellen danach „ein eindeutiges Fehlverhalten des Mitarbeiters dar“, sie „entsprechen nicht den betrieblichen Vorgaben und verstoßen gegen das Tierschutzgesetz“. Im Detail gehe es um nicht korrekt ausgeführte Betäubungsschläge, eine nicht sichtbare Kontrolle des Betäubungserfolgs, eine unzureichende Dimension des erfolgten Kehlschnitts sowie das zeitlich nicht im Zusammenhangstehen von Betäubung und Kehlschnitt.

Letzte Kontrollen ohne Verstöße

Nach Angaben der Landkreisverwaltung wird die Anlage jährlich im Rahmen risikobasierter Kontrollen in Augenschein genommen, einschließlich der Prüfung des Kadaverhauses sowie zugehöriger Belege des Tierkörperentsorgungsunternehmens. Zuletzt sei dies im Dezember 2024 und im April 2025 erfolgt. Dabei seien keine Verstöße festgestellt worden. Zum jetzigen Fall hieß es vom Kreis, es erfolge eine gründliche Auswertung der festgestellten Verstöße mit dem Betrieb und eine Abnahme des Tötungsvorgangs vor Ort. Gegenüber dem MDR hatte es zudem geheißen, eine Strafanzeige werde geprüft.

Nicht genug Zitzen für alle Ferkel?

Der Tierrechtsverein gibt als seine Ziele u. a. an, „die Gesellschaft über die Brutalität der Tierindustrie aufzuklären“, damit die Landwirtschaft „letztendlich ohne sogenannte Nutztiere auskommt“. Gegenüber dem MDR äußerte ein Vertreter die pauschale „Vermutung“, dass in großen Schweinezuchtanlagen (gesetzeswidrig) immer auch gesunde Ferkel getötet würden, weil die Zitzen der Sauen für die vielen Ferkel nicht reichten. –  Sauen mit 16 Zitzen sind heute eher die Regel als die Ausnahme. Die Wurfgrößen variieren, und liegen, etwa einer aktuellen Auswertung von 19 Zuchtbetrieben in Thüringen zufolge zwischen 13 und 15 lebend geborenen Ferkeln. Sollte in der alltäglichen Praxis die Zahl der Ferkel höher sein, erfolgt in der Sauengruppe ein Wurfausgleich durch Sauen mit weniger Ferkeln. Nicht zuletzt werden nach vorherigen Würfen auch Ammensauen vorgehalten.            

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