Wassermangel in Brandenburg: Wie ein Landkreis die Dürre besiegen will
Um Trockenheit und Starkregen wieder zu managen, werden in Potsdam-Mittelmark (Brandenburg) alte Stauanlagen saniert. Das könnte schneller gehen, wenn das bürokratiearme Vorgehen landesweit aufgegriffen und gefördert würde.
Mit seinem Selbstverständnis als Geschäftsführer des Wasser- und Bodenverbandes (WBV) Nuthe-Nieplitz hält Dr. Lars Kühne nicht hinterm Berg: „Verantwortung ergibt sich aus Zuständigkeiten, die Zuständigkeit bestimmt die Verantwortung“, steht als Sinnspruch unter seinen Mails. Unter seine Zuständigkeit fallen sowohl Rückhalt als auch der geordnete Abfluss der Niederschläge im Verbandsgebiet. „Es ist unsere gesetzliche Aufgabe, das zu organisieren“, macht er am 16. Juli den versammelten Pressevertretern deutlich, die auf Einladung des Landesbauernverbandes (LBV) neben dem sanierten Wehr in Alt Bork im Landkreis Potsdam-Mittelmark stehen. Hier hat man die Ampel für die Sanierung von Stauanlagen von Rot – „Unzuständigkeit“ – auf Grün geschaltet und damit einen Weg eingeschlagen, der beispielgebend für ganz Brandenburg sein könnte.

Stau-Anlagen in Brandenburg: Auf Sanierung gesetzt
Der Ansatz ist einfach: Peu à peu sollen die alten Stauanlagen, die wegen der „Unzuständigkeit“ in den vergangenen 30 Jahren in Brandenburg häufig sich selbst überlassen worden waren, wieder ertüchtigt werden. „Das System hat einmal funktioniert. Aber es ist wie beim Auto: Wenn man keinen Ölwechsel macht, funktioniert es irgendwann nicht mehr. Dann kann man sich überlegen, ob man sich ein neues holt oder das alte grundhaft instand setzt“, verdeutlicht Kühne.
Wer auf das „neue Auto“ setzt, hat zunächst erhebliche Planungskosten, und die fallen leider auch an, wenn man über die aktuelle Richtlinie Geld von Land und EU haben will. Damit hatte man es auch in Potsdam-Mittelmark versucht, berichtet der Vorsitzende des Kreisbauernverbandes (KBV) Jens Schreinicke. „120.000 Euro waren weg und noch kein einziger Spatenstich gemacht.“
Da das Problem drängte – Stichwort „fallende Grundwasserspiegel“ –, wurde im Kreistag diskutiert. Wider bundesdeutsche Gepflogenheiten brachte ein gemeinsamer Antrag von CDU und Linken den Stein ins Rollen. 2022 wurde eine Arbeitsgruppe gebildet, in der man sich auf das Sanierungskonzept einigte. 2023 entwarf die Verwaltung eine Richtlinie. Die sollte möglichst unbürokratisch werden, erzählt Schreinicke, und das hat offenbar geklappt.
Einfache Förderung für Wasser-Infrastruktur in Brandenburg
Der Fördermittelantrag kommt mit drei Seiten aus. Hinzu kommt eine Karte mit den zu sanierenden Objekten und den geschätzten Kosten je Anlage, erläutert Kühne. Im vergangenen Jahr hat der Landkreis Potsdam-Mittelmark in Brandenburg die Sanierungsmaßnahmen an 13 Wasserbauanlagen mit 57.000 Euro gefördert.
Insgesamt hat der WBV Nuthe-Nieplitz 2024 mehr als 60 Stauanlagen in seinem Verbandsgebiet saniert. Die meisten davon sind kleine Staue, die oft für weniger als 10.000 Euro innerhalb einer Woche wiederhergestellt werden können und dann 30 Jahre halten, wie Kühne später an einem Beispiel erläutert. Etwa 1.000 solche Wasserbauanlagen gibt es in dem rund 1.600 km² großen Gebiet in Brandenburg rund um Luckenwalde, Michendorf, Jüterbog, Brück, Potsdam, Trebbin, Treuenbrietzen, Teltow, Beelitz und Ludwigsfelde, knapp 200 davon konnten in den vergangenen sechs Jahren instand gesetzt werden, resümiert Kühne.
Bildergalerie: Sanierungsbeispiel einer mittelgroßen Anlage
Angesichts des Umstandes, dass Wasser kostbar ist und Flüsse, Bäche, Gräben und auch die Grundwasserleiter an Kreis- und Verbandsgrenzen keinen Halt machen, würde er die Schlagkraft seines Verbandes gern erhöhen. Das geht nur mit zusätzlichem Geld und ist relativ leicht skalierbar. Derzeit schaffen sechs Mitarbeiter rund 60 Anlagen im Jahr, acht würden 80 schaffen usw. Gerade sucht Kühne einen neuen Bauleiter und einen Bauhofmitarbeiter zur Verstärkung des Teams.
Ein Jahr Vorlauf reicht dem Verband, wenn es so läuft wie jetzt in Potsdam-Mittelmark. Zunächst wird ein Gebiet festgelegt, in dem die Anlagen saniert werden sollen. Der Kostenplan dafür geht in den Wirtschaftsplan des Landkreises ein. Saniert wird in der Vegetationsphase des Folgejahres, und bei der Gewässerschau im Herbst zeigt der WBV, wie das Geld verbaut wurde, ergänzt um die Kostenabrechnung. Das alles geschehe in enger Zusammenarbeit mit der Unteren Wasserbehörde, erläutert Kühne.
Grundwasser und Starkregen: Warum intakte Stauanlagen lebenswichtig sind
In ganz Brandenburg warten dem LBV zufolge rund 10.000 Stauanlagen auf ihre Sanierung. Wieder instand gesetzt, könnten sie den Wasserrückhalt in Phasen der Trockenheit gewährleisten sowie den Wasserabfluss nach Starkregen wie den zu Wochenbeginn regulieren. Funktionsfähige, regulierbare Stauanlagen sorgen zudem für:
- eine längere Verweildauer des Niederschlags im Gebiet und damit für erhöhte Grundwasserneubildung,
- die Anhebung der Bodenwasserstände und damit für die Erhöhung des im sandigen Boden gespeicherten Wasservolumens (2.000 m³/ha bei 20 cm höherem Bodenwasserstand);
- für die Anhebung des ersten Grundwasserleiters.
Für Jens Schreinicke, der auch Verbandsvorsteher im WBV Nuthe-Nieplitz ist, liegen die Vorzüge einer funktionierenden Gewässerinfrastruktur auf der Hand. „Allein hier in Alt Bork konnte der
Grundwasserspiegel durch die langfristige Anstauung wieder angehoben werden. Kräftig und grün sind die benachbarten Feldkulturen. Wir brauchen eine unbürokratische Lösung für die Förderung der Sanierung von Wasserbauwerken im ganzen Land“, so Schreinicke.
„Das Thema Wasser ist für uns alle ein Dauerbrenner und schreit nach Lösungen“, machte LBV-
Vizepräsident Christoph Plass beim Vor-Ort-Termin deutlich. Der Landkreis Potsdam-Mittelmark gehe hier mit gutem Beispiel voran. „Landkreis, Landwirte und Wasser- und Bodenverband ziehen an einem Strang. Die Baumaßnahmen werden ergebnisorientiert geplant und umgesetzt, der Landkreis übernahm Verantwortung und stellte Geld bereit. Diese Vorgehensweise sollten wir auf das ganze Land übertragen. Schlanke Bürokratie und Vertrauen in die Leute vor Ort führen zum Erfolg!“, so Plass.
Wassermangel in Brandenburg: LBV fordert pragmatische Lösungen
Der LBV empfiehlt den Akteuren vor Ort, ihre Zusammenarbeit mit den Wasser- und Bodenverbänden zu intensivieren und ähnlich pragmatische Lösungen für die Instandsetzung der Anlagen zu finden. Er appelliert an die Landesregierung, die bereits bestehende Förderrichtlinie für die Sanierung wasserbaulicher Anlagen zu entbürokratisieren, darin weniger preisintensive Planungs- und Konzeptionsleistungen einzufordern und sie besser zu kommunizieren.

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