Der Vorstand traf sich in der LBV-Geschäftsstelle, um sich mit den Delegierten der Kreisverbände zu vernetzen. Der alte und neue Landesbauernpräsident Henrik Wendorff (r.).

Landesbauerntag 2020: Vernetztes Miteinander

Diesmal digital: Landesbauerntag 2020. Henrik Wendorff führt mit neu gewähltem Vorstand den Landesbauernverband (LBV) auf den „neuen Brandenburger Weg“. Wolfgang Scherfke geht, Denny Tumlirsch kommt.

Von Heike Mildner

Erstmalig in der Verbandsgeschichte hatten die 156 Delegierten des Landesbauernverbandes Brandenburg ihren Vorstand vor der Konferenz per Briefwahl gewählt. An der Spitze des Verbandes steht für weitere vier Jahre der 55-jährige Biolandwirt Henrik Wendorff aus dem Landkreis Märkisch-Oderland. 99,2 % der stimmberechtigten Mitglieder gaben ihm das Votum für eine zweite Amtszeit. Ebenfalls mit großer Mehrheit bestätigt wurden die beiden Vizepräsidenten Sven Deter (45 Jahre), Mutterkuhhalter aus Ostprignitz-Ruppin, und der Spreewälder Heiko Terno (48 Jahre). Auch der 31-jährige Havelländer Lars Schmidt wurde als Vorstandsmitglied wiedergewählt. Jutta Quoos (63 Jahre), Vorsitzende des Brandenburger Landfrauenverbandes, verbleibt als gesetztes Mitglied im Vorstand des LBV.

Neu in den Vorstand rücken Caroline Bartsch aus Oder-Spree und Bernd Starick aus Spree-Neiße nach. Caroline Bartsch (34 Jahre) ist Agrarwissenschaftlerin und geschäftsführende Gesellschafterin der Glienicker Agrargesellschaft. „Ich möchte mit dazu beitragen, die Junglandwirtearbeit auf Landesebene zu intensivieren. Wer die jungen Bäuerinnen und Bauern wieder enger an den Verband binden möchte, muss Identität und Gemeinsinn stiften. Dafür möchte ich mich einsetzen“, so Bartsch. Bernd Starick (54 Jahre) ist Agraringenieur und Vorstand der Bauern AG Neißetal. Er konnte aus Gesundheitsgründen nicht bei der Versammlung des neuen Vorstands in der Geschäftsstelle in Teltow dabei sein.

Wolfgang Scherfke wurde nach 20 Jahren als Hauptgeschäftsführer des LBV mit der Ehrennadel des Verbandes ausgezeichnet. Wendorff lobte die Beständigkeit, Ehrlichkeit und die volle Verbundenheit Scherfkes mit der heimischen Landwirtschaft. Die zugeschalteten Kreisbauernverbände, deren Delegierte in den Kreisen zusammengekommen waren, applaudierten via Internet. Als neuer Geschäftsführer leitet seit dem 1. Dezember Denny Tumlirsch, bisher Justitiar des LBV, die Geschäftsstelle. Der Geschäftsführer wird nach einer Satzungsänderung durch die Delegierten künftig nicht mehr Vorstandsmitglied sein. 66 Prozent der Delegierten hatten zuvor im nicht öffentlichen Teil der Versammlung einer Beitrags- und Strukturanpassung zugestimmt.

Wolfgang Scherfke
Wolfgang Scherfke, 20 Jahre Hauptgeschäftsführer des LBV, leitete die Versammlung und behielt die Wortmeldungen aus den Kreisen im Blick.

Ebenfalls im internen Teil der Versammlung stimmten 93 Prozent der Delegierten dem Entwurf des Positionspapieres „Der neue Brandenburger Weg – Zukunftsperspektiven für die Landwirtschaft 2030“ zu. Es beschreibt, wie in der Metropolregion Berlin und Brandenburg ein Kreislaufwirtschaftssystem entstehen kann, das gesellschaftlichen Erwartungen gerecht wird und Landwirten die Existenz sichert.

Signal für Veränderung

Damit habe man ein Signal gesetzt, das man aufnehmen könne, wenn man Veränderungen will, und die Veränderungsbereitschaft der Landwirte in diesem Land unterstützen möchte, warb Henrik Wendorff für den neuen Ansatz. Allerdings gehe es der Landwirtschaft schlecht, macht Wendorff deutlich und nennt existenzgefährdende Erzeugerpreise, stark rückläufige Tierzahlen im Schweine-, vor allem aber im Milchviehbereich, Absatzprobleme im Ökolandbau, drohende Verluste im Zuge der neuen GAP, ein nebulöses agrarstrukturelles Leitbild.

Bei dessen Erarbeitung fühlt sich der LBV als Verband, der alle Rechtsformen und Betriebsgrößen vertritt, nicht angemessen einbezogen.

In Bezug auf rote Gebiete und Phosphatkulissen mahnte Wendorff an: „Wir brauchen endlich verlässliche Antworten und nicht die politisch korrekten, nichtssagenden Auskünfte, wir brauchen Antworten, die uns in die Lage versetzen, auf dem Berliner Markt ernstgenommen zu werden und dazu beitragen, im nationalen und internationalen Wettbewerb zu bestehen.“

Prämien vor dem Fest

Einige der aufgeworfenen Fragen konnte Agrarminister Axel Vogel, der sich vom Ministerium aus zugeschaltet hatte, gleich klären. Brandenburg werde keine Phosphatkulisse ausweisen und habe die rechtlich mögliche Alternativvariante gewählt: Gewässerrandstreifen von fünf bis 20 Metern Breite, auf denen keine Düngemittel eingesetzt werden dürfen. Die Nitratkulisse werde neu ausgewiesen: Neu seien 23.319 ha, also nur noch 1,8 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche Brandenburgs. Bisher waren es 2,3 %. „Wir glauben, dass das ein gutes Ergebnis ist“, so Vogel. Der Agrarminister kündigte an, dass trotz Corona alle Voraussetzungen geschaffen worden seien, um Basis- und Greeningprämie vor dem 21. Dezember auszuzahlen, Ausgleichszulage und Blühflächenförderung sollen am 10. Dezember überwiesen werden.

Technischen Problemen geschuldet erreichte die digitale Grußbotschaft Ministerpräsident Dietmar Woidkes ihre Adressaten erst später via YouTube. Bei der Agrarstruktur gehe Sorgfalt vor Schnelligkeit, nimmt Woidke darin Bezug auf die Kritik des Verbandes am Leitbildprozess. Und auch Agrarminister Vogel machte eingangs seines Beitrags deutlich: „Die ganze Landesregierung steht dafür, die gewachsene Agrarstruktur in Brandenburg zu verteidigen und weiterzuentwickeln.“ Die konventionell produzierenden Betriebe seien ihm genauso wichtig „und liegen mir genau so am Herzen“ wie die ökologisch wirtschaftenden, so Vogel, nur gemeinsam könne man den Anforderungen der Zukunft (Umwelt, Insektenschutz) gerecht werden.

Screenshot
Das Bild einer digitalen Landesbauerntagung.

In der Diskussion wurde deutlich, dass das derzeit nicht überall im Land so wahrgenommen wird. Klärung soll es am Mittwoch in einem Gespräch Vogels mit der LBV-Spitze geben.

Osten agiert gemeinsam

Was die künftige Gemeinsame Agrarpolitik Europas (GAP) betrifft, machte Vogel deutlich: „Die ostdeutschen Agrarminister agieren gemeinsam. Es wird eine gemeinsame Vorbereitung auf die deutschlandinterne Umsetzung der GAP geben.” Denn wer da alleine antrete, habe schon verloren. Bei der Diskussion um den Eler-Verteilungsschlüssel habe man das erst kürzlich erfahren, als sich die westdeutschen Agrarminister unabhängig von der Parteizugehörigkeit am Vortag auf ein Papier einigten, in dem sie sinngemäß deutlich machten, der Osten habe lange genug profitiert. So etwas hätte er 30 Jahre nach der Wiedervereinigung nicht für möglich gehalten, so Vogel.

Vogel zum „neuen Weg“

Der Minister gratulierte Henrik Wendorff zur Wiederwahl und allen Delegierten zur Verabschiedung des „Neuen Brandenburger Weges“ für die Landwirtschaft. „Da stecken sehr viele kluge Ideen dahinter, die wir auch gemeinsam vorantreiben sollten“, so Vogel. Er regte an, sich, sobald es Corona zulasse, zu einer Präsenzveranstaltung zu treffen. Dann sollten sich LBV-Präsidium und Ministeriumsmitarbeiter darüber austauschen, „wie wir gemeinsam Ziele umsetzen können, und auch über die Frage, wie es mit der GAP weitergehen soll“, so Vogel. Bis dahin halte er die regelmäßigen Telefonkonferenzen mit den Landnutzerverbänden für ausbaufähig. „Alles, was offen ist, können wir vertiefen!“, so der Brandenburger Umwelt-Agrarminister.