Praxis-Exkursion

Agroforst in Brandenburg: Drei Betriebe geben Einblick

Justus Mayser hat mit seiner Familie einen Landwirtschaftsbetrieb im Nebenerwerb gegründet. © Heike Mildner

Agroforst bietet viele Vorteile und stellt eine Möglichkeit für ein alternatives Einkommen für Betriebe in der Landwirtschaft dar. Drei Betriebe in Brandenburg berichten aus der Praxis über ihre Erfahrungen und die Herausforderungen:

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Vom anderen lernen, nicht nur seiner Erzählung lauschen, sondern sich vor Ort ein Bild machen, in die Umsetzung eines Konzeptes eintauchen, seine Fragen loswerden und mit anderen ins Gespräch kommen: Das macht eine Exkursion aus. Am 12. August machte sich eine Busreisegruppe auf den Weg zu drei Orten im Landkreis Potsdam-Mittelmark, um sich praxisnah dem Thema „Agroforstsysteme als Instrument der Klimaanpassung“ zu widmen. Organisiert wurde die Tour vom Deutschen Fachverband für Agroforstwirtschaft (DeFAF) und Partnern (siehe unten), bezahlt aus dem Bundesprogramm Biologische Vielfalt.

Streuobstwiese mit alten Sorten

Station 1 – Streuobstwiese: Justus Mayser empfängt die Exkursion an diesem heißen Augusttag mit kaltem Apfel- und Quittensaft und Informationen zum Verein Langerwischer Obstgarten. Der wurde vor zehn Jahren gegründet und widmet sich dem Erhalt und der Förderung obstbaulicher Arten- und Sortenvielfalt. ’Gubener Waraschke‘, ’Hasenkopf‘, ’Krügers Dickstiel‘ und ’Gute Luise‘ sind nur einige der alten Sorten, die die Vereinsmitglieder gepflanzt haben und pflegen.

Justus Mayser erklärt das Agroforst-Konzept auf seinen Flächen.
Station 1: Justus Mayser ist Architekt, steht dem Langerwischer Obstgarten e. V. vor. © Heike Mildner

Bewässerung wichtiges Thema

Hans-Georg Kosel vom Pomologenverein, Landesgruppe Brandenburg/Berlin, hat nicht nur die Sorten vorgeschlagen, sondern auch viel von seinem Wissen – zum Beispiel zum Obstbaumschnitt – an die Vereinsmitglieder weitergegeben. „Wenn alle auf dem gleichen Wissensstand sind, kann man mit fünf Leuten in fünf Stunden 120 Bäume beschneiden“, schwärmt Mayser von der optimalen Gruppenpower. Die sei allerdings nicht immer gegeben, gerade in der Urlaubszeit, da müsse eben auch bewässert werden, wenn es, wie jetzt, trocken ist, sagt Mayser. Der hauptberufliche Architekt hat mit seiner Familie 2019 den Landwirtschaftsbetrieb Maysers Obstgarten GbR gegründet und seitdem 500 Obstbäume gepflanzt.

Die Teilnehmer--Gruppe der Agroforst-Exkursion auf einer jungen Obstbaufläche.
Bei der Agroforst-Sommer-Exkursion haben die Teilnehmer drei Agroforst Betriebe besucht und konnten ihre Fragen stellen. © Heike Mildner

Viele Teilnehmerfragen drehen sich um die Bewässerung. Bei Anlage der Streuobstwiesen wurde ein ausgefeiltes Schlauchsystem im Boden verbaut, das Wasser zu den Wurzeln leitet. Ein benzingetriebener Generator liefert dem Pumpsystem Strom. Ohne künstliche Bewässerung liefe nichts, so Mayser (langerwischerobstgarten.de; maysers-obstgarten.de).

Pappeln und Wertgehölze

Station 2 – Pappeln, Wertgehölze und Frustration: Erst am 13. April wurden auf einem Schlag des Landwirtschaftsbetriebes von Thomas Seehaus in der Nähe von Beelitz 90 cm lange Pappelstecklinge gepflanzt, jetzt sind sie schulterhoch. In der Trockenphase hätten sie jeden Tag überlegt, mit dem Güllefass voll Wasser rauszufahren, um zu gießen, berichtet Jürgen Frenzel, letztendlich kam der Regen mit 80 l/m² dann doch noch zur rechten Zeit, Frenzel ist der Onkel von Seehaus, wir kennen ihn von Blühstreifenprojekten (als die noch nicht gefördert wurden), von der Pflanzenkohleherstellung und von reaktivierten Feuchtwiesenbiotopen.

Agroforst zuerst Fehlstart

Das Agroforstprojekt seines Neffen begann quasi mit einem Fehlstart: Seit anderthalb Jahren würden sie vergeblich auf die Förderrichtlinie zum Agroforst warten, so Frenzel, und da habe man im April einfach mal mit den Pappeln angefangen, die am kostengünstigsten in der Anschaffung seien.

Jürgen Frenzel erklärt der Exkusionsgruppe sein Agroforst-Konzept.
Station 2: Jürgen Frenzel erläutert die ersten Schritte auf dem Weg zu einem System aus Pappeln und Wertgehölzen auf einem Schlag bei Beelitz. © Heike Mildner

Später sollen dann, korrespondierend mit den Pappelreihen, andere Wertgehölze dazukommen: Walnüsse, Esskastanie, Flaumeiche, Eberesche, Hainbuche etc. Allerdings würden diese Bäume nur gefördert, wenn sie auf kahlen Acker gepflanzt würden, so Frenzel, „dass wir mit den Pappeln schon angefangen haben, um endlich in die Gänge zu kommen, wird uns jetzt auf die Füße fallen“. Die Baumreihen sollen vor Winderosion schützen und auf lange Sicht zusätzliche Erträge bringen. Die Pappelernte soll Hackschnitzel für die Pyrolyse von Pflanzenkohle liefern, die den Boden weiter verbessert.

Schafe und Agroforst mit Esskastanien

Station 3 – Esskastanien und Bürgerwissenschaft: Nachdem der Reisebus Wiesenburg und Gut Schmerwitz passiert hat, kommt er auf den 3,5 km kopfsteingepflastertem Feldweg nach Arensnest an seine Grenzen. Links und rechts haben die Altvorderen Obstbäume und Büsche gepflanzt, da gab es das Wort Agroforst noch gar nicht.

Die neuen Schäfereibewohner, derzeit rund 15 Erwachsene und neun Kinder, haben sich als Genossenschaft organisiert und beleben seit 2019 den großen Dreiseitenhof. Sie bauen Gemüse, Beeren und Obst an und halten Schafe, ein paar Hühner und Bienen. 14 ha Grünland und ein Hektar Acker gehören zum Hof, und ein Agroforstsystem, bei dem Esskastanien eine besondere Rolle spielen werden, wenn sie größer sind und Ertrag bringen.

Daniel Diehl steht zwischen mehreren Bäumen des betriebseigenen und nachhaltig geplanten Agroforst-Konzepts.
Station 3: Die Schäferei Arnsnest ist auch ein Bildungsort. Daniel Diehl erläutert, wie die Genossenschaft auf 15 ha enkeltaugliche Landwirtschaft etablieren will. © Heike Mildner

Einen Vorgeschmack darauf gibt Laura Schridde: Sie hat zwei leckere Kuchen aus Esskastanien gebacken. Die heranwachsenden Esskastanien sind aus der Baumschule Resilia in Brück (klimabaeume.org), die mit der Fläminger Esskastanien-Kampagne eine klimaresiliente Lebensmittelerzeugung in der Region samt kooperativer Verarbeitung etablieren will. Die Genossenschaftler aus Arensnest sind seit 2023 im Boot und haben sich für ihr gesamtes Wirtschaften Enkeltauglichkeit verordnet.

Bewässerung für Bäume nötig

Dabei ist Wasser der Dreh- und Angelpunkt. Auch die Esskastanien würden ohne Wassergaben hier nicht gedeihen. Daniel Diehl treibt eine Bodensonde ins Grünland und zeigt anhand der Schichten den Zustand bis 80 cm Tiefe, Sichtbar wird: Trotz all dem Regen ist der Boden in 80 cm Tiefe sandig und trocken. Bevor die 500 Gehölze, die gepflanzt wurden, – neben Esskastanien auch Pappeln und alte Apfelsorten – das Mikroklima verbessern, mit Laub und Wurzeln Biomasse in den Boden bringen und die Bodenqualität steigern, müssen sie erst einmal überleben und bewässert werden.

Das Wasser kommt teils aus Zisternen, die mit 65 m³ Fassungsvermögen den Bedarf allerdings nicht decken. Um die Grundwasserverfügbarkeit im Blick zu haben, treibt Diehl ein Bürgerwissenschaftsprojekt (Citizen-Science) voran, das dem nachgeht. Insgesamt eine spannende Exkursion – es wäre interessant, sie in fünf oder zehn Jahren zu wiederholen.


Ansprechpartner:

Die Agroforst-Sommerexkursion wurde organisiert vom DeFAF, speziell: dem Forschungsvorhaben AgroWert-Regio (Agroforstbasierte Wertschöpfung für eine regionale und zukunftsfähige Landwirtschaft), Projektlaufzeit 2/2023–Ende 12/202, Kontakt: Ruben Weber, weber@defaf.de, Tel.: 0355/75218265; land-innovation-lausitz.de/agrowert-regio/ und dem Forschungsvorhaben SEBAS (Förderung der biologischen Vielfalt durch Agroforstwirtschaft), Projektlaufzeit: 9/2022–Ende 8/2027, Kontakt: Leon Bessert, bessert@defaf.de, Tel.: 0355/75213245, agroforst-info.de/sebas/.

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