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Bauernproteste begleiten Minister-Sondertagung

Die Ressortchefs der Länder wollen während einer außerordentlichen Konferenz Streitpunkte beim neuen Düngerecht ausräumen. Vor der Tür fordern Landwirte, die Verordnung aufzuschieben – diesmal kommen sie aber ohne Traktoren.

Von Ralf Stephan

Vor der Landesvertretung des Saarlands in Berlins Mitte drängen sich seit dem Morgen Landwirte aus dem ganzen Bundesgebiet. Angemeldet sind 300 Demonstrationsteilnehmer. Drinnen beraten die Agrar- und Umweltminister der Länder, wie sie ihre Unstimmigkeiten beim Entwurf der Bundesregierung zur verschärften Düngeverordnung ausräumen können. Draußen überwiegt die Forderung, die Neuregelung ganz auszusetzen.

Es gehe darum, „die Minister an ihre eigentlichen Aufgaben zu erinnern“, heißt es im Aufruf, mit dem die Initiative „Land schafft Verbindung“ zur erneuten Demonstration aufgerufen hatte.

Forderung: Zunächst Messnetz überprüfen!

Bauerndemo am 12. März 2020 vor der Landesvertretung des Saarlands in Berlin
Auf der Bühne spricht Organisatorin Johanna Mandelkow von „Land schafft Verbindung Brandenburg“. (c) Ralf Stephan

Vor Ort schildern von der novellierten Düngeverordnung betroffene Landwirte aus mehreren Bundesländern ihre Lage. Immer wieder äußern sie Beschwerden, dass die Politik nicht zuhört und praxisferne Regelungen erlässt.

Mehrfach gefordert wurde, die Düngeverordnung vorerst auszusetzen. Zunächst sollten das Messnetz überprüft und fachlich fragwürdige Vorgaben der Düngeverordnung zu überarbeiten. Ein Redner rief dazu, für den Fall der Inkraftsetzung Verfassungsklage einreichen, weil die Verordnung nicht den Vorgaben der EU-Nitratrichtlinie entspräche.

Dass der Entwurf der Düngeverordnung, wie sie das Bundeslandwirtschaftsministerium vorgelegt hat, zahlreiche handwerkliche Mängel aufweist, macht allein eine seitenlange Liste der Länder deutlich. Sie kursiert seit Tagen zwischen den beteiligten Ministerien. Enthalten sind darin Fragen, die sich für die Behörden in den Ländern zur praktischen Umsetzung ergeben und auf die der Entwurf keine Antwort enthält.

Nur für wenige Kernfragen Zeit

Darüber hinaus liegen weiterhin zahlreiche Änderungsanträge aus den Ländern vor. Schon aus Zeitgründen werden während der dreistündigen Konferenz die meisten nicht behandelt werden können. Im Vorfeld haben sich einzelne Bundesländer deshalb bereits darauf verständigt, gemeinsame Anträge einzubringen. So beantragen Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern gemeinsam, ein schnelles und einfaches Wirkungsmonitoring sowie eine verursacherbezogene Binnendifferenzierung vorzusehen.

Wie aus dem Umfeld der Verhandlungen zu erfahren war, beträfe dieser Antrag zwei der wenigen großen Hauptfragen, zu denen vorrangig eine Lösung erreicht werden soll. Am meisten beschäftigt die Länder jedoch, wie viel Zeit ihnen bleibt, um die vom Bund noch zu erarbeitende Verwaltungsvorschrift umzusetzen. Bekanntlich hat die EU-Kommission hier eine enge Frist gesetzt. Die Länder fordern vom Bund, die Vorschrift möglichst rasch zu erlassen, damit ausreichend Zeit für die regionale Umsetzung bleibt. Immerhin müssen die roten Gebiete neu ausgewiesen werden. Vorsorglich möchten die Länder dafür eine Übergangsfrist vereinbaren.

Reinhold Jost hat Agrar- und Umweltminister nach Berlin eingeladen

Die Agrar- und Umweltminister der Länder treffen sich auf Einladung des Vorsitzenden der Agrarministerkonferenz, Reinhold Jost aus dem Saarland. Nicht dabei waren die beiden zuständigen Bundesministerinnen, Julia Klöckner (Agrar) und Svenja Schulze (Umwelt). Sie ließen sich durch Staatssekretäre vertreten. Nach aktuellem Zeitplan soll der Bundesrat am 3. April über die Novelle der Düngeverordnung entscheiden. Unter anderem davon macht die Europäische Kommission ihre Entscheidung abhängig, ob das Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingestellt wird.

Vertreter von „Land schafft Verbindung“ aus Niedersachsen bitten Mecklenburg-Vorpommerns Agrarminister Till Backhaus darum, sich für die Stärkung des Verursacherprinzips einzusetzen. (c) Ralf Stephan

Noch aber haben einige Länder so weitreichende Änderungswünsche, dass der Rahmen gesprengt zu werden droht, den die Bundesregierung der EU-Kommission bisher ausgehandelt hat. „Wir sollten unser Vorgehen im Vorfeld abstimmen, um einen Beschluss im Bundesrat zu ermöglichen“, hatte Gastgeber Jost im Vorfeld erklärt. Die Düngeverordnung müsse umgesetzt werden, wenn die drohenden Strafzahlungen abgewendet werden sollen. Daran führe kein Weg vorbei. Ziel müsse es ein, so der SPD-Politiker weiter, dass sich die Minister möglichst rasch auf ein Vorgehen einigen, das auch einer Überprüfung durch die EU-Kommission standhält.“

Der Deutsche Bauernverband (DBV) erinnerte die außerordentliche Ministerkonferenz daran, dass die Landwirtschaft zum Gewässerschutz stehe und ihre Verantwortung für sauberes Grundwasser wahrnehme. Generalsekretär Bernhard Krüsken übergab Minister Jost die Resolution mit den Positionen des Verbandes zur Düngeverordnung.

Auch Greenpeace machte seine Forderungen an die Ministerrunde deutlich. Unmittelbar vor dem Tagungsort protestierten Mitarbeiter der Organisation mit einer drastischen Installation gegen die Wasserverschmutzung.

Eine Gruppe von Greenpeace-Demonstranten vor der saarländischen Landesvertretung. (c) Ralf Stephan

Ob beim Sondertreffen der Minister etwas herauskam, steht hier.