Wildtierjunge sind oft nicht in Gefahr, wenn sie allein angetroffen werden. (c) IMAGO / imagebroker

Wildtier-Babys: Hilflos in der Natur?

Im Frühling werden Wald und Flur zur Kinderstube, da viele Wildtiere Nachwuchs bekommen. Wenn der dann elternlos unterwegs ist, möchten viele gern helfen. Doch das ist nur sehr selten notwendig bei den Wildtier-Babys.

Ein kleiner, kaum gefiederter Vogel hüpft am Boden, ein Kitz liegt scheinbar verlassen auf der Wiese. Was tun? Das Tier sich selbst überlassen? Es zum Tierarzt bringen? Bei Tierschützern anrufen?

„Ein verloren wirkendes Wildtier ist nicht immer auf die Hilfe der Menschen angewiesen“, sagt James Brückner vom Deutschen Tierschutzbund in Bonn. Das sei gerade im Frühling zur Brut- und Setzzeit bei einer ganzen Reihe von Wildtieren der Fall.

Aktuelle Ausgabe
Bauernzeitung 16/2024

Unsere Top-Themen

  • Schwerpunkt Biogas
  • Uckermärker in Groß Kreutz
  • Kartoffellagerung lohnt
  • Märkte und Preise
Zur aktuellen Ausgabe

Wildtier-Babys aus der Ferne beobachten

Ist das Tier nicht offensichtlich verletzt, sollte es daher erst einmal aus der Ferne beobachtet werden, damit es nicht durch den Kontakt mit Menschen gestresst und verängstigt wird. Zudem könnte es sein, dass die Eltern bereits in der Nähe sind, sich wegen der Menschen nicht zu ihrem Nachwuchs trauen.

So wird das Rehkitz mit voller Absicht von seiner Mutter allein gelassen, vermutlich liegt es versteckt in hohem Gras. Rehmütter suchen ihren Nachwuchs nur selten auf, um Beutegreifer wie Füchse, Hunde oder Wolf nicht auf sie aufmerksam zu machen.

Rehkitze werden von ihren Müttern in der Wiese abgelegt. Sie sind in der Regel nicht in Not – es sei denn die Wiese wird gemäht. (c) IMAGO / Shotshop

Ähnlich sieht es bei dem kleinen Feldhasen aus, auch er wartet in seiner sogenannten Sasse auf die Häsin, die ihren Nachwuchs nur zweimal am Tag für wenige Minuten kurz zum Säugen aufsucht, erklärt Jenifer Calvi von der Deutschen Wildtier Stiftung und betont: Finger weg von Frischlingen.

Ein Feldhasenbaby sitzt allein im Gras. In der Regel ist es nicht verlorengegangen, sondern wartet dort nur auf die Hasenmama. (c) IMAGO / blickwinkel

Sie sehen niedlich aus, stehen aber unter strenger Obhut der Bache, die ihre Schützlinge zwar die Welt entdecken, sie dabei aber nicht aus den Augen lässt. Die tierische Mutterliebe der Wildschweine ist riesig: Drei bis vier Monate lang werden Frischlinge gesäugt und während dieser Zeit verteidigt die Bache ihren Nachwuchs vehement. Wer jetzt beim Spaziergang abseits der Waldwege Frischlingen begegnet, muss mit einem Angriff vom Muttertier rechnen, das das menschliche Interesse an ihrem Nachwuchs missversteht.

Die Natur hat es so eingerichtet, dass sich Frischlinge kaum von ihrer Umgebung unterscheiden. Sie dürfen von Menschen nicht berührt werden. (c) IMAGO / Marc John

Jungvögel: Bruchpiloten üben noch

Vor allem Jungvögel werden häufig für Notfälle gehalten. Sie üben zum Beispiel das Fliegen und landen oft nach den ersten Startversuchen noch piepsend auf dem Boden. Oder sie warten im Geäst oder an anderen geschützten Orten auf ihre Eltern, die sie zuverlässig füttern.

Die anfangs ungeschickten Bruchpiloten (Ästlinge) müssen nicht gerettet werden, es sei denn, Nachbars Katze sitzt schon im Gras und wartet auf sie, oder sie landen auf einer befahrenen Straße, so Jenifer Calvi. Wenn klar ist, aus welchem Nest nackte Jungvögel – die Nestlinge – gefallen sind, kann man sie auch bedenkenlos in die Hand nehmen und ins Nest zurücksetzen.

Ist Gefahr im Verzug, kann das Tier vorübergehend vorsichtig in einer abgedeckten Kiste geborgen werden, bis es wieder in Sicherheit ausgesetzt werden kann. Übrigens sind ab Mai auch Wildkatzen-Welpen unterwegs. Sie sind neugierig und erkunden die Umgebung. Weil sie so munter, aber ohne sichtbare Aufsicht sind, hält der flüchtige Betrachter den Nachwuchs oft für verirrte, hilfebedürftige Hauskatzen.

Europäische Wildkatze im Wald
Europäische Wildkatze oder Waldkatze (Felis silvestris) (c) IMAGO / STAR-MEDIA

Denn Wildkatzen sind für Laien nur schwer von Hauskatzen zu unterscheiden. Doch wer verspielte Katzenwelpen im Wald sieht, kann in der Regel davon ausgehen, dass keine Gefahr für das Tier besteht – die Katzenmutter ist in der Nähe und sammelt ihre vorwitzigen Jungtiere wieder ein.

Wildtiere und Jagdrecht: Vorsicht vor Wilderei

Soweit, so gut. Sind Wildtiere aber offensichtlich verletzt, geschwächt oder apathisch, brauchen sie durchaus menschliche Hilfe. Doch sie einfach mitnehmen, ist aus rechtlichen Gründen keine gute Idee.

So sind Wildtiere, die unter das Jagdrecht fallen wie Füchse, Rehe, Hasen und Wildschweine, Sache der Jagdbehörde oder des -Pächters. Wer ein solches Tier mitnimmt, begeht Wilderei. Findet ein Spaziergänger etwa einen verletzten Frischling oder ein erkranktes Kitz, muss er daher die zuständige Stelle, zum Beispiel den Förster, informieren.

Hunde an die Leine

In Deutschland gibt es kein Bundesgesetz zum Anleinen von Hunden. Das regelt jedes Bundesland selbst. Meist sind die Regeln in den jeweiligen Wald- und Landschaftsverordnungen der Länder festgelegt, manchmal ordnen auch die Kommunen Regeln und Auflagen für Hundehalter an. Vernünftig ist es aber in jedem Fall, zwischen März und Juli Hunde an die Leine zu nehmen.

Von AGE/RED

Auch interessant
Drohne fliegt über Wiese zur Kitzrettung während der Futterernte
Das Bundesagrarressort förderte 2021 mit 3,44 Mio. Euro den Kauf von 993 Drohnen zur Kitzrettung, von denen fast 200 noch in der Mahdsaison zum Einsatz kamen und rund 6.000 Jungtiere retteten. © Birgitt Schunk