Sachsen entdeckt Safran neu: Historische Pflanze erlebt Renaissance
Bekannt ist Safran vor allem aus Spanien und dem Orient – doch auch in Thüringen und Sachsen wächst das teuerste Gewürz der Welt. Schon vor rund 500 Jahren wurde es dort angebaut. Seit einigen Jahren lebt die Tradition wieder auf.
Es war einmal ein sächsischer Kurfürst, der liebte es, seine Speisen und die seiner Gäste mit dem edelsten Gewürz der Welt verfeinern zu lassen. Safran! Und so ließ er die lila blühende Herbstblume mit den begehrten roten Fäden en masse rund in und um die Residenzstadt Torgau anbauen, in der er 1463 auf Schloss Hartenfels geboren wurde.
Die Rede ist von Friedrich dem Weisen, von 1486 bis zu seinem Tod 1525 Kurfürst von Sachsen. 2,5 Zentner Safran soll er in nur zwei Jahren in seinen Küchen verbraucht haben. Geliefert wurden ihm die Knollen aus Altenburg, wo der „Crocus Sativus“ 1437 erstmals im Stadtarchiv erwähnt wurde, der Anbau im 15. und 16. Jahrhundert ein boomender Wirtschaftszweig war und auf großen Flächen kultiviert wurde.
Im Rechnungsbuch der Stadtkasse aus dem Jahr 1500 ist sogar belegt, dass Altenburg „mehrere Tausend Taler aus den Safrangärten“ rund um die Stadt einnahm und die Region so den Namen „güldene Aue“ bekam. Der „köstliche Land-Saffran“ wurde als Gewürz geschätzt, in der Heilkunde, Parfümherstellung, als Farbstoff verwendet. Vor allem aber wurden die Knollen an die Höfe des Hochadels geliefert, wo sie in deren Schlossgärten gesteckt wurden. So einst auch im Schlossgarten von Torgau.
Abnehmer aus der Region
Eine solche historische Lieferung von Altenburg – wo seit 2015 die W³ Wandel-Werte-Wege gGmbH den Safrananbau sogar wissenschaftlich erforscht und ihn in regionaler Landwirtschaft und Gartenbau wieder etablieren will – nach Torgau wurde 2022 während der Landesgartenschau in der sächsischen Residenzstadt standesgemäß mit Kutsche und Trachten nachgestellt. 1.000 Knollen kamen dann im Rosengarten zu Füßen des Schlosses in die Erde. Seitdem wird jedes Jahr im August auch der Tag des Safrans in der Stadt an der Elbe veranstaltet. Und das zurecht. Denn seither erlebt der Safrankrokus, der nach dem dreißigjährigen Krieg in Vergessenheit geriet, auch in Nordsachsen eine Wiedergeburt.
Zum Beispiel im Garten von Dr. Harald Alex, der sich vor allem als Schneeglöckenliebhaber einen Namen gemacht hat. Durch den Kontakt zu den Altenburger Safrananbauern und die Landesgartenschau 2022 in Torgau hat den promovierten Gartenbauer auch das Safranfieber gepackt. Im Dorf Döbrichau, rund zwölf Kilometer von Torgau entfernt, hat er inzwischen rund 30.000 Knollen vom Crocus Sativus auf rund 300 Quadratmetern in die Erde gebracht und knüpft damit an die Tradition an.
Denn auch in Döbrichau wurde 1533 bis 1540 nachweislich das kostbare Gewürz in einem Safrangarten angebaut. In den vergangenen Wochen – im Herbst ist Erntezeit – hat Dr. Alex jeden Morgen die Blüten, in denen im Normalfall drei orange-rote Fäden enthalten sind, gesammelt. Dafür werden die Blüten, so demonstriert er, vorsichtig kurz nach unten gedrückt, wobei sie abbrechen und in die Hand fallen.
Safran-Fäden zupfen ist mühevolle Handarbeit
Voller Freude berichtet er, dass er in diesem Jahr rund 29.000 Blüten gesammelt hat und aus ihnen rund 87.000 Safranfäden herausgezupft wurden – und das in mühevoller Handarbeit. Dabei bekommt er Unterstützung von den Elbaue Werkstätten. Mit dem Zupfen – für ein Gramm getrockneten Safran sind es 200 Blüten – ist es aber nicht getan. „Danach werden die Fäden einige Wochen bei Raumtemperatur getrocknet und so fermentiert“, sagt der 74-jährige Gartenbauer, der in diesem Jahr von einem Labor die Qualität seiner geernteten Safranfäden bestimmen lassen will.
Verwendet werden sie in der eigenen Küche zum Beispiel im Müsli, in der Milch oder im Zitronenwasser, auch regionale Handwerksbetriebe sind Abnehmer – so unter anderem die Crossanterie Frieder Francke in Torgau, Bäckerei Schröder in Großtreben, Hofmolkerei Bennewitz in Torgau sowie die Torgauer Eisdiele in der Bäckerstraße, die zum 1.050. Stadtjubiläum im vergangenen Jahr erstmals ein Safran-Eis kreierte.
Safran-Tag im Apothekergarten von Torgau
Verkostet werden konnten die Produkte in diesem Jahr auch beim 3. Safrantag im Torgauer Apothekergarten an der Marienkirche, nur wenige Meter vom Schloss Hartenfels entfernt. Seit 2018 wird der historische Heil- und Kräutergarten vom Förderverein Landesgartenschau Torgau und insbesondere von Mitglied Kornelia Grube gehegt und gepflegt.
Die wechselvolle Geschichte der „Torgauer Apothekergärten“ reicht zurück zum Anfang des 16. Jahrhunderts und führt auch zur einst in Sachsen sehr beliebten Renaissancefürstin Anna (1532–1585), der Prinzessin von Dänemark und Gemahlin von Kurfürst August (1526–1586). Sie hatte sich der Heil- und Kräuterkunde verschrieben und gilt als erste Apothekerin Deutschlands. „Mutter Anna“, wie sie liebevoll genannt wurde, schwörte auf den Safran als Heilpflanze. Sie nutzte zum Beispiel Latwerge aus Safran zur Nervenstärkung, bei Depressionen und Wechseljahresbeschwerden und versorgte damit auch andere Prinzessinnen.
Das kostbare Gewürz dieser Heilpflanze sorgt auch für Wohlbefinden und macht glücklich, davon ist Dr. Harald Alex überzeugt. So hat der umtriebige Gartenbauer gemeinsam mit weiteren Mitstreitern noch viel vor mit dem edlen Gewürz. Nächsten Herbst zur Erntezeit soll es einen Workshop zum Safranzupfen geben und zum 500. Todestag Friedrich des Weisen eine „Mitteldeutsche Safranstraße“ vorgestellt werden, die von Altenburg über Torgau auch nach Annaburg führt. Die Anfänge sind bereits auf den Weg gebracht.
Safran für Restaurants, Koch-Events und Workshops
So wächst im Altenburger Land das rote Gold inzwischen auf 2.000 Quadratmetern und sorgt dort im Herbst für Gaumenfreunden in Restaurants, bei Kochevents und Workshops. Auch Torgau lockt kulinarisch und mit Safranblüten im Rosengarten. In Döbrichau lässt neben Dr. Alex auch Jürgen Mittmann vom Heilkräuterwanderverein seit 2014 die Tradition des Safrans wieder aufleben und gestaltet im Ort eine 80 Meter lange und 1.000 Knollen zählende Safranschleife. In Annaburg in Sachsen-Anhalt kamen in diesem Sommer Hunderte Knollen in die Erde.
Denn in der Annaburger Heide und im Renaissancegarten des Schlosses, in dem Kurfürstin Anna residierte und sich mit Obst- und Kräuteranbau beschäftigte, wuchs einst auch Safran. Zudem starb in Annaburg, dem damaligen Lochau, am 5. Mai 1525 Kurfürst Friedrich der Weise, der den Safran liebte – und der ein Fürsprecher der Bauern war, ihre Forderungen nach besseren Lebensverhältnissen im Bauerkrieg, dessen 500-jähriges Jubiläum im kommenden Jahr begangen wird, teilte.
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