Rinder der Rasse Rotes Höhenvieh von Jungunternehmer Jonas Hommel weiden auf einer sommerlichen Streuobstwiese von Tobertitz. (c) Silvia Kölbel

Jonas Hommel: Arche-Projekt fürs Vogtland

Mit dem Projekt sollen vom Aussterben bedrohte Haustierrassen geschützt werden. Initiator Jonas Hommel hat dafür bereits etliche Mitstreiter gewinnen können. Doch der junge Unternehmer hat noch mehr Pläne.

Von Silvia Kölbel

Als Jonas Hommel aus dem vogtländischen Tobertitz 17 Jahre alt war, sah es ganz so aus, als ob er sich in seinem künftigen Berufsleben damit beschäftigen würde, Gelände zu vermessen und den Verlauf von Grundstücksgrenzen zu klären. Am Beruflichen Schulzentrum für Bau und Technik in Dresden lernte er den Beruf des Vermessungstechnikers. Dort fiel ihm ein Flyer der Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Nutztierrassen in die Hand. „Dieses Thema hat mich seitdem nicht mehr losgelassen, und so kam eins zum anderen“, berichtet der heute 22-Jährige.

Im Frühjahr 2022 gründete er einen landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetrieb, den er schon im Herbst desselben Jahres in den Haupterwerb überführte. Sein allgemeines Abitur, das er an das bestandene Fachabitur anschließen wollte, hängte er an den Nagel. Seine Visionen waren inzwischen andere.

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Jonas Hommel: Von Arche-Region bis Direktvermarktung

Jonas Hommel
Jonas Hommel (c) Silvia Kölbel

Er möchte im Vogtland eine Arche-Region etablieren, ökologische Projekte umsetzen, Tiere halten, eine Lohnmosterei errichten, eine Brennerei bauen, eine Veranstaltungsscheune umbauen, Ferienwohnungen vermieten, Wohnmobilstellplätze anbieten, sich als Lern- und Erlebnisbauernhof etablieren, in die Direktvermarktung einsteigen und Dienstleistungen wie Baumschnitt oder das Ausfüllen von Fördermittelanträgen anbieten.

Die finanzielle Grundlage für die Umsetzung seiner Pläne legte er voriges Jahr. Er bot dem Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz drei Hektar Ausgleichsfläche für das Verlegen eines Erdkabels an. Das Unternehmen plant das Verlegen dieses Erdkabels im Rahmen des Projektes SüdOstLink zur Weiterleitung von Gleichstrom, der im Norden aus Windenergie gewonnen wird, Richtung Osten.

Die Trasse soll unter anderem durch die Gemarkung Tobertitz führen und quert die Ausgleichsfläche. Da der Übertragungsnetzbetreiber wegen seiner Eingriffe in die Natur vom Gesetzgeber her zu Ausgleichsmaßnahmen verpflichtet ist, kam dem Unternehmen das Angebot des jungen Mannes aus dem Vogtland gerade recht.

Streuobstwiese mit Beweidung

„Das war für uns das perfekte Vorhaben. So können wir unseren Teil dazu beitragen, diese schöne Ecke noch zu verschönern“, sagt Projektsprecher Axel Happe. Er geht davon aus, dass nach Abschluss des Planfeststellungsverfahrens nächstes Jahr mit den Bauarbeiten begonnen werden kann.

Jonas Hommel, der sich voriges Jahr zum Obstbaumwart qualifizierte, hat die Bäume aber nicht einfach nur in die Erde gesteckt. Um sie vor Wühlmausfraß zu schützen, tauchte er die Wurzeln in ein stärkendes Gel und pflanzte die Bäume zusätzlich in einen Wühlmauskorb aus verzinktem Draht. Da auf der Fläche eine Beweidung durch Tiere vorgesehen ist, erhielten die Bäume ein sogenanntes normannisches Korsett.

Das ist eine Konstruktion aus Metall, die eine „Halskrause“ zum Schutz der Äste und Zacken besitzt. Französische Obstbauern aus der Normandie haben das ersonnen, um die Beweidung mit dem Obstanbau kombinieren zu können. Jonas Hommel bestellte für alle 115 Bäume direkt in Frankreich die Korsetts und schraubte sie jeweils an einen fest eingegrabenen Robinienpfahl, der dann auch noch den jungen Obstbaum stützt.

Bildergalerie: Normannisches Korsett

Streuobstwiese

Da auf der Streuobstwiese auch Tiere weiden, erhielten die jungen Bäume zum Schutz vor Verbiss ein normannisches Korsett. (c) Silvia Kölbel

Widerhaken beim normannischen Korsett

Zacken, die nach unten gerichtet sind, verhindern, dass sich Tiere am Stahlschutz scheuern. (c) Silvia Kölbel

Jonas Hommel erklärt Besuchern das normannische Korsett

Besuchern der Streuobstwiese erklärt er die Funktion eines sogenannten normannischen Korsetts (r.). (c) Silvia Kölbel

Alte Sorten schlagen Wurzeln

Das Konzept zum Schutz der Bäume ging im ersten Winter auf. Alle Bäume trieben aus. Die Sortenwahl traf der junge Vogtländer mit Unterstützung des Bundessortenamtes, des Sächsischen Pomologenvereins und eines privaten Sammlers. Eine Baumschule in Thüringen veredelte die zur Verfügung gestellten Reißer auf stark wachsenden Unterlagen, um so hochstämmige Bäume mit einer Stammhöhe von zwei Metern zu ziehen. Allmählich entwickelt sich die Region zwischen Kloschwitz und Tobertitz zum Genpool für alte Obstsorten, denn in den zurückliegenden Jahren wurden in der Gegend rund 400 Obstbäume gepflanzt, alles alte Sorten.

Die Streuobstwiese, die Jonas Hommel voriges Jahr pflanzte, ist nicht das einzige Projekt dieser Art in der Umgebung. Bereits im Alter von 16 Jahren füllte er schon einmal einen Fördermittelantrag aus, um auf einem drei viertel Hektar Obstbäume zu pflanzen. Er war es auch, der dem Verein Bürgerinitiative zum Schutz der Natur und Umwelt von Goldbach bis Rosenbach den Fördermittelantrag für den Brunnenbau, die Solaranlage, die Imkerei und die Anlage einer Kirschallee schrieb. Dort entstand bereits vor sieben Jahren eine Fläche mit 220 alten Obstsorten. Aus den Äpfeln, die er von einer älteren Streuobstwiese ernten konnte, ließ er voriges Jahr 450 Liter Saft pressen.

Rittergut für Rotes Höhenvieh

Ganz nach historischem Vorbild sollen unter den hochstämmigen Obstbäumen perspektivisch Tiere weiden. Hier kommt das zweite große Projekt von Jonas Hommel zum Tragen, die Arche-Region, die er im Vogtland etablieren möchte.

Mitglieder der Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen (GEH) können unter Einhaltung feststehender Kriterien entweder einzelne Arche-Höfe oder eben eine Arche-Region gründen. Den geschützten Titel Arche-Region verleiht die Gesellschaft an 1.000 m2 große Regionen mit mindestens neun verschiedenen, vom Aussterben bedrohten Tierarten, vom Großtier bis zum Kleintier.

Einen Mitstreiter für dieses Projekt hat Jonas Hommel in Lutz Seidel-Höhne gefunden. Er ist der Geschäftsführer der Kröstauer Agrar Produktions- und Handels GmbH. Gemeinsam mit seiner Frau, der Veterinärmedizinerin Dr. Jana Seidel, leitet er einen Nebenerwerbsbetrieb, der sich die Zucht und Erhaltung der alten Rassen auf die Fahnen geschrieben hat. Von dem Landwirtschaftsbetrieb, dessen Geschäftsführer er ist, kaufte Seidel-Höhne gemeinsam mit seiner Frau das alte Rittergut, um es vor dem Verfall zu retten.

Bildergalerie: Rittergut mit tierischem Neuzugang

Rittergut

Auf dem Kröstauer Rittergut, das Familie Seidel-Höhne vorm Verfall retten will, leben schon … (c) Silvia Kölbel

Rotes Höhenvieh mit Lutz Seidel

… Rotes Höhenvieh (c) Silvia Kölbel

Pommerngänse

… Pommerngänse (c) Silvia Kölbel

Ostfriesisches Milchschaf

… Ostfriesische Milchschafe (c) Silvia Kölbel

Lakenfelder Hühner

… Lakenfelder Hühner. (c) Silvia Kölbel

Eingezogen sind dort bereits Pommerngänse, Lakenfelder Hühner, Haflinger der alten Zuchtlinie, Ostfriesische Milchschafe und Rotes Höhenvieh. Über den Stallungen mit Kreuzgewölbe sollen Ferienwohnungen entstehen und ein Mehrzweckraum für Veranstaltungen. Das alte Trafo-Haus wäre der passende Platz für einen Hofladen. Was fehlt, sind im Moment die nötigen Fördermittel. Darum soll sich Jonas Hommel kümmern, der mit solchen Projekten bereits Erfahrung hat.

Um weitere Mitstreiter zu gewinnen, lud Jonas Hommel im Frühjahr 2023 GEH-Geschäftsführerin Antje Feldmann ins Vogtland zu einer öffentlichen Veranstaltung ein. Mehrere Tierhalter, darunter Haupterwerbsbetriebe, Nebenerwerbsbetrieb und Hobbyhalter, haben ihre Mitwirkung angekündigt. „In Bad Elster haben wir einen Tierhalter mit Coburger Fuchsschafen gewinnen können. Eine Schönberger Landwirtin steuert Rotes Höhenvieh bei. Auch Kleintierzuchtvereine können mitmachen“, so Jonas Hommel. Im Juni gründeten dann zehn Tierhalter den Verein Arche-Region Vogtland.

Preise für innovative Ideen

Auch Jonas Hommel hat vor wenigen Wochen mit der Tierhaltung begonnen. Auf einem Teil seiner Streuobstwiese weiden vier Rinder der Rasse Rotes Höhenvieh. Das zurückliegende Winterhalbjahr nutzte er, um Bau- und Fördermittelanträge für sein nächstes Projekt auszufüllen: den Umbau eines leer stehenden Dreiseitenhofes, der seiner Familie gehört, zu einer Lohnmosterei, einer Brennerei und einer Veranstaltungsscheune für Kurse, Seminare mit darüber liegender Ferienwohnung.

Sanierungsbedürftiger Drei-Seiten-Hof
Dem leer stehenden, sanierungsbedürftigen Hof seiner Familie möchte Jonas Hommel wieder Leben einhauchen. (c) Silvia Kölbel

Seine künftige Mitarbeitersuche konzentriert sich auf Rentner, die stundenweise arbeiten möchten, FÖJ-ler, Studenten oder mithelfende Urlauber. Mitte Juni reichte er die Antragsunterlagen bei der Baubehörde ein. Der junge Unternehmer hofft, noch in diesem Jahr die Baugenehmigung zu erhalten und im günstigsten Fall auch mit den ersten Arbeiten beginnen zu können.

Mit den beiden Projekten „Vogtländisches Streuobstwiesen-Kompetenzzentrum Tobertitz“ und „Sächsische Nutztierrassen-Arche Tobertitz“ bewarb sich Jonas Hommel unter dem Namen „Obstwiesenhof Hommel“ voriges Jahr um den sächsischen eku-Zukunftspreis für Energie, Klima, Umwelt. Für 172 innovative Projektideen vergab der Freistaat Sachsen im vergangenen Jahr zwei Millionen Euro. Zwei dieser Preise gingen an den umtriebigen Vogtländer. Für sein Streuobstwiesenprojekt erhielt er 5.000 €, für das Projekt der Arche-Region 2.500 €.

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