30 Jahre Deutsche Einheit: Stabile Strukturen

Der Jahresbericht der Bundesregierung zur Deutschen Einheit widmet der Land- und Forstwirtschaft mehrere Kapitel. Sie gilt als 30-jährige Erfolgsgeschichte. Wir fassen das Wichtigste zusammen.

Dieses Mal war zugleich ein Fazit über drei Jahrzehnte zu ziehen, als die Bundesregierung ihren „Jahresbericht zum Stand der Deutschen Einheit“ vorlegte. Wie gewohnt geschah das kurz vor dem Feiertag. Zum ersten Mal berichtete der 1975 in Karl-Marx-Stadt (heute wieder Chemnitz) geborene CDU-Abgeordnete Marco Wanderwitz, der seit Februar der Ostbeauftragte der Bundesregierung ist.

Anlässlich des 30-jährigen Jubiläums der Wiedervereinigung zieht der Bericht vor allem mit Blick auf die seither betriebene Bodenpolitik eine positive Bilanz (Bauernzeitung 39/20, S. 20). Durch die Verpachtung und Privatisierung der ehemals volkseigenen land- und forstwirtschaftlichen Flächen seien in Ostdeutschland wettbewerbsfähige Betriebe entstanden, heißt es im Bericht. Die Regierung weist darauf hin, dass die Agrarstruktur in Ostdeutschland stabil sei. Aus der Umstrukturierung der genossenschaftlichen und staatlich bewirtschafteten Großbetriebe der DDR entstanden etwa 30.000 Betriebe unterschiedlicher Rechtsformen, Betriebsgrößen und Besitzverhältnisse, darunter gut 22.000 Betriebe mit einer Größe ab 5 ha landwirtschaftlich genutzter Fläche.

Deutsche EInheit: Wandel hinter kaum veränderten Zahlen

30 Tage dauert die Freiluftausstellung zum 30-jährigen Jubiläum. Nicht alle finden, das Geld sei gut angelegt. (c) imago/ Hohlfeld

Nachdem es in den ersten Jahren nach der Wiedervereinigung zu zahlreichen Neugründungen und Teilungen kam, hält sich die Zahl der Betriebe nun seit vielen Jahren auf etwa dem gleichen Stand. Damit unterscheidet sich die Situation deutlich von der in den alten Ländern, wo sich durch den fortgesetzten Strukturwandel die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe beständig verringert.

In der Tat weist die Statistik eine stabile Zahl von Betrieben aus, wogegen sich der Strukturwandel im früheren Bundesgebiet sehr deutlich auch in Zahlen widerspiegelt (Tabelle). Allerdings steckt auch hinter den ostdeutschen Zahlen eine Dynamik, die nicht auf den ersten Blick sichtbar wird: Kleinere Betriebe gingen auch im Osten in größere Unternehmen auf, dafür gab es Ausgründungen, zum Beispiel von Mutterkuh- oder Ökobetrieben.

Ungefähr die Hälfte der landwirtschaftlich genutzten Flächen werden durch juristische Personen, wie Genossenschaften oder Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH), und weitere rund 22 % durch Personengesellschaften mit jeweils weit über dem Bundesdurchschnitt von 66,3 ha liegenden Betriebsgrößen bewirtschaftet.

Auch mit Blick auf die Besitzverhältnisse gibt es daher deutliche Unterschiede zur Situation in den alten Ländern, wo knapp 90 % der Flächen von Einzelunternehmen bewirtschaftet werden. Lag 1995 der Pachtanteil an den von den landwirtschaftlichen Betrieben in den neuen Ländern bewirtschafteten Flächen noch bei 90 %, ist dieser in den vergangenen Jahren nicht zuletzt als Folge der konsequenten Privatisierungspolitik kontinuierlich zurückgegangen. Im Jahr 2016 waren nur noch rund 67 % der bewirtschafteten Flächen Pachtflächen.

Sinkender Anteil an der Wertschöpfung

Als Folge einer vergleichsweise geringen Viehhaltung sowie von Betriebsgrößen, die den Einsatz arbeitssparenden technischen Fortschritts begünstigen, ist der Arbeitskräftebesatz im Osten vergleichsweise niedrig. So standen im Jahr 2016 rund 1,7 Arbeitskrafteinheiten je 100 ha landwirtschaftlich genutzte Fläche (LF) in den neuen Ländern rund 3,6 Arbeitskrafteinheiten je 100 ha LF in den alten Ländern gegenüber.

Den Bericht zur Deutschen Einheit stellte der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Marco Wanderwitz, im Bundestag vor. (c) imago/ Christian Spicker

Die Landwirtschaft spielt nach wie vor in vielen ländlich geprägten Regionen der neuen Länder eine wichtige wirtschaftliche und gesellschaftliche Rolle. So lag der Anteil der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft an der Bruttowertschöpfung der Gesamtwirtschaft im Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2018 in den ostdeutschen Ländern bei 1,6 % (Deutschland: 0,8 %). Den höchsten Anteil unter allen Bundesländern wies Mecklenburg-Vorpommern mit 2,6 % auf. Allerdings hatte der Anteil an der Bruttowertschöpfung der Gesamtwirtschaft im Osten im Durchschnitt der Jahre 1991 bis 1993 noch bei 2,7 % gelegen.

Sehr weit gestreuter Waldbesitz

Von den 11,4 Mio. ha des deutschen Waldes liegen 3,3 Mio. ha (29 %) im Osten. In diesen Ländern ist das Waldeigentum zu 7 % Bundes-, 33 % Landes-, 10 % Körperschafts- und 50 % Privatwald. Während der Bundeswald im Vergleich zum übrigen Bundesgebiet häufiger vertreten ist, hat der Körperschaftswald einen geringeren Anteil. Mit 42 % Flächenanteil weisen die neuen Länder einen hohen Anteil des Kleinstprivatwaldes unter 20 ha Wald am Privatwald auf. Seit der Wiedervereinigung kann festgestellt werden, dass die Waldeigentumsarten und -Größenklassen in den neuen Ländern mittlerweile weitgehend dem Bundesdurchschnitt entsprechen.

Neben leistungsfähigen Forstverwaltungen wurden in den ostdeutschen Ländern auch in großem Umfang Forstbetriebsgemeinschaften gegründet. Laut Bericht existieren 822 anerkannte Forstbetriebsgemeinschaften mit 56.295 Mitgliedern, die zusammen 437.125 ha Wald besitzen.