Virales Video: Danke, liebe Bauern!

Zu Weihnachten denken Menschen aneinander. An die Bauern wird dabei selten gedacht. Claas hat ihnen in einem Film Danke gesagt – und damit einen Nerv getroffen.

Ein „Danke“ ist viel wert. Es zeugt von Wertschätzung, Respekt und Anerkennung. Die Bauern bekommen davon meist auch etwas ab, und sei es auch erst dann, wenn das Weihnachtsessen bei ihnen abgeholt wird. Für einen anderen Teil der Gesellschaft ist die Arbeit der Landwirtschaft aber selbstverständlich geworden. Sie bedarf keiner weiteren Erwähnung. Sie ist auf dem Blickfeld verschwunden, obwohl jeder tagtäglich mit ihr konfrontiert wird.

In Zeiten, in denen Bauern auf die Straße gehen müssen, um für Ihre Zukunft einzutreten, ist ein Danke oft mehr Wert, als vieles andere. Genau deswegen kam der Film bei ihnen gut an. Es ist das Lob, das vielen fehlt, wenn sie von Trecker oder Stall nach Hause kommen.
Und auch wir schließen uns an und sagen: Danke, liebe Bauern!

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Direktzahlungen 2019: Prämien vor Weihnachten auf Konten

Für die Landwirte in Sachsen-Anhalt kommt pünktlich zum Fest der sehnlich erwartete Geldsegen mit den Direktzahlungen aus Brüssel. Die Mittel der Ersten Säule werden ausbezahlt.

Die Direktzahlungen für das Jahr 2019 werden in Sachsen-Anhalt am 20. Dezember 2019 (Zahltag) an die landwirtschaftlichen Betriebe ausgereicht, sodass die Gelder in der Regel am 23. Dezember 2019 auf den Konten der Bauern sein sollten. Wie das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie auf Nachfrage der Bauernzeitung mitteilte, erhalten hierzulande 4.251 Antragsteller Direktzahlungen für eine Prämienfläche von ca. 1,15 Mio. ha Land.

Gesamtvolumen der Direktzahlungen Bei über 300 Millionen Euro

Das Gesamtvolumen der zu überweisenden Direktzahlungen 2019 beläuft sich demnach auf 303,158 Mio. €. Davon entfallen 198,627 Mio. € auf die Basisprämie, 97,131 Mio. € auf die Greening-Prämie für Klima- und Umweltschutz förderliche Landbewirtschaftungsmethoden, 6,222 Mio. € auf die Umverteilungsprämie, von der insbesondere kleine und mittlere Betriebe profitieren, 115.200 € auf die Kleinerzeugerprämie sowie 1,063 Mio. € auf die Junglandwirteprämie.

Die Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete (AGZ) erhielten 879 Antragsteller in Sachsen-Anhalt, ausbezahlt wurden insgesamt rund 5,595 Mio. €. Zahltag hierfür war der 5. Dezember 2019.

Die Ausgleichszulage wird aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) gewährt, der Zweiten Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Die Direktzahlungen kommen demgegenüber aus dem Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL), der Ersten Säule der GAP.

Am ZTT in Iden entstehen Viehställe der Zukunft

Die Altmärker Außenstelle der Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau Sachsen-Anhalt soll zum Kompetenzzentrum für die Nutztierhaltung weiterentwickelt werden. Ein erster Vertrag hierfür ist unterzeichnet.

Von Detlef Finger

Das Zentrum für Tierhaltung und Technik (ZTT) in Iden wird zu einem Kompetenzzentrum für art- und umweltgerechte Nutztierhaltung weiterentwickelt. An der Altmärker „Filiale“ der Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau Sachsen-Anhalt (LLG) werden die überbetrieblichen Ausbildungsstätten und die Stallanlagen für die Rinder- und Schweinehaltung saniert. Dafür haben das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie und die Landgesellschaft Sachsen-Anhalt in Magdeburg einen Generalplanungsvertrag unterzeichnet.

Wie das Ministerium mitteilte, umfasst die Baumaßnahme den Neubau der Milchviehanlage für 400 Milchkühe und die bauliche Erweiterung des Ausbildungsstalls Schweinehaltung um einen Maststall mit 960 Plätzen. Zudem wird die Sauenhaltung umgebaut.

Moderne Nutztierhaltung am ZTT

Mit den Investitionsmaßnahmen für das ZTT am Standort Iden sollen beispielgebende Lösungen einer modernen Nutztierhaltung zur Sicherung des Tierwohls sowie umwelt- und ressourcenschonende Haltungsverfahren geschaffen werden. Ziel sei die Entwicklung, Etablierung und Verbreitung neuer, den Belangen des Tierwohls in besonderer Weise Rechnung tragender, gleichzeitig aber auch wirtschaftlicher Haltungsverfahren, die sich am Stand von Wissenschaft und Forschung orientierten.

Das ZTT Iden sichert folgende Aufgabenbereiche ab:

Schweinetag: Markt trägt Mehrkosten nicht

Mit einer zukunftsfähigen Schweinehaltung in Deutschland beschäftigte sich der Mitteldeutsche Schweinetag. Es ging um die Vereinbarkeit von Gesellschaft, Politik und Tierhaltung. Aus der Wissenschaft gab es Praxistipps. 

Von Bettina Karl

War es ein Zufall, dass diese Veranstaltung ausgerechnet nahe Halle stattfand? Der Stadt, in der einst ein Glitzerschwein für Furore sorgte? Der Sage nach soll sich ein Schwein in einer Wasserlache gesuhlt haben, in der sich Salzkristalle befanden. Die vielen Moleküle in seinem Fell glitzerten in der Sonne, als es anschließend durch die Straßen wetzte. So sollen die ersten Salzquellen entdeckt worden sein – die der Stadt Halle zu späterem Wohlstand verhalfen.


Wohlstand? Für Schweinehalter gibt es so viele Auflagen, die mit enormem Mehraufwand und hohen Zusatzkosten verbunden sind, dass sich momentan die Frage stellt: Wie sieht überhaupt eine zukunftsfähige Schweinehaltung aus? Damit beschäftigte sich der Mitteldeutsche Schweinetag.

Wir brauchen jeden Schweinehalter!

Nach Aussagen von Peter Ritschel produziert Deutschland zwar ein Fünftel des Schweinefleisches in Europa. „2018 hatten wir in Deutschland 1,8 Mio. Zuchtsauen. Im Vergleich sind das 2,8 % weniger als 2010“, erklärte der Mitarbeiter des Thüringer Landesamtes für Landwirtschaft und ländlichen Raum (TLLLR).

Der Trend sei unverkennbar. Es hören immer mehr Sauenhalter auf. „Doch die Zahlungsbereitschaft der Verbraucher wird die Mehrkosten der Schweinehalter, die durch Tierwohlmaßnahmen entstehen, nicht ausgleichen“, stellte er fest und begründete seine Aussage auch mit einer Studie des globalen Mess- und Datenanalyse-Unternehmens Nielsen. Demnach achten 65 % der Verbraucher auf Sonderangebote. Nur ein Viertel sei bereit, mehr für Lebensmittel zu bezahlen. Er appellierte an das Fachpublikum: „Wir brauchen jeden einzelnen von Ihnen, jeden Ferkelerzeuger und Mäster!“

Tierwohlgerechte Aufzucht kostet mehr. (c) Sabine Rübensaat

Dr. Ingo Zopf, Abteilungsleiter aus dem Thüringer Landwirtschaftsministerium (TMLL), versuchte, den Schweinehaltern Hoffnung nach der kürzlich verkündeten Schließung des Schlachthofes in Altenburg zu machen: „Wir haben darüber nachgedacht, wie wir wieder regionale Schlachtstätten in Thüringen schaffen können.“ Beschlossen sei aber offensichtlich noch nichts.

Bezüglich des Verbots der betäubungslosen Ferkelkastration ab 2021 sei immer noch vollkommen unklar, welches Verfahren sich durchsetze. Impfung mit Improvac oder die Betäubung mit Isofluran – alles sei möglich. Er befürchte, dass die Beihilfen dazu nicht ausreichen werden und verwies auf eine Studie der Universität Halle zur Bereitschaft, mehr für Fleischprodukte zu bezahlen.

Darin wird festgestellt, dass die Verbraucher das eine sagen, aber das andere machen. Viele richteten ihre Erwartungen an die Politik. In diesem Zusammenhang zitierte er Prof. Folkhard Isermeyer vom Thünen-Institut: „Der Markt wird es überhaupt nicht richten, das kann nur die Politik.“

Julia Klöckner, Bundeslandwirtschaftsministerin, erklärte in ihrer Videobotschaft auf dem Mitteldeutschen Schweinetag: „Wenn wir wollen, dass Schweine im Außenbereich gehalten werden, dann müssen Fragen des Emissionschutzes und des Baurechts gelöst werden. Mit Horst Seehofer, dem Bundesinnenminister, habe ich mich geeinigt, dass das Baugesetzbuch geändert und es möglich sein wird, Ställe umzubauen, ohne dass sie ihren Bestandsschutz verlieren.“

Dr. Simone Müller (TLLLR), die den ersten Teil der Veranstaltung moderierte, stellte fest, dass beim Haltungskompass des Lebensmitteleinzelhandels (LEH) deutlich mehr als die Hälfte der Betriebe noch in der Haltungsform  1 eingestuft sind, was dem gesetzlichen Mindeststandard entspreche. In diesem Zusammenhang forderte auch sie, dass es für die gewünschten Veränderungen in der Nutztierhaltung politische Rahmenbedingungen brauche.

Soja, INSEKTENBURGEN und Fleisch aus Zellkulturen?

Dr. Bernhard Polten vom Bundeslandwirtschaftsministerium stellte sich der Diskussion. Neben ihm: Simone Müller, eine Moderatorin der Veranstaltung. (c) Bettina Karl

Ein „Extremisieren“ mit immer höheren Forderungen kritisierte Dr. Bernhard Polten, Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), an. „Die Krux dabei ist, dass es Tier- und Naturschutzverbände gibt, die nicht miteinander reden. Aber die Politik muss alles miteinander verbinden. Nach der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) werden die Menschen zukünftig weniger Fleisch essen oder dafür einen Fleischersatz. Als Beispiele
nannte er:

Viele junge Leute denken so. Sie sind der Meinung, sie können auch anders essen. Hinzu kommt der demographische Wandel. Der Anteil der über 60-Jährigen wird steigen. Aber diese Bevölkerungsschicht nimmt weniger Protein zu sich. Polten gab zu bedenken, dass die Tierschutzdiskussion nur in Europa geführt werde.
Diese Debatten gebe es auf dem Weltmarkt nicht.

Er wies darauf hin, dass Tierwohlkompetenzzentren geschaffen werden, die man im Dezember vorstellen werde. Gleichzeitig bat er das Publikum, das zu einem großen Teil aus Schweinehaltern bestand, Kritik aufzugreifen, aber auch konstruktive Vorschläge zu machen. „Gute Vorschläge müssen wir rechtzeitig in die Diskussion einbringen.“

Hat die Schweinebranche etwas verpennt?

„Vor zehn Jahren hieß es: weg von den Bedientheken, weil die Leute alle schnell einkaufen wollten. Heute richten wir Bedientheken wieder ein, denn die Verbraucher wollen Face-to-Face-Kontakt“, erklärte Dr. Clemens Dirschel, Kaufland, in seinem Vortrag zu Fragen der Verbraucher und den Antworten des Lebensmitteleinzelhandels. Das heißt, es gibt also nicht nur in der Landwirtschaft einen Wandel, stellte er fest. Der Markt für Geflügelfleisch wächst, die Nachfrage nach Schweinefleisch ist dagegen rückläufig, auch bei Kaufland.

Da muss man sich fragen, ob die Schweinefleischbranche etwas verpennt hat? Denn Schweinefleisch ist ein Kulturgut. Als Beispiele nannte Dirschel traditionelle Thüringer Bratwürste und Schweinbäckchen.

Es gebe ein Spannungsfeld zwischen Genuss und Gesundheit, und einen Wertewandel hin zur Individualisierung. Es gehe darum, neue Bedürfnisse der Bevölkerung aufzugreifen. Dabei ist eins wichtig: die Lebensqualität. Der Trend geht zudem hin zu einem mulitoptionalen Verbraucherverhalten. Das heißt, alles ist möglich: Montags beim Discounter einkaufen, dienstags auf dem Bauernmarkt, mittwochs ein Fertigprodukt und donnerstags was Frisches vom Biohof. Das bedeutet, es gibt nicht mehr den typischen Kauflandkunden.

Die Ansprüche an das Fleisch wachsen, wachsen und wachsen. Dabei gibt es viele Zielkonflikte zu beachten wie guter Geschmack, der aber nur durch einen gewissen Fettanteil erreicht werden könne, erklärte der Einzelhandelsexperte und beschrieb das Qualitätsfleischprogramm Kaufland Schwein. Dazu gehören:

(c) Bettina Karl (Repro)

Was kostet Tierwohl wirklich?, fragte Dr. Jürgen Müller (TLLLR) und nannte als Beispiel die Mehrkosten dafür in der Ferkelproduktion. Es seien nicht nur die zusätzlichen Investitionen für die neuen Haltungsformen. Die Ferkel nehmen unter diesen Bedingungen (mehr Bewegung) weniger zu. Es gibt also auch noch weitere finanzielle Abzüge. In der Stufe 3 des staatlichen Tierwohlkennzeichens wird die Säugephase von 28 auf 35 Tage verlängert. Das bedeutet, der Sauenhalter braucht auch mehr Platz (die Ferkel wachsen). Entweder wird die Zahl der Sauen im Laufe der Zeit reduziert, oder der Stall baulich ergänzt.

Zu den Festkosten für den gesetzlichen Mindeststandard in der Haltung von 16,96 € pro erzeugtem Ferkel und Jahr (gerechnet mit 29 Ferkel pro Sau bei 8 kg: 491,94 € pro Tierplatz und Jahr in Abhängigkeit von der Auslastung) kommen in Stufe 1 des staatlichen Tierwohlkennzeichens 2,42 €, in der Stufe zwei 4,85 € und in der Stufe drei 9,69 € pro erzeugtes Ferkel an Kosten dazu. Mehraufwendungen gebe es auch, wenn Raufutter in die Gülle gelangt.

Mehr Tierwohlaspekte im Stallbau

„Wir brauchen endlich ein Gesetz, mit dem wir Planungssicherheit haben“, eröffnete Bernhard Feller, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, seinen Vortrag. Es müsse mehr getan werden, als nur den Mindeststandard zu erfüllen. In seinem Vortrag ging der Stallbauexperte zunächst auf die Vorstellungen einer idealen Tierhaltung ein: Diese sind unter anderem: Freilandhaltung, artgerechte Haltung, ausreichend Platz, ein gesundes und nicht zu schnelles Wachstum oder der Verzicht auf Antibiotika sowie Futtermittel ohne Gentechnik.

Als Ziele der Stallbauplanung der Zukunft sieht Feller mehr Tierwohl durch veränderte Haltungs- und Aufstallungstechnik, die Emissionsminderung durch angepasste Fütterung und die Steigerung der Verbraucherakzeptanz. Hinsichtlich dessen fasste er folgende Probleme zusammen:
Die Wünsche von Tierschützern und Verbrauchern, Landwirten und Tierärzten sind nur schwer unter einen Hut zu bringen.

Futter für steigende Ansprüche

„Die Ställe, wie wir sie heute noch haben, sind ein Produkt aus einer Zeit, in der es nur um Arbeitswirtschaftlichkeit ging. Damit können wir heute nicht mehr arbeiten“, eröffnete Dr. Eckhard Meyer, Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG), Köllitsch, seinen Vortrag über Futter und Fütterungstechnik für heute und morgen. Es müsse gelingen, eine Verfahrenstechnik zu entwickeln, welche die Anforderungen von heute mit der Arbeitswirtschaftlichkeit verbindet.

Es gehe nicht nur um eine effiziente Aufbereitung, den Transport und die Bereitstellung von Futter, sondern auch, die steigenden Ansprüche an Leistung und Gesundheit der Tiere zu erfüllen und die Umweltrelevanz (Stoffstrombilanz) zu verstehen. Die Fütterung, gemessen an der Haltung unkupierter Schweine, muss Beschäftigung bieten, strukturiert sein, beruhigend wirken – mit möglichst wenigen Myko- und Endotoxinen – und die Darmgesundheit unterstützen. Sollten zwei Futterstrecken vorgesehen sein, bietet die erste das Hauptfutter mit einem optimierten Energiegehalt, die zweite das Beschäftigungsfutter mit zum Hauptfutter passenden Eigenschaften.

A2-Milch – was ist dran am Mythos?

A2-Milch soll gesünder sein als gewöhnliche A1-Milch. Sie wird daher in Australien, Neuseeland oder in der Schweiz sogar teuer vermarktet, obwohl dieser Mehrwert wissenschaftlich nicht erwiesen ist.

Von Andreas Höflich, Christine Höflich und Anke Römer

Milch ist vor allem wegen des Eiweißgehaltes für die menschliche Ernährung so wertvoll. Mit der Tierzucht hat sich die größte Eiweißfraktion – das Kasein – durch eine Mutation verändert. Das beta-Kasein (circa 36 % aller Kaseine) trat früher nur in der Variante A2 auf. Durch geringfügige Veränderungen in der Aminosäurestruktur lässt sich heute auch der Typ A1 nachweisen. Während bei Büffelmilch immer noch ausschließlich beta(ß)-Kaseine des Typs A2A2 auftreten, kann die Milch von Deutsch-Holstein-Kühen sowohl die Typen A1 als auch A2 in den Kombinationen A2A2, A2A1, A1A1 enthalten. Breite Untersuchungen an Holstein-Kühen ergaben eine Verteilung von 55 % A2A2-Typ und 45 % A2A1 und A1A1-Typen.  Bei Fleckvieh ist der Anteil A2A2 etwas höher und liegt bei etwa 70 %. Dagegen ist die Verteilung bei Jersey-Kühen 50:50 % und bei Guernsey 96:4 % (van Eenennaam et al. 1991). 

A2-Milch: Studien sind nicht signifikant

Erforscht wurden die ß-Kaseine der Kuhmilch intensiv bereits in den 90er-Jahren.  Einen Hype um diese Eiweißfraktionen gab es, als die australische Firma A2-Corporation sich den Namen A2-Milch lizensieren ließ und Milch von Kühen des A2A2-Typs (genetisch determiniert) als „Gesundheitsmilch“ zu deutlich höheren Preisen vermarktete und dies bis heute tut. Hintergrund dieser Deklaration ist die Annahme, dass A1-Kaseine durch das bei der Verdauung gebildete Peptid Casomorphin-7 (BCM-7) Krankheiten wie Diabetes Typ 1, Herz-Kreislauf und neurologische Erkrankungen (unter anderem Autismus, Schizophrenie) begünstigen. Das wäre natürlich ein guter Grund, die Zucht auf A2A2-Träger auszurichten. Jedoch konnten die gesundheitlichen Beeinträchtigungen von A1-Milch bisher nicht wissenschaftlich nachgewiesen werden, somit auch nicht die Vorteile der A2-Milch. Umfangreiche Auswertungen aller bisher publizierten Studien zu dieser Thematik ergaben, dass ein Teil der Studien nicht umfangreich, andere nicht exakt genug für signifikante, belastbare Ergebnisse waren. Relevante Studien konnten keine negativen Auswirkungen auf die oben genannten Krankheiten feststellen (Kapp et al., 2017; de Gaudry et al., 2019). 


Die Autoren

Andreas Höflich
Institut für Genombiologie am Leibniz-Institut für Nutztierbiologie (FBN)

Christine Höflich
Ligandis Biomarker Diagnostik

Anke Römer
Institut für Tierproduktion der LFA MV


Das Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel (MRI) bestätigt, dass ein normaler Verzehr von Milch und Milchprodukten kein erhöhtes Krankheitsrisiko birgt, sondern sogar das Risiko für Herz-Kreislauf-Krankheiten, Bluthochdruck und Altersdiabetes leicht verringert. In einigen Artikeln wird von einer besseren Verträglichkeit der A2-Milch bei Laktoseintoleranz berichtet. So zum Beispiel in einem Versuch mit 600 Chinesen. Jeder trank zunächst 300 ml normale Milch (A2A1) und nach einer siebentägigen Pause 300 ml A2A2-Milch. Nach der A2-Milch gaben die meisten Probanden an, weniger Blähungen und Darmbeschwerden zu haben und weniger häufigen Stuhlgang mit besserer Konsistenz (He et al., 2017). In einer ganz aktuellen eigenen Pilotstudie wurden Effekte von BCM-7 in menschlichen Darmzellen untersucht (Ballentin, 2019). Die Effekte waren jedoch nicht verschieden von den Effekten der verwendeten Kontrollsubstanz. 

A2-Milch Nicht besonders gesundheitsfördernd 

Aufgrund der nicht bewiesenen gesundheitlichen Vorteile der A2-Milch ist die Bewerbung und Auslobung dieser Milch innerhalb der Europäischen Union (EU) untersagt. Diese Milch darf in den EU-Ländern nicht als besonders gesundheitsfördernd verkauft werden. Trotzdem verkauft sich die namentlich geschützte A2-Milch in Australien, Neuseeland, den USA und anderen nichteuropäischen Staaten sehr gut. Allein der Glaube an positive gesundheitliche Wirkungen lockert die Portemonnaies. Auch in der Schweiz ist A2-Milch seit November 2019 im Handel. Die Landwirte bekommen für die Milch ihrer reinrassigen A2A2-Kühe einen leicht höheren Preis als für Schweizer Biomilch (73 cr). 

Auf A2-Genetik umzüchten?

Regional wird auch in Deutschland Milch mit der Eiweißstruktur A2A2 höherpreisig verkauft. Im Allgäu wird beispielsweise A2-Urmilch von Rewe und Edeka zu einem Preis von 1,69 € angeboten, in Niedersachsen sollen sogar 1,99 € für einen Liter A2-Milch ausgelobt worden sein.

Falls irgendwann eine gesundheitsfördernde Wirkung der A2-Milch nachgewiesen werden kann oder unsere Molkereien mit diesem Produkt außereuropäische Märkte erschließen, wäre eine Umzüchtung auf reinrassige A2A2-Vererber sinnvoll. In Bullenkatalogen wird die jeweilige Eiweißgenetik ausgewiesen. 

Allerdings – wenn jeder A2-Milch produziert, ist sie nichts Besonderes mehr und verdient auch keinen höheren Preis. Wie oben erwähnt enthält Büffelmilch ausschließlich beta-Kasein der Variante A2. Aus diesem Grund wurde in Niedersachsen ein bestehendes Schulmilchprojekt bereits auf Büffelmilch umgestellt.

Weitere Nachrichten aus den Bundesländern

Wie laufen sie denn?

Gesunde Klauen der Milchkühe sind für jeden Tierhalter erstrebenswert. Doch Lahmheiten können viele Ursachen haben. Vorbeugende Maßnahmen und eine gute Beobachtung lohnen sich immer. (€)

Von Dr. Ingrid Lorenz, Tierärztin, Tiergesundheitsdienst Bayern e. V.

Rinder sind von Natur aus Weichbodengänger. Das heißt, Kuhklauen sind optimal an stundenlanges Gehen beim Grasen auf der Weide angepasst. Das Stehen und Gehen auf harten Betonböden in der modernen Laufstallhaltung strapaziert hingegen die Klauen oft über ihre Belastungsgrenze hinaus. Die Folge sind Lahmheiten, die durch schmerzhafte Klauenerkrankungen hervorgerufen werden. Dies ist natürlich mit Schmerzen und Leiden für die Kuh verbunden, hat aber auch gravierende ökonomische Folgen. 

Die Kosten für einen Fall von hochgradiger Lahmheit werden auf bis zu 850 € geschätzt. Hier kommen zu den offensichtlichen Kosten für die Behandlung vor allem auch Verluste durch geringere Milchleistung und Fruchtbarkeitsstörungen hinzu. Neben einer regelmäßigen professionellen Klauenpflege, die auf jeden Fall zwei- bis dreimal im Jahr durchgeführt werden sollte, gibt es viele Faktoren, die die Klauengesundheit beeinflussen.


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Die Lupine – ein Multitalent

Nach fünf Jahren endet im Dezember die Förderung durch die Eiweißpflanzenstrategie des Bundes – und damit die Arbeit des Lupinennetzwerkes. Die Abschlussveranstaltung in der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern zeigt einige Verbesserungen in Anbau und Verwertung, aber auch noch einige Baustellen.

Von Catrin Hahn

Die Konferenz in Güstrow demonstrierte einen Monat vor Ablauf des Förderzeitraumes das breite Spektrum, das unter Leitung des Lupinennetzwerkes in den vergangenen fünf Jahren bearbeitet wurde.  Insgesamt 50 Berater und Betriebe aus Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen haben in dieser Zeit Unternehmensstrategien für den Einsatz von Lupinen entwickelt und damit die Möglichkeiten für den Anbau sowie Verwertungsmöglichkeiten demonstriert. Die Themen reichten von der Saatguterzeugung über den Einsatz in der Milchvieh- und Schweinefütterung bis zur Vermarktung für die Herstellung von Lebensmitteln.

Die Erfahrung mit der Lupine bleibt, auch wenn die Förderung endet!

Mit insgesamt 2,25 Mio. € hatte das Bundeslandwirtschaftsministerium über den Projektträger, die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung BLE, das Lupinennetzwerk gefördert. Als Partner waren neben dem Koordinator, der Landesanstalt für Landwirtschaft und Fischerei in Mecklenburg-Vorpommern, auch die Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau aus Sachsen-Anhalt, die Landwirtschaftskammern aus Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, das Leibnitz-Zentrum für Agrarforschungssysteme (ZALF), die LMS Agrarberatung GmbH sowie das Landesamt für Ländliche Entwicklung, Landwirtschaft und Flurneuordnung Brandenburg beteiligt. 

Blaue Lupine in der Blüte. © Sabine Rübensaat

Dr. Peter Sanftleben, Direktor der Landesforschungsanstalt Mecklenburg-Vorpommern, fasste die Entwicklung des Projektes in seiner Begrüßung zusammen: „Wir haben Licht und Schatten gesehen: Nach anfänglich stärkeren Fortschritten ließ das 2017 ausgesprochene Pflanzenschutzverbot auf Greeningflächen den Anbau wieder einbrechen. Aktuell liegen wir deutschlandweit bei 1,7 % Leguminosenanbau, in Mecklenburg-Vorpommern sind es 2,3 %.

Das ist nicht genug. Es gibt für den Leguminosenanbau ein Potenzial bis 10 %. Die Kulturen sind Multitalente, die sowohl für die Fruchtfolgen als auch für den Pflanzenschutz und die Treibhausgasbilanz Vorteile bereithalten. Sie fördern die Biodiversität und bieten Eiweißalternativen – sowohl in  der Tier- als auch der Humanernährung.“ Sanftleben gab seiner Hoffnung Ausdruck, dass die Ackerbaustrategie der Bundesregierung hier Wege eröffnet.

In seinem anschließenden Grußwort gab der Staatssekretär im Landwirtschaftsministerium Mecklenburg-Vorpommerns, Dr. Jürgen Buchwald, bekannt, dass auf Länderebene bereits Pläne für die Fortführung nach Ende der Projektfinanzierung existieren: „Wir stellen von 2020 bis 2023 je 100.000 € aus Landesmitteln für die LFA zur Verfügung, damit die Lupine wieder einen festen Platz in der Fruchtfolge bekommt.“

Dr. Hanns-Christoph Eiden, Präsident der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) Eiden, BLE, betonte im Namen des Projektträgers: „Die Erfahrung bleibt, auch wenn die Förderung endet.“ Er rechnet ab 2021 mit Mitteln aus der Klimastrategie des Bundes für den Eiweißpflanzenanbau: „Welche konkreten Maßnahmen damit umgesetzt werden, wird im kommenden Jahr festgelegt.“

Das Interesse wächst

Dr. Annett Gefrom (Lupinennetzwerk) © Catrin Hahn

Dr. Annett Gefrom, die Koordinatorin des Netzwerkes, fasste anschließend die Ergebnisse der fünfjährigen Arbeit zusammen. „Die Netzwerkarbeit hat viele Vorteile sichtbar gemacht. Aber auch Anbauprobleme, die weiterzuverfolgen sind. Nachdem viele Jahre nur blaue Lupinen zur Verfügung standen, stehen seit 2018 nun auch wieder drei weiße, anthraknosereistente Sorten auf der Sortenliste. Auch für die gelbe Lupine wird es demnächst Sorten geben.“

Im Ökobereich ist mangels Eiweißalternativen ein starker, sicherer Anbau zu konstatieren. Im konventionellen Bereich, erklärt Gefrom,  fehlt es noch an gesicherten Verwertungsketten. Hier sei oft noch die betriebseigene Verwertung in der Fütterung das Mittel der Wahl. Allerdings ergibt sich auch ein wachsendes Interesse der Mischfutterindustrie, wie Initiativen wie die der „Deutsche Tiernahrung Cremer“ DTC zeigen. Deren Mischfutterwerk im brandenburgischen Herzberg produziert das Futtermittel Lupicon mithilfe der patentgeschützten, im Haus entwickelte Opticon-Technologie.

Aber auch in der Eigenverwertung konnte Gefrom einige Innovationen in der Futternutzung vorstellen, zum Beispiel die Nutzung als Feuchtsilage, GPS oder nach Anhängertrocknung.

Ein interessantes Projekt ist die Entwicklung von Fischfutter für die Wolfsbarscherzeugung, die am Bremer Alfred-Wegener-Institut entwickelt wurde.

Elke zu Münster (Brotbüro) © Catrin Hahn

In Sachen Humanernährung haben die letzten Jahre viele Innovationen hervorgebracht. Darunter die Neuerungen der Brotbüro GmbH, deren Geschäftsführerin Elke zu Münster in Güstrow die Angebote des Unternehmens vorstellte. Das in Hamburg ansässige Unternehmen startete mit der Vermarktung von Lupinenmehl an Bäckereien. Neben dem Lupinenbrot gibt es heute aus der ökologisch angebauten weißen Lupine, die für das Brotbüro im Vertragsanbau erzeugt werden, eine Aufstrichmarke „Lupi Love“ sowie weitere Produkte wie Kaffee, Fleischersatzprodukte Mehle und Tempeh (ein fermentiertes Produkt zum Braten, ähnlich Tofu).

Die Unternehmen, die die weiße Lupine für das Brotbüro erzeugen, befinden sich in den Bundesländern Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen.

Aber auch die stoffliche und energetische Nutzung kam während der Projektzeitraums zu Sprache: Wie Dr. Gefrom mitteilte, widmeten sich auch Forschungsprojekte zum Beispiel der Biomasseerzeugung durch Gemengeanbau von Mais und Andenlupine. Auch dieses Projekt Lumi Opt gilt als Leuchtturm der Projektlaufzeit.

Jede lupinenArt muss extra bearbeitet werden

Dr. Herwart Böhm vom Thünen-Institut für Ökologischen Landbau informierte die Gäste über einige anbautechnische Fragen zum Lupinenanbau. „Es ist eine vielfältige Gattung, und jede Art muss natürlich einzeln bearbeitet werden“, begann er. Die Überwindung der ruinösen Anthraknose hat die Züchter neue Hoffnung schöpfen lassen. Schwierig aufgrund der wenigen Zulassungen ist die Unkrautunterdrückung. Auch hier, empfahl Böhm, könne bei einigen Nutzungsrichtungen der Gemengeanbau eine Hilfe sein.

Dr. Herwart Böhm (Thünen-Institut für ökologischen Landbau) © Catrin Hahn

Als schwierig habe sich vor allem in den letzten beiden heißen Sommern der Alkaloidgehalt der Sorten herausgestellt. Sorten für die menschliche Ernährung dürften nur 0,2 % Alkaloide enthalten, diesen Wert hatten weiße Lupinen öfter überschritten. Hier müsse die Züchtung für Abhilfe sorgen.

Dr. Harald Schmidt von der Stiftung Ökologie & Anbau, der für zahlreiche Anbauversuche verantwortlich war, konnte gleich im Anschluss für einige Anbauprobleme Lösungsvorschläge unterbreiten. So sei eine hohe Bestandesdichte ein Weg zur Unkrautregulierung. „Blaue Lupinen können kaum zu dicht stehen“, riet er. Zu beachten sei ein nicht zu extensiver Anbau, der würde sich unmittelbar auf die Erträge auswirken. Eine tiefe Bodenbearbeitung scheine sich auszuzahlen. Natürlich ist ein hoher Knöllchenbesatz wichtig. In diesem Zusammenhang wies er auch auf den Blattrandkäfer hin, dessen Larven besonders gern die Knöllchen an den Wurzeln ausfressen. Hier forderte Schmidt eine verstärkte Forschung, da über die Käferbiologie zuwenig bekannt sei.

Weitere Anbauhinweise bezogen sich auf die Fruchtfolgeanteile der Lupinen, obwohl sie nicht so empfindlich zu sein scheinen wie Erbsen oder Ackerbohnen. Die Verwendung von Z-Saatgut nannte er als wichtig für einen gelungenen Anbau. Schmidt kündigte für Mitte nächsten Jahres eine Broschüre zum Anbau  der Lupine an.

Gelbe und weiße lupinen wieder im Rennen

Dr. Thomas Eckhardt (Saatzucht-Steinach) © Catrin Hahn

Dr. Thomas Eckhardt vom Lupinenzüchter Saatzucht Steinach, der mit seinem Unternehmen am Lupinennetzwerk beteiligt war, ergänzte aus Züchtersicht, dass bei Lupinen durchaus ein Ertragsfortschritt von 1 dt/ Jahr zu erwarten sei. Jetzt, wo nach Überwindung der Anthraknose auch die gelben und weißen Arten wieder „im Rennen“ seien, können auch andere Standortanforderungen abgedeckt werden. Züchter konzentrierten sich bei der Arbeit in erster Linie auf den Ertrag „den kriegt der Landwirt schließlich bezahlt“. Aber auch der Rohproteingehalt, der Alkaloidgehalt, die Anthraknoseresistenz und die Platzfestigkeit seien wichtige Züchtungsziele. 

Dr. Hubert Heilmann von der LFA Mecklenburg-Vorpommern versuchte sich anschließend an einer ökonomischen Bewertung der Kultur. Seine Beobachtungen während des Projektzeitraumes hatten ihm gezeigt, dass Lupinen im Ökolandbau relativ gut verwurzelt seien. „Sie sind wichtig für N-Versorgung. Aber die nachfolgende Kultur muss den Stickstoff auch nutzen können. Hier ist Sorgfalt beim Anbau geboten und weitere Forschung!“

Dr. Hubert Heilmann (LFA Mecklenburg-Vorpommern) © Catrin Hahn

Im konventionellen Anbau bereicherten sie zwar die Fruchtfolge, die Wirtschaftlichkeit sei allerdings manchmal zu schlecht. „Negative Deckungsbeiträge gehen nicht!“ mahnte Heilmann. Doch er sehe große Potenziale im Bereich Humanernährung: „Da geht die Post ab!“

Ebenso wie sein Vorredner Eckhardt hielt er ein Plädoyer für die modernen Züchtungstechniken. Sie sind in ihrer Präzision und den relativ kurzen Zuchtzeiträumen gerade für kleine Kulturen extrem wichtig: „Ohne sie verlieren wir die kleinen Kulturen“, ist sich Heilmann sicher. Und so klangen seine Abschlussworte auch weniger optimistisch als die anderer Redner vor ihm: „Leguminosen werden eine große Zukunft haben. Nur ob wir dabei eine Rolle spielen, da bin ich mir nicht so sicher.“

Groß Kreutzer Schaftag: Schäferstunden

Beim Groß Kreutzer Schaftag standen Lammfleischmarkt, ministerielle Unterstützung und Vorstandswahlen auf dem Programm.

Von Heike Mildner

Mitten in der Mitgliederversammlung des Schafzuchtverbandes am späten Nachmittag des 14. November vibriert Sven Ferchs Handy, kurz darauf entschuldigt er sich kurz und verschwindet: „Wir haben den Wolf zu Hause.“ Der Satz hätte vor ein paar Jahren noch Entsetzen ausgelöst, mittlerweile gehört er fast schon zum Alltag von Weidetierhaltern. 

Alle bleiben ruhig, nicht einmal Eduard Krassa, Abteilungsleiter im Landwirtschaftsministerium, wird um ein Statement gebeten. Auf Landesebene ist mit der Einigung auf Entnahme von Problemwölfen der Handlungsspielraum ausgereizt, der Herdenschutz wird besser finanziert, nun erwartet man bei stetig mehr Rudeln (53 sollen es im April gewesen sein) vom Bund eine Entscheidung zur aktiven Bestandsregelung.

„Wir müssen die Bevölkerung überzeugen, Lammfleisch aus der Region zu kaufen“

Dass Krassa überhaupt gekommen ist, freut die Schäfer. Es sei seit acht Jahren das erste Mal, das ein Abteilungsleiter zum Schaftag kommt, bemerkt Knut Kucznik, Vorsitzender des Schafzuchtvereins. Angesichts des Wechsels im Ministerium macht Krassa den Schäfern Mut: Wer wenn nicht sie würde auf dem Lande so wirtschaften, wie Grüne, Umwelt- und Naturschutzverbände es sich wünschen? „Sie leisten einen riesengroßen Beitrag zur Pflege der Kulturlandschaft und zur Produktion gesunder Lämmer“, sagt er und unterbindet ein galgenhumoriges Lachen von Schäferseite. Nein, das sei keine Floskel, und die Situation in den Betrieben sei ihm sehr wohl bekannt, so Krassa, auf die miserablen Lammpreise anspielend. „Wir müssen die Bevölkerung überzeugen, Lammfleisch aus der Region zu kaufen“, sagt der Abteilungsleiter und mit „wir“ meine er auch pro  agro: „Das ist auch Ihr Dienstleister, und es sollte Ihr Lobbyist sein!“.

Die Versammlung nimmt Krassas Beitrag zum Anlass, über Potenziale der Direktvermarktung, eine Erzeugergemeinschaft und Möglichkeiten des Schafzuchtverbandes bei der Vermarktung zu diskutieren. Die Diskussion ist nicht neu und in Gestalt der Marke „Märkisches Lammfleisch“ auch schon einmal gescheitert. Dennoch besteht Handlungsbedarf. Über den Lammverkauf bekommen die Schäfer durchschnittlich 30 % ihrer Einnahmen, derzeit jedoch entwickele sich das Lammfleisch, wie Kucznik zugespitzt formuliert, zu einem Abfallprodukt. Es soll eine Arbeitsgruppe Vermarktung im Vorstand geben, die Möglichkeiten ausloten soll. 

Fachteil und Vorstandswahlen auf dem Schaftag

Zum Fachteil des Schaftages hatte Dr. Michael Jurkschat vom LELF neben Krassa auch Johan Schütte vom Thünen-Institut Braunschweig eingeladen. Der hatte den internationalen  Lammfleischmarkt untersucht, eine eindeutige Ursache für den Preisverfall aber auch nicht ausfindig machen können. Ein wenig neidisch können deutsche Schäfer auf ihre spanischen Kollegen schauen, die über Siegel und Vermarktung extrem gefördert würden, so Schütte.

Schafttag Vorstand gewählt
Der neu gewählte Vorstand: In der vorderen Reihe Eik Bonin, Frank Hahnel, Bernd Birkhold-Weise (Stellvertreter), Knut Kucznik (Vorsitzender), Katja Behling, dahinter Reinhard Brehe, Ronald Rocher, Ralf Artelt, Karin Radzewitz, Norman Utke, Helmut Biermann, Jürgen Körner (v. l.). Es fehlen Olaf Kolecki, René Jeronimus, André Wildt und Marc Mennle. (c) Heike Mildner

Im Versammlungsteil des Schaftags gibt es u. a. eine Vorstandswahl mit einer Verabschiedung (Christoph Schumann, Prignitz) und einem Neuzugang (Katja Behling, Fläming), einen Jahresrückblick von Dr. Michael Jurkschat, die einstimmige Ehrenmitgliedschaft für Bauernzeitungsredakteur Wolfgang Herklotz (in Abwesenheit), die Vorstellung des künftigen Zuchtleiters Christoph-Johannes Ingelmann sowie die Übergabe von Medaillen des Ministeriums für besondere Zuchtleistungen in 2019, die Referatsleiter Hartmut Aust überreicht: 

Letzterer ist allerdings längst zu Hause in Altbensdorf. Seinen Schafen ist glücklicherweise nichts passiert, aber ganz in der Nähe waren drei Wölfe gesichtet worden. „Da bin ich doch lieber bei meinen Schafen als das ,Lametta‘ entgegenzunehmen“, sagt er. Zwar sei alles doppelt gesichert, aber im Ernstfall nütze das auch nicht.

Vertrauensbildende Maßnahmen

Agrarminister Axel Vogel und Staatssekretärin Silvia Bender nahmen sich viel Zeit, um den Landwirten zuzuhören: Auf der Klausurtagung des Landesbauernverbandes (LBV) gelang ein erster Austausch.

Von Heike Mildner

Hatte man sich noch am Vormittag verbandsintern über Perspektiven der Landwirtschaft in Brandenburg verständigt, öffneten sich am Nachmittag die Türen des Konferenzsaales der Heimvolkshochschule am Seddiner See für Gäste. Die prominentesten waren der neue Agrarminister und seine Staatssekretärin. Axel Vogel und Silvia Bender nahmen im Präsidium zwischen dem LBV-Vorstand Platz, sodass sie denen, für die sie in den nächsten fünf Jahren Entscheidungen treffen und umsetzen sollen, in die  Augen sehen konnten – und die ihnen auch. Und das taten sie bis auf Ausflüge Einzelner ans Rednerpult über vier Stunden.

Henrik Wendorff zählte zunächst die Baustellen auf von B wie Bisam, Biber, Beratungsrichtlinie, Bürokratie  und Blühstreifen bis U wie umweltsensible Gewässer. Die Landwirte stünden mit dem Rücken zur Wand, die Belastungsgrenze sei erreicht,  so Wendorff. Am Ende stellte er die „traditionelle Frage“ nach dem Termin der Direktzahlung verbunden mit dem Satz: „Wenn wir diese Frage nicht mehr stellen müssen, haben wir alles richtig gemacht.“ 

Axel Vogel: Brandenburg als Modellregion für nachhaltige Landwirtschaft

Axel Vogel lächelte viel und freundlich, machte aber selbstbewusst deutlich, dass sich Kontinuität und Wandel in einer Demokratie letztlich auch in Parlamentsmandaten ausdrücken. Allerdings verstehe er sich als Minister einer Koalitionsregierung. Er sei in Bayern auf einem Hof mit zwölf Kühen in Anbindehaltung aufgewachsen und habe sowohl einen volks- als auch einen betriebswirtschaftlichen Abschluss. Beide Bereiche in Einklang zu bringen und Brandenburg zu einer Modellregion für nachhaltige Landwirtschaft zu entwickeln – Axel Vogel hat sich viel vorgenommen. Wie viel, wurde im Anschluss deutlich, als sich rund zehn Verbandsvertreter von RBB bis pro  agro vorstellten und ihre Positionen und Baustellen darlegten.

Am Ende wirkten alle ein bisschen erleichtert, dass man doch ganz gut miteinander hatte reden können. Zudem: Die Direktzahlungen sollen vor Weihnachten ausgezahlt sein, kündigte Vogel an, und auch in Richtung Bürokratieabbau sei bereits ein erster Schritt getan. Viele werden folgen müssen, von beiden Seiten, wurde in Seddin deutlich.

Agrarausschuss hat sich konstituiert

Im Landtag von Brandenburg hat sich der neue Agrarausschuss gebildet. Zum Vorsitzenden wurde Wolfgang Roick gewählt, sein Stellvertreter kommt von der AfD.

Am 4. Dezember kam der Ausschuss für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz zu seiner konstituierenden Sitzung im Landtag in Potsdam zusammen. Als Ausschussvorsitzender wurde Wolfgang Roick (SPD-Fraktion), als Stellvertreter Lars Hünich (AfD-Fraktion) durch den Ausschuss gewählt. Roick ist Diplomingenieur für Forstwirtschaft und war als stellvertretender Agrarausschussvorsitzender  in der 6. Wahlperiode tätig. Lars Hünich ist gelernter Maschinen- und Anlagenmonteur, seit 2017  Landesgeschäftsführer der AfD Brandenburg und AfD-Kreisvorsitzender Potsdam-Mittelmark.

Ordentliche und stellvertretende Mitglieder des Agrarausschusses in Brandenburg sind zudem:

SPD-Fraktion
Johannes Funke, Hardy Lux, Udo Wernitz und als Stellvertreter Günter Baaske, Tina Fischer, Elske Hildebrandt und Erik Stohn,

AfD-Fraktion
Peter Drenske, Lars Günther, Kathleen Muxel und als Stellvertreter Michael Hanko, Rolf-Peter Hooge, Felix Teichner und Franz Josef Wiese,

CDU-Fraktion
Danny Eichelbaum, Ingo Senftleben und als Stellvertreter Gordon Hoffmann und Prof. Dr. Michael Schierack,

Fraktion Die Linke
Kathrin Dannenberg, Thomas Domres und als Stellvertreter, Bettina Fortunato und Christian Görke,

Fraktion GRÜNE/B90:
Isabell Hiekel und eine noch nicht benannte Person sowie als Stellvertreter Carla Kniestedt und Benjamin Raschke,

Fraktion BVB/Freie Wähler
Christine Wernicke und als Stellvertreter Dr. Philip Zeschmann.

Fachausschüsse sind parlamentarische Gremien, deren Aufgabe vor allem darin besteht, die Entscheidungen des Landtages vorzubereiten. Die Aufträge werden ihnen vom Landtag erteilt. Sie können sich aber auch aus eigener Initiative mit einer Sache befassen und dem Landtag dann Gesetzentwürfe, Anträge und Entschließungsanträge unterbreiten. Die Sitzungen der Ausschüsse sind öffentlich, die nächste Agrarausschusssitzung findet am 8. Januar, 13.30 Uhr in Raum 1.070 a/b im Potsdamer Landtag statt. mil

Leguminosen: Viele neue Sorten

Die Züchtung von Ackerbohnen und Körnererbsen wurde lange Zeit nur wenig beachtet, die Leguminosen galten als wenig attraktiv. Doch auf den Öko-Feldtagen 2019 wurden viele neue Sorten vorgestellt. Wir haben darüber mit zwei Experten vom Demonstrationsnetzwerk Erbse/Bohne gesprochen.

Welche Verbesserungen bringen die neuen Ackerbohnen und Erbsensorten mit?

Ulrich Quendt: Bei den neuen Sorten ist ein Zuchtfortschritt deutlich erkennbar, zum Beispiel an den Erträgen. Da Erbsen und Ackerbohnen sich selbst mit Stickstoff versorgen und zur Stickstoffbindung Energie von der Pflanze bereitgestellt werden muss, gehen Ertragssteigerungen bei Leguminosen jedoch langsamer voran. In den Merkmalen Krankheitstoleranz, Wuchshöhe und Standfestigkeit zeigen die neuen Sorten auch deutliche Verbesserungen.

Wer beschäftigt sich mit der Züchtung dieser Leguminosen?

Werner Vogt-Kaute: Einige Züchter betreiben Erhaltungszuchtprogramme in Deutschland oder im angrenzenden Europa. Das einzige eigene Zuchtprogramm für Sommer- und Winterformen von Körnererbsen und Ackerbohnen in Deutschland betreibt die Norddeutsche Pflanzenzucht (NPZ) in Kooperation mit der französischen Firma RAGT. Bei Ackerbohnen findet zusätzlich zu den Züchtungsprogrammen der NPZ und der Saatzucht Petersen Forschung an der Universität Göttingen statt.

Quendt: Es gibt wenige Zuchtprogramme, die die Bedürfnisse des ökologischen Landbaus im Auge haben. Aus dem Programm der Getreidezüchtungsforschung Darzau wurde erstmals 2019 eine neue Wintererbse zugelassen.


Leguminosen - Ulrich Quendt

Ulrich Quendt

Ulrich Quent ist Berater für Ökolandbau im Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen. Er koordiniert das DemoNetErBo.


Welche Forschungsprojekte zur Züchtung von Erbsen und Bohnen gibt es?

Vogt-Kaute: Zur Kombination von Winterhärte und Vicinarmut gibt es seit 2016 das Verbundprojekt „AboVici“. Hierbei soll erstmals eine Winterackerbohne gezüchtet werden, die arm an Vicin und Convicin ist. Auf Demobetrieben des DemoNetErBo werden hierbei Schauversuche mit Versuchssaatgut durchgeführt. Im Rahmen des Projektes „IMPAC³“ geht es um die Förderung des Mischanbaus in Ackerbau, Grünland und Forst, um die alte Praxis der Mischkultur wieder in moderne Anbausysteme zu integrieren. Im Bereich Ackerbau wird getestet, welche Winterackerbohnensorten am besten für einen Mischanbau mit Winterweizen geeignet sind. International gibt es zum Beispiel das „ProFaba“-Projekt, bei dem verbesserte Zuchtpraktiken und Sorten von Ackerbohnen entwickelt werden, um die heimische Proteinproduktion in der Europäischen Union voranzutreiben.


Leguminosen Werner Vogt Kaute

Werner Vogt-Kaute

Werner Vogt-Kaute ist Fachberater für den Bereich Ackerbau bei Naturland und auch im DemoNetErBo aktiv.


Stehen ausreichend Sorten für den Anbau in Deutschland zur Verfügung?

Quendt: Im Vergleich zur Sortenvielfalt bei den Hauptkulturen stehen bei den Körnerleguminosen wenige Sorten zu Verfügung. Verschiedene Kooperationen zwischen den Züchtern, Handelsorganisationen und der Forschung werden genutzt, um neue Sorten in den deutschen Markt einzuführen. Von Vorteil ist hier der europäische Binnenmarkt: Wenn eine Sorte in einem Mitgliedsstaat zugelassen ist, ist diese unmittelbar in jedem anderen EU-Staat zugelassen – also auch in Deutschland. Nachteilig ist allerdings, dass nur die in Deutschland gezüchteten Sorten auch in den Landessortenversuchen getestet werden. Von den sogenannten EUSorten wird nur ein kleiner Teil auf Standorten in Deutschland getestet. Im DemoNetErBo haben die Betriebe die Möglichkeit, Sortendemos für Feldtage anzulegen. Dafür haben wir Versuchssaatgut organisiert. Interessant war, dass dabei auch die Sorten nachgefragt wurden, die nicht in den Landessortenversuchen standen.

Vogt-Kaute: Bei einigen Arten wie Wintererbsen gibt es keine Landessortenversuche, weil diese aus anderen EU-Ländern stammen. Dabei kommt es aber immer wieder zu falschen Empfehlungen aufgrund fehlender Teilnahme an den Landessortenversuchen.

Welche Vorteile bietet der Anbau von Winterungen, und welche Bedeutung hat deren Anbau bisher in Deutschland?

Quendt: Winterungen sind für Trockenstressstandorte recht gut geeignet, da sie das Wasser besser nutzen können. Sie haben im Frühjahr einen Wachstumsvorsprung im Vergleich zu Sommerungen, kommen früher zur Blüte und reifen früher ab. Mit Frühsommertrockenheit kommen sie daher relativ gut zurecht. Auf schweren Böden können Winterackerbohnen eine Alternative sein. Wintererbsen werden insbesondere im ökologischen Anbau am besten im Gemenge mit einem Getreidepartner angebaut, da die Standfestigkeit bei den hochwüchsigen Sorten nicht gegeben ist und die kurzwüchsigen Sorten von Unkraut überwachsen werden.

Werden mit Blick auf klimatische Veränderungen in Zukunft mehr Winterungen bei Erbsen und Ackerbohnen angebaut?

Vogt-Kaute: Der Anbau von Wintererbsen und Winterackerbohnen ist in Deutschland bisher noch nicht weit verbreitet, aber es gibt eine klar steigende Tendenz. Gerade auf den klassischen Ackerbohnen-Standorten in Süddeutschland haben die Sommerackerbohnen zum zweiten Mal hintereinander aufgrund der Trockenheit enttäuscht. Hier ist das Interesse an Alternativen am größten. Glücklicherweise kommen gleichzeitig neue verbesserte Winterackerbohnen auf den Markt. Die Winterhärte der Sorten ist aber weiterhin verbesserungswürdig.



Wo liegen derzeit noch die größten züchterischen Herausforderungen, um Erbsen und Ackerbohnen interessanter für den Anbau zu machen?

Quendt: Den Kornertrag und den Proteingehalt der Körnerleguminosen zu steigern, hat weiterhin höchste Priorität. Ein wesentliches Merkmal ist dafür die Ertragssicherheit bzw. -stabilität.

Wenn das vorhandene Ertragspotenzial jedes Jahr ausgenutzt werden könnte, wäre das schon ein enormer Gewinn. Dafür müssten die Ansätze zur Verbesserung der Krankheits- und Schädlingstoleranz sowie der Standfestigkeit weiterentwickelt werden. Aber auch eine Hitzetoleranz oder gleichmäßige Abreife bei feuchter Witterung tragen zur Ertragsstabilität bei. Darüber hinaus können auch der Anbau von Sorten- oder Kulturartenmischungen sowie Populationen zur Ertragssicherung beitragen. Also eine Kombination aus pflanzenzüchterischen Merkmalen und einem verbesserten Anbau.

Vogt-Kaute: Bei den Winter-Körnerleguminosen ist die Verbesserung der Winterhärte, besonders bei den Ackerbohnen, ein Thema. Gleichzeitig müssen immer auch die Erträge steigen, um mit konkurrierenden Kulturen wettbewerbsfähig zu bleiben. Natürlich gibt es immer wieder neue Probleme, auf die Züchter reagieren müssen. Dazu gehörten in den letzten Jahren zum Beispiel Nano-Viren. Glücklicherweise scheint es hierbei zumindest bei den Ackerbohnen Sortenunterschiede in der Anfälligkeit zu geben. Die Betriebe sollten die Körnerleguminosen anbauen, die auf ihrem Standort am besten passen. Es gibt ja eine schöne Auswahl von den Erbsen und Ackerbohnen über Lupinen bis zu Wicken, Linsen und Sojabohnen.

Interview: Kerstin Spory, FiBL

Agrarbetrieb Groß Grenz: Besorgt wegen der Schweinepest

Es sind alle Sicherheitsvorkehrungen getroffen – doch nach den letzten positiven Befunden von Afrikanischer Schweinepest nahe der deutsch-polnischen Grenze herrscht beim Agrarbetrieb Groß Grenz Unruhe.

Wir tun alles, was geht. Trotzdem bleibt ein mulmiges Gefühl“, sagt Dr. Kathrin Naumann. Die Geschäftsführerin der GGAB Agrarbetrieb Groß Grenz GmbH nahe Rostock redet über die Afrikanische Schweinepest (ASP). Seit den jüngsten positiven Befunden bei Wildschweinen nicht weit vor der deutsch-polnischen Grenze hat die Unruhe unter hiesigen Schweinehaltern noch einmal zugenommen. 

Versicherung gegen Schäden aus ASP

Schon lange hat der Betrieb eine Ertragsschadensausfallversicherung, die Schäden aus der ASP abdeckt, ebenso Verluste aus dem Verkehrsverbot von Schweinen im gesperrten Gebiet und Kosten für Laboruntersuchung und Tierkörperbeseitigung. „Wir haben jetzt zusätzlich eine Ackerbauversicherung für den Fall, dass ein Schwein in unserem Stall an Pest erkrankt und Futter bzw. Ackerkulturen von unseren Äckern als Sondermüll entsorgt werden müssen oder etwa Maissilage wegen ASP nicht geerntet werden kann“, erläutert Naumann.

Schweinepest Mecklenburg-Vorpommern
Erfreulich fiel die Getreideernte aus. (c) Gerd Rinas

Regelmäßig ging es in den vergangenen Monaten um den Seuchenschutz. „Wir haben den Betrieb mit der ASP-Risikoampel der Uni Vechta auf Biosicherheit gecheckt und Schwachstellen überprüft. Wir sind die Zäune abgelaufen und haben mit den Jägern in den umliegenden Revieren gesprochen. Jetzt können wir nur noch hoffen“, so die Geschäftsführerin. 

Unterm Strich sind die Landwirte mit dem zu Ende gehenden Jahr nicht unzufrieden. Der Agrarbetrieb Groß Grenz hat eine gute Getreideernte eingebracht. „Jedes Jahr eine Spitzenernte wäre auch zu viel verlangt“, gibt Kathrin Naumann zu bedenken. Enttäuscht hat der Raps, das ist aber keine Überraschung mehr. „Ohne Beize haben wir ein Problem“, sagt Naumann. Die Rapsernte ist vollständig verkauft. Sogar ein Teil der Gerste, sonst vollständig für Futter reserviert, ging dieses Mal zum Händler. 1.200 t Winterweizen liegen hingegen noch im Lager. „Die Preise werden steigen“, zeigt sich die Geschäftsführerin zuversichtlich.

Schweinepest Mecklenburg-Vorpommern
Mehr abgesetzte Ferkel je Sau und weniger Ferkelverluste wirken sich im Agrarbetrieb Groß Grenz ebenfalls positiv aus. (c) Gerd Rinas

Recht zufrieden ist sie mit der Milchproduktion. Zwar ging im LKV-Jahr 2018/19 die Milchleistung pro Kuh im Vergleich zum Vorjahr um 200 auf 11.791 kg zurück. Dank höherer Inhaltsstoffe kamen aber mehr Fett-Eiweiß-Kilo zusammen. Fortschritte gab es außerdem bei der Zellzahl (MLP): 214.000 pro Milliliter sind nun das Maß aller Dinge. Demgegenüber stieg das Erstabkalbealter von 25,5 auf 26,5 Monate an. „Hier ist uns der Ausfall eines Deckbullen auf der Weide auf die Füße gefallen“, ärgert sich Naumann. Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt soll die Nutzungsdauer der Kühe sein. 

Gute Zahlen gibt es zum Jahresende in der Schweinehaltung: 29,6 abgesetzte Ferkel je Sau und Jahr sprechen dafür, dass sich die Genetikumstellung ausgezahlt hat. Zudem gelang es, die Flatdeckverluste unter zwei Prozent zu halten. 

Zugute kommt der Abteilung Schweineproduktion endlich einmal die Preisentwicklung: „Wir sind im Frühjahr mit nicht kostendeckenden 1,30 €/kg Schlachtgewicht gestartet. Jetzt stehen wir bei 2,03 €/kg, wenn auch nur wegen der ASP in China“, so die Geschäftsführerin. 

Der Wermutstropfen zum Jahresende: Nach über 40 Jahren geht Buchhalterin Christine Woidtke in Rente. „Sie hatte alles im Überblick, war akribisch, absolut zuverlässig und die gute Seele im Büro. Ihre Nachfolgerin ist eingearbeitet. Und dennoch werden wir Christine Woidtke vermissen“, so Kathrin Naumann.