Nicht überall steht der Wildzaun um die Weißen Zonen schon. (c) Heike Mildner

Schweinehalter fordern bessere ASP-Bekämpfung

Die Interessenvertreter schweinehaltender Betriebe kritisierten am Freitag (15.1.) in einem 18-seitigen Whitepaper die Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest (ASP) in Deutschland. Am Dienstagnachmittag gab es einen Austausch mit Vertretern der zuständigen Ministerien in Brandenburg.

Mehrere Interessenvertretungen von Schweinehaltern kritisieren den Umgang mit der Afrikanischen Schweinepest (ASP) in Deutschland und die ASP-Bekämpfung. Unterzeichner des Schreibens sind Hans-Christian Daniels, Vorsitzender der Interessengemeinschaft der Schweinehalter (IGS) Brandenburg, Rita Blum, Vorsitzende der IGS Sachsen, Hans-Georg Meyer, Vorsitzender des Schweinewirtschaftsverbandes Sachsen-Anhalt und Andrè Telle, Vorsitzender der IGS Thüringen. Sie fassen die Geschehnisse rund um die Afrikanische Schweinepest aus Sicht der Schweineerzeuger zusammen und unterbreiten Vorschläge zum weiteren Vorgehen.

ASP-Bekämpfung: Zaunbau Zu langsam, massnahmen zu lasch

Kritik äußerten die Verfasser am Umgang des Landes Brandenburg mit der ASP. Trotz optimistischer Presseerklärungen sei die Situa­tion vor Ort teils noch immer unbefriedigend, heißt es. Als Beispiele werden u. a. fehlerhafte Elektrozäune und Lücken im festen Zaun genannt. „Sofern sich der Bau von wildschweinsicheren Zäunen weiter in die Länge zieht, bleibt eine konsequente Bejagung eine Illusion.“ Würden die betroffenen Gebiete in Brandenburg nicht umgehend konsequent abgeschirmt, werde sich die ASP womöglich weiter ausbreiten, befürchten die Verfasser.

Die Interessenvertreter formulierten acht Forderungen , die auf die Eindämmung zur ASP-Bekämpfung zielen. So möge die Brandenburgische Landesregierung veranlassen, „dass ein lückenloser fester Zaun entlang der gesamten brandenburgischen Ostgrenze errichtet wird, um weitere ASP-infizierte Wildschweine abzuhalten.“ Schwarzwild müsse mit Personal aus dem öffentlichen Dienst wie Landesforstbediensteten, Polizei und/oder Bundeswehr in Zusammenarbeit mit den örtlichen Jägern konsequent bejagt werden. Die Jäger sollten für die Abschüsse und ihre Arbeit eine erhöhte Aufwandsentschädigung von 150 Euro pro erlegtes oder gefundenes Wildschwein erhalten, fordern die Interessenvertreter.

Bund und Kanzlerin sollen sich einbringen

Zudem solle die bundesweite Versorgung mit Laborverbrauchsmaterial zentral vom Krisenstab des Bundesministe­riums organisiert werden. Deutschland und Polen sollen eine wildschweinfreie Zone beidseits der Grenze etablieren. Schäden, die sich aus den Besonderheiten der Schlachtung ergeben, müssten ebenso wie Schäden aus der verminderten Flächennutzung im Ackerbau ausgeglichen werden. Zudem solle der Landeskrisenstab die Maßnahmen zur Bekämpfung der ASP mit Landkreisen und kreisfreien Städten in Brandenburg besser koordinieren und sich mit den anderen Landesregierungen und dem Bundeskrisenstab zielführender abstimmen. Die Freilandhaltung von Schweinen in den gefährdeten Gebieten müsse sofort untersagt werden, fordern die Interessenvertreter der Schweinehalter. Bundeskanzlerin Angela Merkel möge sich persönlich in die Regionalisierungsverhandlungen mit Asien einbringen.

Keine falschen Erwartungen erzeugen

Bei einer digitalen Konferenz am Mittwoch kam es zum Austausch der Verfasser des Whitepapers mit der Leiterin des Krisenstabs zur Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest (ASP), Verbraucherstaatssekretärin Anna Heyer-Stuffer im Ministerium für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz (MSGIV) und Agrarstaatssekretärin Silvia Bender im Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz (MLUK). Die Staatssekretärinnen zeigten Verständnis für die schwierige Lage der Branche, hieß es in einer Pressemitteilung.

Anna Heyer-Stuffer, Staatssekretärin im MSGIV. (c) Heike Mildner

Anna Heyer-Stuffer dankte den Branchenvertreterinnen und -vertretern für den offenen Austausch. „Mir ist klar, dass die Sorgen in den Schweinehaltenden Betrieben groß sind. Ich warne aber auch davor, falsche Erwartungen zu erzeugen. Auch wenn unsere Maßnahmen zügig vorangehen und erste Erfolge zeigen, sage ich klar: wir stehen erst am Anfang der Seuchenbekämpfung, bei der wir nur erfolgreich sein können, wenn alle an einem Strang ziehen. Belgien hat zwei Jahre benötigt, um seuchenfrei zu sein. In Brandenburg haben wir es allerdings mit einer rund achtmal größeren Fläche zu tun.“

Beihilfen für Schweinehalter in Arbeit

Silvia Bender betonte den engen Kontakt des MLUK mit den schweinehaltenden Betrieben im Land, um unter anderem Lösungen für den zwischenzeitlichen Schlachtstau zu finden und bei finanziellen Einbußen zu helfen. „Aktuell erarbeiten wir eine Beihilfe für zusätzliche Veterinärleistungen oder längere Transportkosten. Zudem fordern wir gemeinsam mit allen Ländern zusätzliche Förderprogramme vom Bund, damit die schwierige Zeit genutzt werden kann, um tierwohlgerechtere Ställe zu bauen. Klar ist aber auch: die vollständige Entnahme des Schwarzwildbestandes in den weißen Zonen und Kerngebieten wird dauern. Allein die Fläche der drei Kerngebiete umfasst rund 43.000 Hektar mit einer sehr hohen Wildschweinpopulation“, so Bender.

Silvia Bender, Staatssekretärin im MLUK. (c) Heike Mildner

Zwischen den betroffenen Ländern gebe es einen regelmäßigen Austausch auf Staatssekretärsebene um Fortschritte und Maßnahmen im Kampf gegen die ASP abzustimmen, weshalb an dem Gespräch auch die Fachebenen aus Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen beteiligt waren.

Die Errichtung eines festen Zaunes entlang der brandenburgisch-polnischen Grenze gehe weiter gut voran, heißt es vonseiten des MSGIV. Von insgesamt rund 250 Kilometern seien etwa 150 Kilometer fertiggestellt. „Im Süden des Landes, wo der Infektionsdruck aus Polen am stärksten ist, gibt es seit Mitte Dezember einen geschlossenen Zaun zwischen Frankfurt (Oder) und der sächsischen Grenze. Beim Bau müssen immer wieder Schwierigkeiten überwunden werden wie munitionsbelastete Flächen, Überschwemmungsgebiete oder Deichaufweichungen. Die erste Weiße Zone um Neuzelle ist mit einem doppelten festen Zaun umschlossen, dort hat die Entnahme der Wildschweine begonnen. Um das zweite Kerngebiet im Landkreis Märkisch-Oderland ist der äußere Ring der Weißen Zone geschlossen, im dritten und größten Kerngebiet im Landkreis Oder-Spree werden beide Ringe derzeit gebaut“ konstatiert das Ministerium.

„Stabiles Seuchengeschehen“

Von landesweit geplanten rund 600 festen Zaunkilometern sind etwa 340 Kilometer fertiggestellt. Die Grenzländer, insbesondere Brandenburg, tragen damit die Hauptlast bei der Eindämmung der ASP in Deutschland und dem Ziel, die weitere Ausbreitung der Seuche nach Westen zu verhindern: „Derzeit haben wir ein stabiles Seuchengeschehen. Alle neuen Ausbrüche der vergangenen Wochen fanden innerhalb der drei Kerngebiete statt. Das gemeinsame Ziel bleibt, die Infektionsketten durch die getroffenen Maßnahmen zu unterbrechen“, so Anna Heyer-Stuffer.

Das Nationale Referenzlabor für Afrikanische Schweinepest – das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) – hat bei weiteren Wildschweinen den amtlichen ASP-Verdacht bestätigt:

FundortAnzahl bestätigte ASP-Fälle bei
Wildschweinen
(Stand: 19. Januar 2021)
Landkreis Spree-Neiße31
Landkreis Oder-Spree312
Landkreis Märkisch-Oderland154
Land Brandenburg gesamt497
Quelle: MSGIV