Die Sorte Kuno hat Steffen Janke selbst gezüchtet. (c) Silvia Kölbel

Steffen Janke Kartoffeln: Schätze aus aller Welt

Sammeln, kultivieren, züchten und vermarkten: Es dreht sich alles um die Knolle beim Kartoffelspezialisten Steffen Janke im Vogtland. Sein Herz schlägt darüber hinaus auch für Kakteen, Obstbäume, Beerensträucher.

Von Silvia Kölbel

Bei Steffen und Sabine Janke aus Schönberg im sächsischen Vogtland kommen tagtäglich Kartoffeln auf den Tisch. Kein Wunder, lagern doch im Winter 340 verschiedenen Kartoffelsorten in ihrem Keller. Seit fast 30 Jahren baut Steffen Janke die Knollen an. Und nicht nur das: Er sammelt Sorten wie andere Leute Briefmarken. Es sind die genetische Vielfalt und das unendliche Potenzial in jeder einzelnen Pflanze, was ihn begeistert. Wenn er die Knollen aus der Erde holt, gerät er ins Schwärmen. Farbe, Größe, Form, Geschmack, er kennt alle Namen und kann zu jeder Sorte eine Geschichte erzählen.

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Steffen Janke Kartoffeln: Die Samen

Steffen Janke ist gut vernetzt. Mit anderen Züchtern und Experten steht er im Austausch, sei es mit ProSpeziRara, einer Schweizer Stiftung, die sich für die genetische Vielfalt bei Pflanzen und Tieren einsetzt, oder anderen privaten Sammlern, wie dem Biologen und Gärtner Jürgen Müller-Lütken aus Berlin, der einen eigenen Gartenblog betreibt und zur Erntezeit gern ins Vogtland kommt, um Janke zu helfen und möglichst viele Samen aus den Blütenständen der Kartoffeln zu gewinnen. Die Samen sät er aus. Die daraus entstehenden neuen Sorten eignen sich als Ausgangsmaterial für neue, gesunde Züchtungen.

Samen von Kartoffelpflanzen
Jürgen Müller-Lütken zeigt Samen von Kartoffelpflanzen. (c) Silvia Kölbel

Partner für den Kartoffelanbau

Als Partner für seinen Kartoffelanbau konnte Janke auch zwei Landwirtschaftsbetriebe gewinnen. Die Güterverwaltung „Nicolaus Schmidt“ AG Rothenacker aus Tanna, ein Landwirtschaftsbetrieb im südöstlichen Thüringen, stellt Janke dieses Jahr zum dritten Mal eine zwei Hektar große Fläche für den Kartoffelanbau kostenlos zur Verfügung. „Wir ackern die Fläche und düngen mit Festmist von Rindern“, erklärt Martin Brand, Praktikant der Betriebsleitung.

Den Kartoffelacker säumt ein Blühstreifen, den der Betrieb auf dem Vorgewende angelegt hat. Dies seien ideale Bedingungen für die 200 Sorten: „Das ist hier eine Fläche, auf der vermutlich seit der Wende keine Kartoffeln mehr standen“, sagt Janke, der außerdem die Vorzüge des Kartoffelanbaus im Vogtland aufzählt: „Die Region gehört zu den Gesundlagen mit geringem Schädlingsdruck. Auch wenn wir hier keine so großen Erträge ernten wie auf begünstigten Standorten, punkten unsere Kartoffeln durch die Mineralisierung des Bodens mit sehr gutem Geschmack. Nicht zuletzt begann der Kartoffelanbau in Deutschland in dieser Region. Seit fast 350 Jahren werden im Vogtland und angrenzenden Regionen Kartoffeln angebaut.“ Mit dem Klimawandel und den höheren Temperaturen komme höher gelegenen Standorten eine noch größere Bedeutung zu, ist sich Janke sicher, denn: „In den Anden wachsen die Kartoffeln auf 4.000 Metern.“

Der zweite Anbaupartner ist die Agrarproduktion Reuth Sammer & Co. KG. Der vogtländische Betrieb, der ebenfalls Kartoffeln anbaut, stellte Janke dieses Jahr kostenlos rund 1.000 m2 Fläche, angrenzend an die eigene 5,5 ha große Kartoffelanbaufläche, zur Verfügung. „Wir bauen die Kartoffeln an, welche die Leute von Montag bis Freitag essen, und bei Steffen gibt es die Spezialitäten für einen außergewöhnlichen Anlass“, sagt Christian Kluge-Sammer, einer der beiden Betriebsleiter.

Kartoffelernte mit Auserwählten

Die Ernte ist bei Steffen Janke Handarbeit. Eine spezielle zweizinkige Kartoffelhacke, die er von einem Freund übernommen hat und die mehr als 100 Jahre alt ist, leistet beste Dienste. „Im Eschenstiel ist der Name des Erstbesitzers eingebrannt. Damals war jedem Bauern und Handwerker sein Werkzeug heilig. Er hat es meist sein ganzes Leben lang benutzt, und das lange bevor von Nachhaltigkeit die Rede war.“

Flächen für den Kartoffelanbau
Für den Kartoffelanbau nutzt Steffen Janke auch eine Fläche von Christian Kluge-Sammer und dessen Bruder Robert Sammer (v.l.). (c) Silvia Kölbel

Nur wenige Auserwählte können dem Kartoffelanbauer beim Legen und Ernten helfen. Das Verwechseln der Knollen würde eine jahrzehntelange Arbeit zunichtemachen. Unverzichtbares Utensil ist sowohl beim Legen als auch bei der Ernte das große Notizbuch. Akribisch notiert Janke die Beetnummern und Sortennamen. Zudem existiert eine digitale Aufzeichnung. Jedes Beet ist mit den Sortennamen gekennzeichnet. In der Regel sind die Beete 100 m lang und enthalten jeweils eine Sorte. Auf der Fläche wachsen u. a. Sorten aus Deutschland, Südamerika, osteuropäischen Ländern, der Schweiz, den USA, Kanada, Japan, Kamtschatka, Kasachstan, Indien und Australien.

Kartoffelsorten im Test

Etwa 20 neue Sorten testet der Kartoffelanbauer jedes Jahr. Nicht jedem Anbauversuch ist im ersten Jahr Erfolg beschieden. „Jede Sorte teste ich mindestens fünf Jahre. Viele passen sich dann doch noch ganz gut an.“ Die derzeit 340 Sorten teilen sich auf in 100 gelbschalige und 120 rotschalige, der Rest sind solche mit lila oder gescheckter Schale. Die Fleischfarbe variiert ebenfalls stark und reicht von fast weißfleischigen Sorten bis hin zur Skagit Valley Gold, die extrem gelbfleischige Knollen liefert, die besonders in den USA sehr hochpreisig gehandelt werden. Genauso gibt es mehrere Sorten mit rotem oder blauem Fleisch. Auch marmorierte Sorten kommen vor. Eine rosaschalige, mehlig kochende Sorte namens Aurora, vermutlich russischen Ursprungs, liefert beachtliche Erträge mit großen Kalibern, „die besonders für Mehlklöße geeignet sind“, verrät Janke.

Kartoffelsorte Apache
Mit kräftiger Schalenfarbe: die Sorte Apache. (c) Silvia Kölbel

Raritäten wie die Skagit Valley Gold kommen natürlich nur pur, als Pellkartoffeln auf den Teller. Die bolivianische Sorte Imilla, was in der Aymararsprache „das Mädchen“ bedeutet, lässt auf ihrer gelben Schale mit den lila Augen die Gesichtszüge eines jungen Mädchens erahnen. Janke schätzt die bis zu zehn Monate währende Lagerfähigkeit. Zu seinen Lieblingsorten zählen Ackersegen, eine bekannte altdeutsche Sorte, Mayan Trixi, eine schnell kochende, mehlige Sorte mit hervorragendem Geschmack oder auch die argentinische Papa Nativa, eine ursprüngliche Sorte aus Lateinamerika mit hoher genetischer Vielfalt. Dann wäre da noch Kuno, die selbst gezogene Sorte in Lila mit marmoriertem Fleisch. Im Herbst ist der Kartoffelanbauer auf ausgewählten Märkten anzutreffen, um seine Schätze zu verkaufen.

Kartoffel der Sorte Kuno
Die Sorte Kuno hat Steffen Janke selbst gezüchtet. (c) Silvia Kölbel

Sammelleidenschaft: Kakteen, Kartoffeln und Erdbeeren

Der 5.000 m2 große Garten am Wohnhaus gleicht mehr einem Arboretum als einem Nutzgarten. 50 verschiedene Obstbäume trugen dieses Jahr reichlich Früchte. In vier Gewächshäusern verteilt, stehen ungefähr 2.000 Kakteen in rund 1.000 Arten. Mit dieser Sammelleidenschaft begann das Interesse von Steffen Janke an den Kartoffeln. „Dort, wo die Kakteen herkommen, wachsen auch Kartoffeln.“ 20 Mal hat er schon Südamerika bereist: „Zwei Mal war ich auch schon in der weltgrößten Gendatenbank in Lima.

In seinem Garten wachsen etwa 35 Erdbeersorten, darunter die Sibirische Walderdbeere, „eine sensationelle Kreuzung mit einer Kultursorte aus Russland, die trapezförmige Früchte ausbildet.“ Eine kleine Sammlung zwölf verschiedener Kiwi-Sorten rankt entweder am Haus empor oder am Gartenzaun entlang. Seine gesamte Zeit verbringt der leidenschaftliche Gärtner mit seinen Pflanzen.

„Ich bin jetzt 69 Jahre und hoffe, dass ich noch ein paar Jahre so weitermachen kann“, sagt der Kartoffelanbauer, der früher auch Marathon- und Ultra-Skilangläufer war und insofern über die notwendige Ausdauer für seine Arbeiten verfügt.

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