Die invasive Hundszunge besitzt ein hohes Ausbreitungspotenzial. Weidetiere verbreiten sie über das Fell. © Kerstin Aschenbach/TLLR

Wie man die Hundszunge erfolgreich bekämpft

Die für Weidetiere gefährliche Gewöhnliche Hundszunge stellt man in Thüringen vermehrt auf Grünland von Wildgattern fest. Ein Versuch zeigte, dass die chemische Bekämpfung möglich ist.

Von Kerstin Aschenbach, TLLLR Rudolstadt & Katrin Ewert, TLLLR Dornburg

Seit einigen Jahren wurde mehrfach in Wildgehegen Thüringens, so auch im Wildgatter Groschwitz bei Rudolstadt, eine zunehmende Ausbreitung einer filzig behaarten Pflanze mit gut 50 cm Wuchshöhe und rötlichen Blüten beobachtet. Eine Riechprobe ergab einen eindeutigen Geruch nach Maus. Diese Pflanze konnten wir als Gewöhnliche Hundszunge (Cynoglossum officinale) identifizieren. Sie stammt aus West- und Zentralasien, Sibirien, dem Kaukasus und liebt vor allem trockene, sonnige Kalkböden. Sie ist zweijährig und gehört zur Familie der Raublattgewächse (Borretsch).

Hundszunge: Schwere Leberschäden bei Weidetieren

Die Pflanze hat ein hohes Ausbreitungspotenzial. Ihre Samen besitzen Widerhaken, bleiben leicht im Fell der Tiere haften und werden so auch über größere Distanzen weitergetragen. Mit den Jahren werden wertvolle Futtergräser zurückgedrängt. Mittels tiefer Pfahlwurzel ist die Pflanze bestens gerüstet, um Trockenphasen zu überstehen. Die Pflanze enthält Pyrrolizidinalkaloide (Giftstoffe), die auch vom Jakobskreuzkraut schon bekannt sind. Bei Aufnahme dieser Giftstoffe, die krebserregend und erbgutschädigend sind, durch Weidetiere können schwere Leberschäden verursacht werden.

Die Hundszunge wird auf der Weide nach unseren Beobachtungen von Dam- und Rotwild nicht gefressen. Da Pyrrolizidinalkaloide auch nach dem Mähen in den Pflanzen verbleiben und nicht abgebaut werden, ist unbedingt zu empfehlen, das Mähgut von der Weide zu entfernen. Es ist anzunehmen, dass die Tiere die Pflanzen in getrocknetem Zustand aufnehmen und gesundheitliche Schäden erleiden.

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Versuch: Lässt sich die Hundszunge mit einem selektiven Grünlandherbizid chemisch bekämpfen?

Um die Ausbreitung zu stoppen, wurde im Jahr 2019 im Wildgatter der Agrargenossenschaft Königsee eG in Groschwitz zum Blühbeginn der Hundszunge gemäht und das Mähgut abgefahren. Trotzdem waren im Folgejahr circa 25 % der Weidefläche von Gewöhnlicher Hundszunge bedeckt. Es stellte sich die Frage, ob diese Pflanze mit einem selektiven Grünlandherbizid chemisch bekämpft werden kann.

Im Mai 2020 legten wir einen Parzellenversuch im Wildgatter Groschwitz mit einfacher Wiederholung an. Dazu wurden Parzellen von jeweils 50 m² ausgesteckt. Mit einem Parzellenspritzgerät des Thüringer Landesamtes für Landwirtschaft und Ländlichen Raum (TLLLR) vom Typ Schachtner wurden am 12. Mai 2020 verschiedene Grünlandherbizide als Flächenspritzung auf den Parzellen ausgebracht. Die Applikation erfolgte mit einer Wassermenge von 300 l/ha und einem Spritzdruck von 3 bar und dem Düsentyp IDK 120015.

Bildergalerie: Wirkung der Mittel im Versuch

Mit Ranger zeigte sich zügig eine gute Bekämpfungsleistung.

1. Mit Ranger zeigte sich zügig eine gute Bekämpfungsleistung. © Kerstin Aschenbach/TLLR

2. Auf Simplex traf das auch zu.

2. Auf Simplex traf das auch zu. © Kerstin Aschenbach/TLLR

3. Glyphosat wirkte zwar gut, schädigte aber den Aufwuchs neben der Hundszunge. © Kerstin Aschenbach/TLLR

3. Glyphosat wirkte zwar gut, schädigte aber den Aufwuchs neben der Hundszunge. © Kerstin Aschenbach/TLLR

4. In Königsee wurde im Frühjahr 2021 die Hundszunge erfolgreich bekämpft.

4. In Königsee wurde im Frühjahr 2021 die Hundszunge erfolgreich bekämpft. © Kerstin Aschenbach/TLLR

Flächenspritzung und Streichverfahren

Zur Applikation herrschten wüchsige Bedingungen. Es war windstill, zu 7/8 bewölkt. Die Temperatur betrug 13,6 °C. Am Vortag fielen 27 mm Niederschlag, sodass der Boden feucht war. Die Gewöhnliche Hundszunge befand sich zu 50 % im Vierblattstadium, 20 % der Pflanzen hatten eine Wuchshöhe von 10 bis 20 cm, 30 % der Pflanze waren bereits im Stadium der Knospe.

Es kamen Ranger, Kinvara, Simplex als auch die TM Harmony SX + U46M für die Flächenspritzung zum Einsatz (Tab.). Allen Varianten wurde ein Zusatzstoff (Kantor, Trend) beigefügt, um eine bessere Benetzung der behaarten Blattflächen der Hundszunge zu erreichen. Roundup Roto mit dem Wirkstoff Glyphosat wurde im Streichverfahren mittels Dochtstreichgerät ausgebracht.

Bei den Bonituren 14 Tage, einen Monat und fünf Monate nach der Behandlung wurde folgendes Ergebnis bonitiert (Abb.): Simplex als auch Ranger zeigten eine zügige und gute Wirkung gegen die Hundszunge.

Bereits nach einer Woche konnten deutliche Wirkungssymptome bonitiert werden. Vier Wochen nach Behandlung wurden 90 % Wirkungsgrad erreicht. Vereinzelter Wiederaustrieb erfolgte ab Juni, sodass der Wirkungsgrad zum Jahresende etwas abfiel. Insgesamt konnte mit diesen beiden Herbiziden über 80 % der Hundszunge bekämpft werden, die Varianten mit Kinvara bzw. U46M + Harmony SX lagen unter 80 % Wirkung. Die Grasnarbe wurde nicht geschädigt. Bei der Streichanwendung von Roundup Roto wurde die bestrichene Hundszunge sehr gut bekämpft (100 % Wirkung), aber die Grasnarbe im Umkreis von etwa 30 cm der bestrichenen Unkräuter stark geschädigt. Sehr kleine Pflanzen konnten mit dem Streichgerät nicht erfasst werden.

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Umsicht kann Ausbreitung der Hundszunge bremsen

In Zukunft wird die Anwendung des Herbizids Roundup jedoch nicht mehr möglich sein. Mit der neuen Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung vom 2. September 2021 wurde die Anwendung des Wirkstoffs Glyphosat ab 1. Januar 2024 in Deutschland generell verboten und ist schon jetzt in Wasserschutzgebieten, Biosphärenreservaten und FFH-Gebieten nicht mehr gestattet.

Im Frühjahr 2021 wurde die Bekämpfung der Gewöhnlichen Hundszunge mit der TM Ranger + Kantor im Wildgatter der Agrar eG Königsee in Praxis großflächig erfolgreich durchgeführt. Durch umsichtige Weidewirtschaft, insbesondere das Vermeiden von Überweidung und Trittschäden, kann dem Etablieren von Unkräutern vorgebeugt werden. Die Anwendung von Herbiziden auf Grünland sollte nur eine Notmaßnahme sein und muss sorgfältig vorbereitet werden. Die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln setzt einen sachkundigen Anwender, geprüfte Technik sowie vom BVL zugelassene Pflanzenschutzmittel voraus. Selektive Grünlandherbizide, wie Ranger und Simplex, stehen zur Verfügung (zugelassen bis 2025).

Nach der neuen Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung ist der Einsatz von Herbiziden in FFH-Gebieten, Naturschutzgebieten, Nationalparken und gesetzlich geschützten Biotopen nicht gestattet. Bei wirtschaftlich bedeutsamer Verunkrautung kann eine Ausnahmegenehmigung nach § 4 Abs. 2 PflSchAnwVO beantragt werden.

Die Erkenntnisse aus dem Versuch hätten ohne die Unterstützung der Agrargenossenschaft Königsee eG nicht gewonnen werden können. Dem Betrieb sei an dieser Stelle für die Unterstützung bei der Anlage des Versuchs recht herzlich gedankt!

Fazit

Die Gewöhnliche Hundszunge hat hohes Ausbreitungspotenzial und enthält giftige Pyrrolizidinalkaloide. Sie sollte bei Erstauftreten sofort ausgestochen und vernichtet werden. Gelingt das nicht, kann versucht werden, vor Samenbildung zu mähen. Das Mähgut muss von der Weidefläche entfernt werden.

Die Gewöhnliche Hundszunge kann zum ersten Aufwuchs im Frühjahr ab Vier-Blattstadium bis beginnender Knospenbildung mit selektiven Grünlandherbiziden in Kombination mit einem Zusatzstoff zur besseren Benetzung im Flächenspritzverfahren erfolgreich bekämpft werden. Wirkungsgrade von 80 bis 90 % zeigten die Tankmischung Ranger 2,0 l/ha + Kantor 0,3 l/ha als auch die Tankmischung 2,0 l/ha Simplex + 0,3 l/ha Kantor. Während der Behandlung müssen die Weidetiere für mindestens sieben Tage (Einhaltung der Wartezeit) gesperrt werden.

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