Milchvieh des Vorwerks Podemus vor der Silhouette Dresdens. Weidegang ist in der Heumilcherzeugung Pflicht. (c) Karsten Bär

Heumilchtag: Damit der Käse nicht bläht

Als Premiumprodukt bietet Heumilch Erzeugern eine auch preislich attraktive Nische. Voraussetzung ist hohe Futterqualität, wie beim Heumilchtag der Gäa und der Gläsernen Molkerei deutlich wurde.

Branchenkenner sprechen von einer „attraktiven Nische“: Heumilch habe im ohnehin wachsenden Biomarkt das Potenzial für überproportionales Wachstum, sagt Dr. Frank Wetterich von der Gläsernen Molkerei im brandenburgischen Münchehofe. Doch auf die Erzeugung von Heumilch stellt ein Landwirt nicht einfach nebenbei um. Wie es geht und worauf es dabei ankommt, war Gegenstand eines „Heumilchtages“, zu dem der Öko-Anbauverband Gäa gemeinsam mit der Gläsernen Molkerei GmbH unlängst auf das Vorwerk Podemus in Dresden eingeladen hatte.

Was ist eigentlich „Heumilch“?

Die Bezeichnung sei im Prinzip ein „Marketingbegriff“, den es seit rund 20 Jahren gebe, machte Frank Wetterich deutlich. Im Kern gehe es um silagefreie Milcherzeugung. Während Wetterich im Vortrag explizit von „Bio-Milcherzeugung“ sprach, ist Heumilch laut der EU-Verordnung (EU-VO 2016/304), die sie seit 2016 als „garantiert traditionelle Spezialität“ (g. t. S.) schützt, nicht auf biologisch erzeugte Milch beschränkt.

Voraussetzung ist jedoch unter anderem der Verzicht auf Gär- und Feuchtfuttermittel und auf gentechnisch veränderte Futtermittel. In der rein mit Bio-Milchverarbeitung befassten Gläsernen Molkerei gehören Heumilch-Produkte zum Premium-Segment. Heumilch sei dort, so Wetterich, „unser Aushängeschild“. Sie wird in Münchehofe am Rande des Spreewaldes verarbeitet, einem der beiden Standorte der Gläsernen Molkerei.

Hintergrund für die Erzeugung von Heumilch ist die Eignung der Milch für die Käseherstellung. Clostridienhaltige Milch birgt das Risiko von qualitätsmindernden Spätblähungen im Käselaib. Die anaeroben Bakterien vermehren sich in Silage, ihre Sporen können in die Milch gelangen und im Käse auskeimen. Durch silagefreie Fütterung wird dies vermieden.

Über Vorgaben wie den Verzicht auf Silage und feuchte Futtermittel und einen Mindestraufutteranteil von 75 Prozent hinaus, die die EU-Verordnung macht, stellt die Münchehofer Molkerei weitere Anforderungen: Bio-Produktion, Mitgliedschaft des Betriebes in einem Bioverband, Laufstall und Weidegang an mindestens 120 Tagen im Jahr, mindestens sechs Stunden lang. Der Betrieb muss zudem eine vorbildliche Tierhaltung und ein gutes äußeres Erscheinungsbild aufweisen.

„wirklich gute Heuqualität“ ist wichtig

Die gelieferte Milch muss jederzeit den Clostridiengrenzwert unterschreiten. Wesentlich sei, so Wetterich, „wirklich gute Heuqualität“. Es stehe außer Frage, dass die Tiere bedarfsgerecht gefüttert werden müssten – und das gehe unter den bestehenden Vorgaben nur, wenn das Heu jederzeit hochwertig ist. Voraussetzung für eine stabil hohe Heuqualität ist maschinelle Heutrocknung. Betriebe, die sich zur Heumilcherzeugung entschließen und die Gläserne Molkerei beliefern wollen, unterstützt das Unternehmen bei der Investition in Heutrocknungstechnik.
Und das mit gutem Grund, denn man sucht neue Lieferanten, wie Wetterich zu verstehen gab. „Wir können aktuell die Nachfrage nicht voll bedienen und wollen die Menge schrittweise verdoppeln.“

Man biete den Betrieben eine langfristige Perspektive und „einen fairen Milchliefervertrag“ sowie Betreuung und Beratung. Bezahlt wird die Milch nach Bio-Milchpreis. Hinzu kommt ein Heumilch-Zuschlag von derzeit 5 ct/kg, der ab 1. August auf 6 ct/kg steigt. Heumilch-Lieferanten sucht die Molkerei im Umkreis von 200 Kilometern um Münchehofe. Derzeit liefern acht Betriebe Heumilch an den Standort.

Grünlandnutzung als Weide besonders wirtschaftlich

Was es im Sinne einer optimalen Grundfuttererzeugung beim Grünlandmanagement und der Ackerfuttergewinnung zu beachten gilt, machte Dr. Edmund Leisen vom Öko-Team der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen in seinem Vortrag deutlich.
Essenz seiner Ausführungen: „Vieles muss einzelbetrieblich auf den Prüfstand.“ Viele, auch regional verschiedene Faktoren beeinflussen Ertrag und Qualität. Es gilt, im konkreten Betrieb die Schwachstellen zu finden und zu beheben. Mitunter wirken sich Bewirtschaftungsfehler, die Jahrzehnte zurückliegen, noch heute aus. Hier gilt es, durch Analysen und Ringtests Klarheit zu bekommen. Selbstverständlich muss es sein, bei Nachsaat für den jeweiligen Standort empfohlene Sortenmischungen zu verwenden.

Edmund Leisen bei seiner Führung über das Grünland des Vorwerks Podemus. Gute Kenntnis über den Pfl anzenbe-stand ist Voraussetzung, um gutes Futter zu erzeugen.
Edmund Leisen bei seiner Führung über das Grünland des Vorwerks Podemus. Gute Kenntnis über den Pflanzenbestand ist Voraussetzung, um gutes Futter zu erzeugen. (c) Karsten Bär

Als besonders wirtschaftlich kennzeichnete Leisen die Grünlandnutzung als Weide. Sie habe – bei optimaler Weideführung – die geringsten Ertragsverluste im Vergleich zu Silage oder Bodenheu. Zudem sei Beweidung günstiger: Im Öko-Landbau lägen die Kosten nach Berechnung der Landwirtschaftskammer NRW je 10 MJ NEL bei 20 Cent gegenüber 38 Cent bei Silage. „Wer viel weiden kann, sollte es tun“, so Leisens Empfehlung.

Heumilch: Rundgang mit praktischen Hinweisen für Grünlandmanagement

Auch speziell für die Heugewinnung sind Standort, Nutzungsart und -zeitpunkt sowie der Pflanzenbestand bedeutsam. Schonendes Einbringen vermeidet Verluste. Zu prüfen sei, ob eine getrennte Fütterung möglich ist – Heu an Melkende und Silage an Nichtmelkende.

Bei einem Rundgang über die Flächen des Vorwerks Podemus, das einer der Heumilch-Lieferanten der Gläsernen Molkerei ist, gab Leisen praktische Hinweise für das Grünlandmanagement. Hinweise für die Planung einer Heutrockung vermittelte Matthias Barth vom Unternehmen Karl Barth AG aus Dättlikon in der Schweiz, das sich auf Lösungen für die Heu- und Biomassetrocknung spezialisiert hat.

Neben den räumlichen Voraussetzungen am Gebäudestandort sind Fragen wie die nach einer zusätzlichen Heizung oder Entfeuchtungsanlage von Belang. Bei einem Neubau empfiehlt Barth ein Sonnendach, durch das die Sonnenenergie optimal für die Trocknung des Heus genutzt werden kann. Die Heustockfläche sollte groß genug gewählt und der Stock nicht zu hoch sein, um eine gute Trocknung zu gewährleisten.

Einblicke in die Heutrocknungsanlage des Vorwerkes Podemus gab im Anschluss Geschäftsführer Bernhard Probst. Vorgeführt wurde dabei auch Technik, die in sächsischen Betrieben bislang eine Ausnahme sein dürfte: ein elektrisch betriebener Heukran zur bequemen Entnahme des Futtermittels.

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