Leindotter: Auch wenig Ertrag ergibt einen Deckungsbeitrag
Nach einem widrigen Start im Frühjahr und einer dürren Vegetationszeit wurde der Praxisversuch mit Leindotter geerntet. Trotz der Hindernisse ziehen alle Beteiligten ein positives Fazit.
Das Anbaujahr 2022 ist Geschichte. Der Leindotter der Familie Schulze aus Dolgelin im Landkreis Märkisch-Oderland (Betrieb A) liegt im Lager. Auf gut 25 ha stand die Ölfrucht in diesem, dem dritten Anbaujahr. Gut die Hälfte der Fläche wurde mit Leindotter in Reinanbau bestellt. Die andere Hälfte teilte sich der krautige Kreuzblütler mit Futtererbsen im Mischanbau.
Auch in Groß Schönebeck bei der SAG-Schorfheider Agrar-GmbH (Betrieb B) ist mit dem Leindotter als fast letzte Druschkultur die Ernte abgeschlossen. Für Geschäftsführer Olaf Pieper war es sozusagen der erste Kontakt mit dem Leindotter. Die SAG hatte in der Saison 2022 einen Praxisversuch mit Leindotter in Reinsaat angelegt. Es ging darum, herauszufinden, ob Leindotter eine Anbaualternative für marginale, von Trockenheit geprägte Standorte sein kann. Doch auch beim Leindotter geht es nicht gänzlich ohne Wasser.
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Leindotterernte in Dolgelin: Einen Monat früher gedroschen
Normalerweise wird Leindotter um die Augustmitte herum gedroschen. Doch in Dolgelin ging es in diesem Jahr deutlich mit der Ernte des Leindotter schneller. Mitte Juli waren Wintergerste und Winterweizen abgeerntet. Da auch der Leindotter weitestgehend abgereift war, wurde am 19. Juli mit dem Drusch begonnen. Carsten Schulze erklärt: „Im Frühjahr hat uns das Wetter einen Strich durch die Rechnung gemacht. Auf großen Teilen des Schlages hatten wir nach der Aussaat Mitte März mit massiven Verwehungen zu kämpfen. Eigentlich war der Bestand schon abgeschrieben. Wir waren erstaunt, wie viele Pflanzen wiedergekommen sind und wie robust sie gegen widrige Witterung sind.“
Übrig blieben aber zahlreiche Fehlstellen, in denen dankbar das Unkraut auflief. Das machte sich spätestens zur Ernte bemerkbar. Wegrauken- und Kamillenpflanzen wickelten sich trotz bester Druschbedingungen um die Haspel, sodass Martin Schulze und seine Söhne Carsten und Stefan den Knoten mit vereinten Taschenmessern zu Leibe rücken mussten.
Es war und bleibt auch weiterhin eine schwierige Saison, bedenkt man, dass bereits in vielen Regionen mit der Silomais-(Not-) Ernte begonnen wurde. Angesichts der extremen Wetterbedingungen schätzt Carsten Schulze die Leindottersaison so ein: „Insgesamt ist es eine schlechte Ernte. Aber als wir im Frühjahr die Verwehungen erlebt haben, hatten wir die Fläche eigentlich schon abgeschrieben. Und dafür ist das jetzige Ergebnis ganz in Ordnung.“
Bildergalerie: Leindotterernte in Dolgelin
Leindotter: Ohne große Ansprüche
Leindotter gilt weiterhin als anspruchslose Frühjahrskultur. Empfohlen wird die Aussaat bis spätestens Anfang April. Schädlinge sind in den seltensten Fällen bekämpfungswürdig. In den Schoten fühlen sich nämlich die Larven des Leindotterrüsslers wohl. Bei günstigen Infektionsbedingungen kann der Falsche Mehltau auf Stängeln, Blättern und Schötchen seinen weißen Belag aus Konidien bilden. Zugelassen zur Bekämpfung ist das Fungizid Pictor Active.
Unabhängig von anderslautenden Berichten funktioniert der Einsatz von Clomazone aber auf gar keinen Fall. Auch andere Rapsherbizide verursachen massive Spritzschäden. Die gute Nachricht, da Leindotter wirklich sehr wenig Herbizide verträgt, stellt er in der Fruchtfolge kein Problem dar.
Endgültige Erträge stehen in Dolgelin noch nicht fest, denn das Erbsen-Leindotter-Gemisch muss noch gereinigt werden. „Aber der positive Deckungsbeitrag sollte klappen“, so Carsten Schulze.
Betrieb B: Bei der SAG-Schorfheider Agrar-GmbH
Positive Deckungsbeiträge werden auch bei der SAG-Schorfheider Agrar-GmbH in Groß Schönebeck geschätzt. Allzu oft nämlich lassen Frühjahrstrockenheit und schwache Böden die Ertragserwartungen implodieren. Deshalb ist man bei der SAG immer auf der Suche nach passenden alternativen Kulturen. Die Fruchtfolge ist bereits jetzt sehr umfangreich. Doch mit jeder Kultur muss auch Geld verdient werden. Aus diesem Grund wird seit ein paar Jahren auch kein Raps mehr angebaut. Die Anbaukosten standen in keinem Verhältnis mehr zu den Erlösen. Hier kommt der Leindotter ins Spiel. Dr. Katharina Spethmann, Leindotterspezialistin, nahm Kontakt auf, und begleitet von der Bauernzeitung wurde ein Versuchsanbau vereinbart.
Geplant war, Leindotter sowohl im Mischanbau mit Erbsen als auch in Reinsaat anzubauen. Und dann schlug das kalte Frühjahr staubtrocken zu. Immer wieder sackten die Nachttemperaturen deutlich unter null, sodass die Groß Schönebecker mit der Aussaat des Leindotters in die Erbsen warteten. Zwar ist Leindotter spätfrostverträglich, doch noch nicht als Keimpflanze. Kurz vor Ostern sollte die Aussaat endlich losgehen, um noch rechtzeitig vor dem Wachstumsbeginn der Erbsen den Leindotter in die Erde zu bekommen.
Doch als die Erbsen ausgedrillt waren, brach eine Welle eines Keilringwalzenelements der Drillmaschine. Als es endlich losgehen konnte, waren die Erbsen inzwischen so groß, dass eine zweite Aussaatrunde ausfiel und der Praxisversuch sich auf den Anbau in Reinsaat beschränken musste, und die Fläche nur etwa zweieinhalb Hektar groß war. Olaf Pieper ergänzt die Faktenlage: „Außerdem haben wir die Aussaatmenge zu niedrig gewählt. Eigentlich hätten fünf bis sieben Kilo pro Hektar gesät werden müssen. Wir haben aufgrund eines Missverständnisses aber nur gut vier Kilo gedrillt.“ Zwar haben sich die Pflanzen gut verzweigt, doch ein paar Pflanzen mehr pro Quadratmeter hätten sich mit Sicherheit positiv auf den Kornertrag ausgewirkt.
Leindotter: Anpassungs- und leidensfähig
Angesichts all der Hemmnisse hat sich der Leindotter trotzdem sehr gut behauptet. Das findet auch Dr. Katharina Spethmann, die zur Ernte des Praxisversuches angereist war. „Es war für alle eine schwierige Saison. Am Beispiel hier in Groß Schönebeck können wir aber erkennen, wie anpassungs- und leidensfähig Leindotter ist“, gibt sie zu bedenken. Das bestätigt Olaf Pieper: „Wir hatten kaum Niederschläge in den letzten Monaten. Man muss staunen, wie sich der Dotterbestand trotzdem entwickelt hat.“
Bildergalerie: Leindotter – Ernte
Auf die Kosten geblickt
Betrachten wir die betriebswirtschaftlichen Aspekte dieser extensiven Kultur. Auf den meisten Standorten konnte Leindotter in diesem Jahr ohne Pflanzenschutz angebaut werden. Auch die Düngung beschränkte sich überwiegend auf eine normale Gabe organischen Düngers (Stallmist, Kompost) vor der Saat. Das Saatgut kann zum Selbstkostenpreis erzeugt werden, da kein Sortenschutz besteht.
Olaf Pieper fasst zusammen: „Wenn es danach geht, bräuchten wir im Vergleich zum Roggen nur ein gutes Drittel ernten, um immer noch ein vergleichbares, vielleicht sogar ein besseres Ergebnis zu erzielen.“ Wenn es nur danach ginge, müsste man nur noch Leindotter anbauen. Zumal aktuell der Aufkaufpreis pro Tonne Leindotter bei 650 € liegt. Doch er gibt auch zu bedenken, dass es aus SAG-spezifischer Sicht eben doch nicht so einfach ist, da das Roggenstroh elementarer Bestandteil der Veredlungsschiene Mutterkuhhaltung ist. Deshalb könne man Roggen eben nicht eins zu eins mit Leindotter ersetzen.
Im Hinblick auf die zurückliegende Saison ergänzt Geschäftsführer Pieper: „Wir hatten eine so trockene Saison, dass bei uns noch nicht mal das Unkraut wachsen wollte.“ Deshalb werden die Groß Schönebecker den Leindotter weiter beobachten, wie er sich in einem „normalen“ Jahr gegen Unkräuter behaupten kann. Der Mangel an zugelassenen Herbiziden mache die Unkrautbekämpfung sehr schwierig.
Wie es mit dem Leindotteranbau weitergeht
Noch ist auch in Groß Schönebeck die Ernte des Leindotters nicht vollständig ausgewertet. Doch fest steht, dass auch im nächsten Jahr Leindotter in der Fruchtfolge stehen wird. Olaf Pieper dazu: „Wir werden auf jeden Fall wieder etwa zehn Hektar in Reinsaat anbauen. Ob wir auch den Mischfruchtanbau mit Futtererbsen realisieren, entscheiden wir im Frühjahr. Wie schwierig das sein kann, haben wir ja in diesem Jahr erlebt.“
Landwirt Pieper bleibt trotzdem gespannt auf das nächste Jahr. „Wir müssen immer damit rechnen, dass bei uns die Frühlings- und Vorsommertrockenheit über einen Bestand richtet. Umso schöner wäre es, wenn wir mit dem Leindotter dauerhaft eine Kultur in die Fruchtfolge eingliedern können, die mit unseren widrigen Bedingungen umgehen kann und über den Vertragsanbau mit DAW und Worlée eine planbare Größe wird.“
Anbausaison 2023
Das Anbauziel 2023 liegt bei 1.000 ha. Eine Steigerung über die nächsten Jahre wird angestrebt. Der Preis orientiert sich am Rapspreis zur Ernte, mindestens aber 500 €/t. Der Anbau kann in Mischfrucht oder Reinfrucht auf marginalen Standorten (25 BP und darunter) erfolgen. Die ideale Flächengröße sollte aus Transportsicht über 15 ha liegen. Gegebenenfalls kann man den Anbau mit Nachbarn bündeln.
Ihre Ansprechpartnerin bei allen Fragen zu Anbau und Vermarktung:
Dr. Katharina Spethmann, Tel. 0151 61 44 3024, leindotter@worlee.de
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