Agrargenossenschaft Schalkau: „Wir können hier nur Milch!“
Die Agrargenossenschaft Schalkau baut an ihrem Standort im thüringischen Bachfeld einen modernen Milchviehstall, der mehr Milch und mehr Tierwohl verspricht.
Von Birgitt Schunk
Die Bauhülle ist fertig, das Dach wurde Ende Februar aufgebracht. Nun geht es an die Seitenwände und die Ausrüstung. Im August soll die Baumaßnahme abgeschlossen sein.
Ursprünglich plante die Agrargenossenschaft Schalkau, den alten Stall abzureißen und von April bis Oktober neu zu bauen. Am Standort Ehnes hatte der sportliche Terminplan seinerzeit funktioniert. „Doch in Corona-Zeiten mit Ausfällen oder Logistikproblemen konnten wir uns darauf nicht einlassen – das war uns zu unsicher“, sagt der Schalkauer Vorstandsvorsitzende Kai Zerrenner. Also blieb der alte Stall stehen. Hier soll künftig das Jungvieh unterkommen – Investitionen sind aber hier ebenso nötig.
Bergbau musste Weichen
Wenige Schritte davon entfernt hat der 78 m lange, 37 m breite und 4 m hohe Neubau längst Konturen angenommen. Nicht nur wegen der Pandemie waren die Planungen, die seit 2017/2018 liefen, immer wieder angepasst worden. Dafür, dass die neue Anlage nun in unmittelbarer Nähe zur alten entsteht, musste allerdings ein Bergeraum der Agrargenossenschaft Schalkau weichen. Gegenüber auf der anderen Straßenseite im Gegenzug wurde dafür ein Ersatzbau errichtet. Ein Güllebehälter für den neuen Stall wird ebenso benötigt, denn in der alten Milchviehanlage stehen die Tiere auf Mist. Verzögerungen hatte es noch einmal gegeben, weil das Land kurz nach der ersten Antragstellung die maximale Investitionsfördersumme angehoben hatte. „Das wollten wir nutzen“, sagt Zerrenner. Und weil der Betrieb gerne die gesamte Baumaßnahme in einer Hand haben und nicht alle Gewerke einzeln anbieten wollte, gingen bei der ersten Ausschreibung nur zwei vollständige Angebote ein. „Das war der Aufbaubank zu wenig und so war noch mal eine zweite Runde notwendig, die drei Bewerber brachte.“
Für Stall- und Bergeraumneubauten, für die neue Güllelagerstätte sowie zwei Fahrsilos nimmt der Betrieb insgesamt 2,1 Mio. Euro in die Hand. Für die hohen Tierwohlstandards gibt es die 40-prozentige AFP-Premiumförderung. Für 254 Kühe wurde der Stallneubau beantragt, tatsächlich aber werden es zehn Plätze mehr sein. Die nutzbare Stallfläche wird mehr als 5,5 m² je Großvieheinheit betragen. Der Laufstall, in dem die Tiere dauerhaft Zugang zu Futter und Wasser haben, wird in vier voneinander abgegrenzte Leistungsgruppen eingeteilt.
Das Agrarunternehmen setzt auf Hochboxen mit Gummimatten – so wie bereits in der Milchviehanlage in Ehnes, wo 350 Kühe gemolken werden. „Wir versprechen uns nach den Erfahrungen von dort auch hier eine bessere Eutergesundheit“, so der 39-jährige Vorstandschef. Vier Kuhbürsten sind vorgesehen. Das Klima wird automatisch geregelt über Jalousien, Lüfter und die Dachentlüftung am First, der zudem für zusätzliches Licht sorgt.
Aus Erfahrung gelernt
Außerdem fiel die Entscheidung nicht für ein einfaches Blechdach, sondern für gedämmte Sandwichplatten. „Das hält im Sommer die Hitze und im Winter extreme Kälte ab.“ Auch hier hat man nach Ehnes geschaut, wo man mit der einfacheren Variante und einem Fotovoltaikaufbau schlecht gefahren ist. „Am Dachaufbau gab es ständig Schwitzwasser, die Balken sind verfault“, sagt Zerrenner.
Auf eine innovative Lösung setzt man auch bei der Gülleentsorgung. Im neuen Stall werden vier Güllesaugroboter zum Einsatz kommen, die jeweils 150 Liter fassen können, sich automatisch entleeren und aufladen. Sie können zudem Wasser aufnehmen und spülen und so für Sauberkeit sorgen. Das alles ist gegenüber der Schiebervariante Zerrenner zufolge zwar doppelt so teuer. „Wir hoffen aber dadurch auf eine bessere Klauengesundheit. Durch das Saugen sind die Flächen außerdem nicht mehr so glatt, die Sturzgefahr ist viel geringer – wir denken, dass sich das auszahlt.“
Montiert werden Selbstfanggitter, die Platz in Anspruch nehmen. „Dadurch wird der Stall länger, als eigentlich notwendig gewesen wäre.“ Realisieren lässt die Agrargenossenschaft Bau und Errichtung der neuen Milchviehanlage über die J.A.R.T. Stallbau- und Ausrüstungs GmbH aus Langewiesen. Trotz der schwierigen zurückliegenden Jahre für die Milchproduzenten nahmen die Schalkauer die Investitionen in Angriff. „Wenn man in der Zukunft weiter Milch produzieren will, muss man das tun“, sagt Zerrenner. Die zusätzlichen Ausgaben fürs Tierwohl sollen sich in höherer Leistung und längerer Lebensdauer, aber auch fürs Image auszahlen.
Der Betrieb bewirtschaftet rund 2.300 ha bis in eine Höhe von 750 Metern, die Hälfte der Nutzfläche bildet Grünland. Die durchschnittliche Ackerzahl liegt bei 24. „Wer hier Landwirtschaft betreiben will, muss auf die Milch setzen, sie gehört hierher.“ Die Kühe des Betriebes geben im Durchschnitt 8.900 kg Milch im Jahr. Durch den Stallneubau mitsamt seinem Komfort will man rund 9.500 kg erreichen. Die „oberste Liga“ mit 11.000 und mehr Kilogramm strebt der Betrieb aber nicht an. „Wir wollen nicht über Zukauf von hochwertigem Futter und Spezialmitteln den letzten Liter Milch rauskitzeln, sondern gehen einen anderen Weg.“
Mit der jahrelangen Extensivierung des Grünlandes sei der Aufwuchs von energiereichem Futter zurückgegangen, berichtet der Vorsitzende. Das wird sich ändern. Der Betrieb setzt verstärkt auf die Grünlandpflege; jährlich soll auf zehn Prozent der Flächen nachgesät werden. 300 ha hat die Genossenschaft aus dem Kulap genommen, um intensiver arbeiten zu können. Gutes Futter war in den letzten Jahren rar – und nicht nur wegen der Extensivierung. Allein 2018 mussten die Schalkauer für rund 400.000 Euro Futter zukaufen, weil Trockenheit dem Aufwuchs zusetzte.
Agrargenossenschaft Schalkau: Ansehnliche Reprorate
„Unsere Agrargenossenschaft setzt bei den Milchkühen zudem auf eine längere Lebensdauer des ausgeschiedenen Bestandes und somit auf eine höhere Lebensleistung, die sich von 2018 zu 2019 um rund 3.000 Kilogramm erhöhte und 2019 bei 28.366 Kilogramm lag“, sagt Zerrenner. 2019 betrug die Reproduktionsrate sehr gute 27,4 Prozent. „Das versetzte uns in die Lage, auch Zuchtvieh zu verkaufen.“
Mit Ehnes und Bachfeld hält der Betrieb sein Milchvieh weiter an zwei Standorten. Die Weichen für Bachfeld waren schon 2014 mit dem neuen Melkhaus und seinem 24er-Fischgrätenmelkstand gestellt worden. Von den 500 Milchkühen in Bachfeld wird künftig gut die Hälfte in dem neuen Stall untergebracht sein. Die andere Hälfte war schon 2007 in einen sanierten Stall umgezogen.