An zahlreichen Messstellen in Sachsen wird die Entwicklung der Grundwasserstände überwacht. (c) LFULG/Heiko Ihling

Wasserhaushalt Sachsen: Noch lange nicht genug

Deutlich feuchter als im Durchschnitt brachte das Jahr 2021 Entspannung für den Wasserhaushalt in Sachsen. Entwarnung können die Klimaexperten vom Landesamt und vom DWD jedoch nicht geben.

Noch immer wirken die Dürrejahre von 2018 bis 2020 nach – auch wenn das Vorjahr spürbare Entspannung brachte. „Wir können das Jahr 2021 als günstig einstufen“, sagte mit Blick auf dessen klimatische Wasserbilanz Dr. Johannes Franke beim Fachgespräch „Wetter trifft auf Klima“, bei dem das Sächsische Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) und der Deutsche Wetterdienst (DWD) das Vorjahr klimatologisch einordneten. Doch keinesfalls könne man für den Wasserhaushalt in Sachsen Entwarnung geben, waren sich sowohl der LfULG-Klimareferent als auch die anderen anwesenden Experten einig. Der Klimawandel läuft und wird nach Einschätzung der Fachwelt auch künftig immer wieder extreme Wettersituationen hervorbringen.

Wasserhaushalt Sachsen: War 2021 ein „normales“ Jahr?

2021 war in Deutschland das elfte Jahr in Folge, das im Vergleich zur Klimareferenzperiode 1961 – 1990 als „zu warm“ gilt. Zugleich zeigte es eine große Bandbreite meteorologischer Möglichkeiten, wie Falk Böttcher vom DWD in Leipzig deutlich machte. Auch in Sachsen war das Jahr mit +0,8 Grad im Vergleich zur Referenzperiode „zu warm“. Eingeordnet in die gegenwärtigen Klimabedingungen (1991 – 2020) sei das Jahr 2021 allerdings -0,2 Grad kühler gewesen, so Johannes Franke. Die Vegetationsperiode begann wegen des kalten Herbstes vier Tage später, holte jedoch im Lauf des Jahres auf. Der Jahresniederschlag wies ein Plus von 13 % auf. Bemerkenswert waren starke Schwankungen zwischen einzelnen Monaten, etwa vom „zu kalten“ Mai (-1,4 Grad) zum „extrem zu warmen“ Juni (+3,7 Grad).

Hat 2021 das Niederschlagsdefizit ausgeglichen?

Im Landesdurchschnitt fielen rund 860 Liter Niederschlag pro Quadratmeter. Je nach Region kamen bis zu 150 l/m² mehr auf dem Boden an als gewöhnlich. In Kombination mit den zeitweise kühleren Temperaturen und einer somit verringerten Verdunstung sorgte dies für eine gegenüber den trockenen Vorjahren deutlich bessere klimatische Wasserbilanz.

Noch immer fehlt indes für den Zeitraum ab Frühjahr 2018 etwa ein halber Jahresniederschlag in der Bilanz. Immerhin hat sich an vielen sächsischen Fließgewässern die Wasserführung vorübergehend erholt. Die Landwirtschaft konnte von einer relativ guten Wasserversorgung der oberen Bodenschichten profitieren – was sich freilich nicht in den Erträgen widerspiegelte. Dabei gibt es regionale Unterschiede: Während im südlichen Teil Sachsens die Bodenwasservorräte unter landwirtschaftlicher Nutzung in der Bodentiefe von null bis zwei Metern weitgehend aufgefüllt sind, reichten die Niederschläge in Nord- und Nordostsachsen sowie in der Lommatzscher Pflege nicht überall aus, um die Böden unterhalb von einem Meter Bodentiefe zu durchfeuchten.


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Wann werden sich die Grundwasserstände erholt haben?

Die Trockenjahre 2018 bis 2020 haben die größte Grundwasserdürre seit 100 Jahren verursacht. In einigen Teilen des Freistaates hatte diese Dürre bereits 2013 begonnen. Im Jahr 2021 sind die Grundwasserstände wieder etwas angestiegen, aber noch immer auf niedrigem Niveau. Für einen flächendeckenden Ausgleich des Defizits reicht auch ein Jahr wie 2021 nicht; dazu wären mehrere aufeinanderfolgende nasse Jahre nötig. Auch 2022 kann es wieder zu sehr niedrigen Grundwasserständen kommen. Die fortschreitende Klimaveränderung erschwert eine nachhaltige Erholung. Es sei möglich, so Dr. Andy Philipp vom zum LfULG gehörenden Landeshochwasserzentrum, dass sich ein neues Grundwasserregime einstelle.

Zum zehnten Mal „Wetter trifft auf Klima“
Zum zehnten Mal haben das Sächsische Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) und der Deutsche Wetterdienst (DWD) die sächsischen Wetterdaten aus dem Vorjahr aufbereitet und klimatologisch eingeordnet. Das Jubiläum sorgte für besondere Teilnehmer: Sachsens Umweltminister, Wolfram Günther (Grüne,) und Tobias Fuchs, Vorstand im DWD, gaben sich die Ehre.

Günther betonte, wie wichtig es sei, sachlich auf den Zusammenhang von Wetter und Klima hinzuweisen. Es sei dringend geboten, einerseits den Klimawandel zu bremsen, sich andererseits auf die unabwendbaren Veränderungen einzustellen. Fuchs erklärte, Sachsen sei in Fragen des Klimawandels eines der führenden Bundesländer. „Von Sachsen gehen seit den 1990er-Jahren wertvolle Impulse, zum Beispiel im Bereich der regionalen Klimaüberwachung und -modellierung, aus, die auch als Grundlage für heutige Methoden im Deutschen Wetterdienst gelten“, so der DWD-Vorstand.

Wasserhaushalt Sachsen: Was ist in Zukunft zu erwarten?

Laut Klima- und Wetterexperten trat in der jüngeren Vergangenheit eine Häufung von Jahreszeiten mit geringen Niederschlägen auf. Die atmosphärischen Bedingungen, die 2018 zur Dürre führten, wirkten bereits seit dem Ende des Hochwassers 2013. Ob sich das fortsetzt und die Zukunft im Mittel trockener wird, steht indes noch nicht fest.

Während die Klimaprojektionen übereinstimmend von einem Anstieg der mittleren Temperaturen ausgehen, ist in Bezug auf die Niederschläge sowohl ein Rückgang als auch ein Anstieg möglich. Allerdings bedeuten höhere Temperaturen auch mehr Verdunstung – und es zeichnet sich bereits ab, dass Niederschläge häufiger als kurzzeitige Starkregenereignisse auftreten werden. Diese wiederum werden von den Böden schlechter aufgenommen und verursachen zudem Bodenerosion.

Drohen perspektivisch Verteilungskämpfe um das Wasser?

Solche Prognosen sind für Mitteleuropa nicht angemessen. „Wir müssen die Kirche im Dorf lassen“, sagt Andy Philipp. Man beobachte gegenwärtig eine außergewöhnliche Situation bei Grundwasserständen, aber mitnichten werde das Wasser so knapp, dass darum gestritten werden müsste. Sachsen bleibe im humiden Bereich mit Überschüssen – auch wenn das Niveau der Grundwasserstände vermutlich niedriger sein wird als bisher.

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