An der A72 in Sachsen soll ein großer Solarpark entstehen. (Symbolbild) Anwohner wehren sich gegen die Photovoltaik-Anlage. (c) Sabine Rübensaat

Widerstand gegen Photovoltaik an der A72: Gegner machen mobil

In Lengenfeld im Vogtland (Sachsen) stoßen Pläne für Freiflächen-Photovoltaik-Anlagen auf Kritik und Widerstand in der Bevölkerung. Gemeinderäte berichten von Drohungen. Eine Bürgerinitiative macht gegen den Solarpark mobil.

Von Silvia Kölbel

Auf Flächen der Stadt Lengenfeld im Vogtland entlang der Autobahn A72 sollen auf 90 ha Photovoltaik-Anlagen (PV-Anlagen) entstehen. Betroffen sind die Ortsteile Weißensand, Schönbrunn und Waldkirchen. Die Rede ist von Investitionen in Höhe von 70 Millionen Euro. Die Solarkraftwerke würden laut Angaben der Investoren cirka 100 Millionen Kilowattstunden (kWh) Strom jährlich liefern. Das entspricht dem rechnerischen Verbrauch von 30.000 Haushalten. Als Investor tritt die Berliner Investmentfirma Agenpa auf. Deren Geschäftsführer Carl Philipp Riedel stammt aus Waldkirchen, einem der Ortsteile, in denen auf vier Teilflächen PV-Anlagen entstehen sollen.

Solarpark in Lengenfeld: Jagdgenossenschaft und Bürgerinitiative zeigen Widerstand

Während die Stadträte von Lengenfeld die Planung des Solarparks bisher vorangetrieben haben, im Laufe der letzten beiden Jahre Aufstellungsbeschlüsse auf den Weg brachten und Bebauungsplänen auslegten, regt sich in den Ortsteilen Widerstand. Der vor zwei Jahren angekündigte späteste Baubeginn im Frühjahr 2024 ist jedenfalls nicht zu halten. Nachdem schon bei der Beschlussfassung des Stadtrates vor zwei Jahren zur Aufstellung eines Bebauungsplanes mehrere Abgeordnete dagegen stimmten, war es voriges Jahr der Vorstand der Weißensander Jagdgenossenschaft, der sich öffentlich gegen das Vorhaben positionierte. Er kritisierte die Einschränkung des Lebensraumes für das Wild und lehnte es grundsätzlich ab, dass Ackerböden der Bewirtschaftung entzogen würden.

Dabei sollte es nicht bleiben. Inzwischen hat sich eine Bürgerinitiative gegründet, die massiv gegen das Projekt mobil macht. Eine Website entstand. Diese ermöglichte den Bürgern, durch Ankreuzen von Argumenten auf einfache Weise im Rahmen der frühzeitigen öffentlichen Beteiligung am Planungsverfahren Widerspruch einzulegen. 443 Stellungnahmen gingen auf diese Weise in der Stadtverwaltung ein, was den Stadtrat aber nicht daran hinderte, mit knapper Mehrheit dann doch dem städtebaulichen Vertrag zuzustimmen.

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PV-Anlagen: Zustimmung und Ablehnung in den Ortsteilen

Auch auf den Dörfern gibt es zu den PV-Anlagen unterschiedliche Ansichten. Die Ortsvorsteher von Weißensand und Waldkirchen unterstützen das Vorhaben. Die Ortsvorsteherin von Weißensand, Simone Hübschmann, warf den Gegnern Neid vor.

Ortsvorsteher Matthias Böttger aus Waldkirchen sagt, dass sein Ortsteil hinter dem Projekt stehe, um den größten Agrarbetrieb der Gemeinde, die Marienhöher Milchproduktion Agro Waldkirchen GmbH, zu unterstützen. Der Betrieb ist einer der Flächeneigentümer und könnte somit direkt an den Investor verpachten. Sein Geschäftsführer Heiko Hölzel spricht von sicheren, planbaren und hohen Pachteinnahmen auf diesen Flächen, im Gegensatz zum Anbau von landwirtschaftlichen Kulturen, deren Erlöse geringer ausfallen und großen Marktschwankungen unterworfen seien. Er sieht die Einnahmen aus Verpachtung als zusätzliches Standbein angesichts des Wegfalls der Vergütungen für Biogas und der fehlenden Anschlussfinanzierung.

Bürgerbegehren geplant

Der Schönbrunner Ortsvorsteher Uwe Morgner steht auf der Seite der Solarpark-Gegner. Die Bürgerinitiative plant jetzt, ein Bürgerbegehren mit nachfolgendem Bürgerentscheid anzustreben. Eine kürzlich vom Stadtrat beschlossene Bürgerbefragung sei aus Sicht der Initiative zwar demokratisch und gut gemeint, aber nicht zielführend, da der Stadtrat nicht an das Ergebnis gebunden sei, so Sören Halbach aus Weißensand, der sich in der „Bürgerinitiative gegen Umweltzerstörung durch Solaranlagen und Windräder“ engagiert.

Die an Lengenfeld angrenzende Gemeinde Heinsdorfergrund war im Rahmen der Anhörung der Träger öffentlicher Belange aufgefordert, eine Stellungnahme zum Solarpark abzugeben. Auch dort hagelte es Kritik. Den Ausbau erneuerbarer Energien befürworten die Abgeordneten zwar grundsätzlich, aber nicht auf landwirtschaftlichen Flächen.

Stellung bezogen hat auch der Vorsitzende des Regionalbauernverbandes Vogtland, Daniel Hirsch. Er lehnt große Solarparks auf Ackerböden ab, die damit nicht mehr für die Produktion von Lebensmitteln und Viehfutter zur Verfügung stehen.

Bürgerinitiative verhindert geplanten Solarpark

Doch nicht nur in Lengenfeld brodelt es unter der Landbevölkerung. In Limbach, zwölf Kilometer von Lengenfeld entfernt, haben der Gemeinderat und eine Bürgerinitiative einen geplanten Solarpark verhindert. Auf einer Ackerfläche von 37 ha sollten zwischen 40.000 und 60.000 Module aufgestellt werden.

Am Projekt beteiligt war als Flächenbesitzer der sächsische Landtagsabgeordnete und Landwirt Andreas Heinz (CDU), der im Vogtland wohnt. Um die Realisierung des Projektes bemüht sich die RES Deutschland GmbH mit Sitz in Vörstetten in Baden-Württemberg.

Nachdem der Gemeinderat anfänglich mit knapper Mehrheit dem Beginn der Planung zugestimmt hatte, fiel vor wenigen Tagen die Entscheidung gegen das Projekt, wieder mit einer knappen Mehrheit, dieses Mal in geheimer Abstimmung in nichtöffentlicher Sitzung, um die Räte vor Angriffen zu schützen. Zuvor hatte es Drohungen gegen den Bürgermeister und gegen Gemeinderäte gegeben, von denen sich die Bürgerinitiative allerdings distanzierte.

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