Aus Sicht des Umweltbundesamtes ist der Pflanzenschutzmitteleinsatz in sächsischen Schutzgebieten nicht stark genug eingeschränkt und verstößt gegen europäisches Recht. (c) Sabine Rübensaat

Pflanzenschutzmitteleinsatz: Ungenaue Studie

Ist der Pflanzenschutzmitteleinsatz in sächsischen Schutzgebieten nicht ausreichend eingeschränkt? Zumindest das Umweltbundesamt kommt zu diesem Schluss – dies aber wohl auf unzureichender Grundlage.

Eine Studie des Umweltbundesamtes (UBA) wirft dem Freistaat Sachsen vor, Flächenschutzgebiete nur unzureichend vor der Beeinträchtigung durch Pflanzenschutzmittel (PSM) und Biozide zu schützen. Damit verstoße der Freistaat unter anderem gegen seine Verpflichtungen nach europäischem Recht. Aus Sicht des Staatsministeriums für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft (SMEKUL) enthält die Studie indes Ungenauigkeiten und berücksichtigt bestehende Regelungen nicht ausreichend.

Fachlich nur bedingt nachzuvollziehen

In der Studie heißt es, dass umfassende Regelungslücken und Defizite bestehen. Diese sind demzufolge von den drei untersuchten Bundesländern Sachsen, Niedersachsen und Baden-Württemberg in Sachsen am größten. Der Freistaat gestatte auf sämtlichen land- und forstwirtschaftlich genutzten Flächen innerhalb seiner Flächen-Schutzgebiete den Pflanzenschutzmitteleinsatz und Biozid-Produkten nach Maßgabe des Bundesrechts beziehungsweise teilweise unter weitergehenden Auflagen und Einschränkungen. Lediglich fünf Naturschutzgebiete und die Kernzone des Biosphärenreservats Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft seien davon aus-genommen.

Das Schutzniveau in Sachsen unterscheide sich in Bezug auf den Pflanzenschutzmittel- und Biozideinsatz innerhalb der geschützten Flächen wenig von dem außerhalb liegender Flächen. Der rechtliche Schutz wertvoller Naturflächen und ihres Arteninventars vor Beeinträchtigung durch Chemikalien sei unzureichend. Insbesondere fehle es bei den meisten Natura-2000-Gebieten an Schutzgebietsvorschriften, welche das nach EU-Recht erforderliche Schutzniveau sicherstellen.


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Das sächsische Umwelt- und Landwirtschaftsministerium kann die Schlussfolgerungen der Studie für Sachsen „fachlich nur bedingt“ nachvollziehen. Auf Anfrage verweist das Ministerium auf fehlende Berücksichtigung bestehender untergesetzlicher Regelungen und Ungenauigkeiten. Es führt eine Reihe von Beispielen hierfür auf. Dies fängt bei den als Acker genutzten Flächenanteilen der FFH-Gebiete an: Die UBA-Studie geht hier von 12 % Ackerfläche aus, während es laut Ministerium nur 4,8 % sind. Demnach dürfte der PSM-Einsatz auch deutlich geringer sein, als vom UBA angenommen. Weiterhin sei auf zahlreichen Flächen in Schutzgebieten, die über die Richtlinie „Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen AUK/2015“ gefördert werden, der Pflanzenschutzmitteleinsatz ausgeschlossen. „Auf weiteren Flächen in der Agrarförderung nach Ersten Säule der GAP findet de facto kein PSM-Einsatz statt“, erklärt das SMEKUL mit Verweis auf Greening-Flächen und Dauergrünland weiter.

fehlende Einschränkungen für den PSM-Einsatz in schutzgebieten

Anders als in der Studie dargestellt, seien die Managementpläne der FFH-Gebiete überdies keine bloßen Handlungsempfehlungen für die Behörden, sondern verbindlich. Auch berücksichtige die Studie nicht die Maßnahmenplanung für Einzelflächen von FFH-Gebieten. Darüber hinaus seien zum Schutz bestimmter Arten, wie dem Hellen und dem Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläuling Bewirtschaftungsverträge mit Landwirten abgeschlossen worden, in denen der Verzicht auf PSM-Einsatz vereinbart wurde. Dies bleibt ebenso unberücksichtigt, wie die veränderten Zulassungsbestimmungen und Anwendungsauflagen für den Wirkstoff Atrazin, der in der Studie bei der Beschreibung von Zielkonflikten genannt wird.

Das SMEKUL verweist weithin darauf, dass es bereits vor der im Koalitionsvertrag definierten Zielsetzung, den PSM-Einsatz in Sachsen zu halbieren, Bemühungen für eine Reduktion gab. „Diese finden sich vor allem in freiwilligen und kooperativen Maßnahmen wieder, bei denen Ertragsverluste durch einen Verzicht auf Pflanzenschutzmittel durch entsprechende Fördermaßnahmen ausgeglichen werden können“, heißt es aus dem Ministerium. „Allerdings ist dieser sogenannte kooperative Ansatz weiter ausbaufähig, damit auf deutlich mehr Flächen in Schutzgebieten ein Verzicht auf Pflanzenschutzmittel erfolgt.“

Ungeachtet der Tatsache, dass man in Dresden die Einschätzung des UBA über fehlende Einschränkungen für den PSM-Einsatz in Schutzgebieten nicht teilt, hofft das Ministerium darauf, dass die mit dem Aktionsprogramm Insektenschutz veränderte Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung ebenso wie die im Koalitionsvertrag angestrebte PSM-Reduktion „auch außerhalb von Schutzgebieten einen positiven Effekt auf den Naturhaushalt und die Biodiversität entfalten“ wird. red

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