Mit 28 Jahren bereits Vorstandsvorsitzender: Was Kurt Auerswald für seine Genossenschaft plant
Kurt Auerswald ist Vorstand der Agrargenossenschaft in Memmendorf (Sachsen). Sein Engagement für eine starke regionale Agrarwirtschaft wird mit dem Förderpreis des Genoverbandes gewürdigt.
Aufbruch und Innovation – zwei Begriffe, die für Kurt Auerswald aus Sachsen ein wichtiger Antrieb sind. Der 28-jährige Landwirt ist dritter Preisträger des Förderpreises „Wir von hier: Junge Profis in Agrargenossenschaften“, den der Genoverband in diesem Jahr erstmals ausgeschrieben hatte. Im Juli wurde Kurt Auerswald zusammen mit zwei weiteren Preisträgern mit dem Förderpreis in Berlin geehrt.
Auerswald hat einen Master der Agrarwissenschaften und leitet seit Jahresbeginn 2025 als Vorstandsvorsitzender die Agrargenossenschaft Memmendorf e.G. in Oederan. Dort treibt er einen umfassenden Transformationsprozess voran, der Tradition, modernste Technologie und nachhaltige Wertschöpfung in Einklang bringen soll.
Vom elterlichen Hof zur Führungsrolle
Aufgewachsen auf dem Bauernhof seiner Eltern im Erzgebirgsvorland, war Kurt Auerswalds Leidenschaft für die Landwirtschaft früh geweckt. Nach seinem Abitur am Johannes-Kepler-Gymnasium in Chemnitz folgte ein Studium der Agrarwissenschaften an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, das er erfolgreich mit einem Masterabschluss krönte. Drei Jahre sammelte er anschließend Erfahrungen in der Kartoffelwirtschaft, bevor er 2023 in seine Heimat und zur Agrargenossenschaft Memmendorf zurückkehrte. Diese Verbundenheit zur Region und der Wunsch, die Zukunft der Landwirtschaft aktiv mitzugestalten, sind zentrale Motivationen für sein Engagement.

Memmendorf im Landkreis Mittelsachsen bewirtschaftet.
© Sabine Rübensaat
40-MW-Solarpark: Wie ein Junglandwirt Klimaziele und Stabilität verbindet
Auerswalds Bewerbung um den Förderpreis ist Ausdruck seines Strebens, innovative und nachhaltige Projekte voranzutreiben und den interdisziplinären Austausch in der Branche zu intensivieren. Angesichts unsicherer Investitionszeiten und des Fachkräftemangels sieht er es als persönliche Aufgabe, die Agrargenossenschaft Memmendorf und die regionale Landwirtschaft zukunftsfähig aufzustellen.
Ein besonderes Beispiel für sein Innovationsbestreben ist die Entwicklung eines 40-MW-Solarparks. Dieses Projekt dient nicht nur der Erreichung der Klimaziele, sondern sichert auch die wirtschaftliche Stabilität des Betriebs durch kontinuierliche Einnahmen, unabhängig von den Schwankungen der Agrarmärkte. Die Akzeptanz im Dorf wurde dabei durch eine aktive Bürgerbeteiligung gewährleistet – ein Beispiel für regionale Verankerung und den genossenschaftlichen Gedanken, den Auerswald so sehr schätzt.

Fleischerei-Umbau: Regionale Produkte für neue Zielgruppen
Parallel dazu treibt er den Umbau der hofeigenen Fleischerei voran, um hochwertige, regional erzeugte Produkte zu produzieren, die auch jüngere Zielgruppen ansprechen.
Digitalisierung spielt ebenfalls eine zentrale Rolle in der Strategie der Agrargenossenschaft: Elektronische Belegführung, Schlagkarteien und sensorgestützte Tierüberwachung sind nur einige Beispiele für die Implementierung moderner Technologien, die die Effizienz und Transparenz der Betriebsabläufe verbessern.
Betriebsspiegel
Betriebsname | Agrargenossenschaft Memmendorf e.G. |
Betriebsleiter | Kurt Auerswald und Jana Krellmann |
Personal | 70 Mitarbeiter, davon 10 Auszubildende |
Lage | Nahe Oederan im Erzgebirgsvorland, Höhenlage 350–465 m über NN |
Boden | V7 Gneisverwitterung, 40 BP, sL |
Jahresniederschlag | 850 mm NS bei 6,7 °C Jahrestemperatur |
Tierzahl | 1.500 Rinder, davon 800 Milchkühe in 1930er- Typenanlage mit Nachzucht + 50 Mutterkühe Welsh Black, Leistungsniveau 11.500 kg/a, Lely Melkroboter |
Betriebsgröße | 1.400 ha, davon: 1.200 ha Ackerland 150 ha Grünland 25 ha Wald |
Betriebszweige | Pflanzenproduktion Tierproduktion Biogas 1 MW (Pfefferkorn-Anlage, 98 % Gülleeinsatz), Direktvermarktung (eigene Schlachtung und Fleischerei, 2 Filialen und 4 Verkaufsmobile), Landküche Solarpark |
Kulturen | Brauweizen Wintergerste Braugerste Roggen Raps Mais Kleegras/GPS Lupine |
Besonderheiten | Güllepipeline 11 km CO2-Zertifizierung Milchviehhaltung Spezialisierung auf Braugetreide und Vermarktung über Erzgebirgskorn Gahlenz e.G. |
Junge Landwirte ausbilden: Praxispartner für die Zukunft der Branche
Das Engagemen des jungen Landwirts geht über die rein betriebswirtschaftlichen Aspekte hinaus. Als Ausbilder für Land- und Tierwirte betreut er derzeit zehn Auszubildende und sorgt so für einen kontinuierlichen Wissenstransfer in den Bereichen moderne Landwirtschaft und innovative Technologien.
Die Agrargenossenschaft Memmendorf dient zudem als Praxispartner für diverse Fach- und Hochschulen, empfängt regelmäßig Praktikanten und unterstützt Studierende bei Abschlussarbeiten. Die Zusammenarbeit mit dem ATB Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie zur Ermittlung und Reduzierung des CO2-Fußabdrucks der Tierproduktion zeigt die wissenschaftlich fundierte Herangehensweise an Umweltthemen.
Kurt Auerswald ist überzeugt: Die Verknüpfung von moderner Technologie, nachhaltiger Energiegewinnung und traditioneller Handwerkskunst stärkt die Wirtschaftlichkeit der Agrargenossenschaft Memmendorf. Erneuerbare Energien, konsequente Digitalisierung und nachhaltige Anbaumethoden schaffen nicht nur wirtschaftliche Stabilität, sondern stärken auch den regionalen Zusammenhalt durch eine bewusst gepflegte, lokale Wertschöpfung. Qualität steht dabei stets über dem reinen Preiswettbewerb, was den Betrieb zu einem Vorzeigemodell in der Region macht. „Ich bin stolz, dass unser Betrieb einen guten Ruf hat“, sagt der studierte Landwirt. Die Azubis kommen aus der Region, an Bewerbungen mangelt es nicht.
Genossenschaftsgedanke: Warum regionale Verwurzelung entscheidend ist
Sein Engagement in der Agrargenossenschaft fußt auf der tiefen Überzeugung, dass ein gemeinschaftlicher, regionaler Ansatz der Schlüssel zur nachhaltigen Entwicklung des ländlichen Raums ist. Durch die Bündelung lokaler wirtschaftlicher Potenziale und die aktive Förderung des Nachwuchses will er nicht nur den Fortbestand, sondern auch den Fortschritt der Agrarbranche sichern.
Seine Mitarbeit in Gremien wie der Initiative „Unternehmen-Zukunft-Sachsen“ unterstreicht seinen Willen, die Interessen der Landwirte in politischen Entscheidungsprozessen zu vertreten und das Image des Berufsstandes aktiv mitzugestalten. Für Kurt Auerswald sind die regionale Verwurzelung und die Zusammenarbeit mit den Menschen vor Ort das „Leben“ des Genossenschaftsgedankens und die Garantie dafür, dass Qualität und Innovation im Mittelpunkt seiner Arbeit stehen.
Agrargenossenschaft Memmendorf e.G.: Pfluglose Bewirtschaftung und Rinderproduktion als Herzstück
Die Agrargenossenschaft Memmendorf e.G. mit 120 Mitgliedern sieht der Vorstandsvorsitzende gut aufgestellt. Grundlage der landwirtschaftlichen Produktion ist die Milch- bzw. Rinderproduktion. Die Marktproduktion von Feldfrüchten sowie der Futterbau basieren auf dem Prinzip der Sicherung einer nachhaltigen Produktion – 80 % der Fläche werden pfluglos bewirtschaftet.

Die Genossenschaft, in der heute etwa 70 Menschen beschäftigt sind, ist im Dorf stark verwurzelt. In der Direktvermarktung wird für die Landfleischerei selbst geschlachtet. Es gibt einen Hofladen und mehrere Verkaufsmobile, die in der Region unterwegs sind. Das landwirtschaftliche Unternehmen trägt auch Fürsorge für ehemalige Mitarbeiter aus der LPG, die nach 1990 zu einer Agrargenossenschaft umgewandelt wurde. So wird die jährliche Weihnachtsfeier zum Höhepunkt für viele ehemalige Mitarbeiter. Auch die „Landküche“ steht allen offen, dort werden täglich hundert Portionen gekocht. Der Transformationsprozess nach 1990 sei nicht immer leicht gewesen, meint Auerswald, aber „heute sind die Alten stolz, was aus der LPG geworden ist“.
Warum hat Kurt Auerswald den Förderpreis verdient?
Land- und Baumaschinenmechatroniker Willi Ulbricht hat darauf eine Antwort: „Er ist jung und sehr engagiert. Er packt an, redet nicht nur, sondern will das, was er sich vornimmt, auch umsetzen.“


Preisverleihung des Förderpreises „Wir von hier: Junge Profis in Agrargenossenschaften“
Die Preisträger:
Die Gewinner des in diesem Jahr erstmals vergebenen Förderpreises „Wir von hier: Junge Profis in Agrargenossenschaften“ stehen fest. Während der Preisverleihung am Mittwoch (16.7.) in Berlin überreichte Peter Götz, Vorstand Genoverband e.V., die Auszeichnung an drei junge Menschen. „Wir freuen uns sehr, diese drei vorbildlichen Profis in Agrargenossenschaften auszeichnen zu dürfen“, erklärte Götz. „Der Genoverband vergibt den Förderpreis bewusst und erstmalig im von der UNO für 2025 ausgerufenen Jahr der Genossenschaften.“ Es gehe darum zu zeigen, welche Chancen die Agrargenossenschaften gerade für junge landwirtschaftliche Mitunternehmer bieten.

Erster Gewinner ist Andre Paarmann, Augziner Marktfrucht e.G, Techentin.

Zweite Gewinnerin ist Sabine Eidam, Agrarproduktion „Am Bärenstein“ Struppen eG, Struppen (Sachsen). Die Tierwirtin und studierte Agrarwirtin beeindruckt gleichermaßen mit Leidenschaft und Know-how für die Milchviehhaltung.

Kurt Auerswald, Agrargenossenschaft Memmendorf e.G., Oederan (Sachsen), erhält als dritter Gewinner den Förderpreis. Als Vorstandsvorsitzender seiner Agrargenossenschaft setzt er auf eine vielfältige Betriebsstruktur von der Tierhaltung bis zu erneuerbaren Energien.

Für die „anspruchsvolle Aufgabe, aus den Bewerbungen die Besten herauszufinden“, dankte der Genoverbands-Vorstand der Jury, bestehend aus Nina Berlin (Kommunikationsleiterin Deutscher Raiffeisenverband e.V.), Claudia Duda (Chefredakteurin der Bauernzeitung), Wilfried Lenschow (Vorstandsvorsitzender Agrargenossenschaft Bartelshagen I e.G.), Peter Götz (Vorstand Genoverband e.V.), Christopher Braun (Abteilungsleiter Agrarwirtschaft DZ Bank) und Dr. Andreas Möller (Leiter Kommunikation/Politik Trumpf SE und Buchautor).

Der Förderpreis richtet sich an junge Mitglieder von Agrargenossenschaften, die sich aktiv und mit innovativen Ideen in ihrer Agrargenossenschaft engagieren. Der genossenschaftliche Team-Gedanke steht im Vordergrund. Unterstützt wird der vom Genoverband ausgelobte Preis von der Raiffeisen-Stiftung, der R+V Versicherung sowie den Volks- und Raiffeisenbanken mit Unterstützung der DZ Bank.

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