Das Agrarstrukturgesetz soll eine beherrschende Stellung von Agrarbetrieben am Bodenmarkt verhindern. (c) Detlef Finger

Agrarstrukturgesetz steht für Sachsen-Anhalt auf der Kippe

Die für vorgestern geplante Anhörung der Verbände zum Agrarstrukturgesetz für Sachsen-Anhalt ist pandemiebedingt ausgefallen. Die Zeit für die parlamentarische Behandlung des Gesetzentwurfes bis zur Landtagswahl wird immer knapper.

Das Agrarstrukturgesetz für Sachsen-Anhalt kann möglicherweise nicht mehr rechtzeitig durch den Landtag in Magdeburg verabschiedet werden. Die Zeit für die Durchführung des parlamentarischen Verfahrens zur Gesetzgebung wird immer knapper.

Die ursprünglich für den 13. Januar 2021 vorgesehene Anhörung im Agrarausschuss wurde pandemiebedingt vertagt. Das Agrarstrukturgesetz ist aber auch von der Tagesordnung des Gremiums am Montag, den 18. Januar 2021, genommen worden. Dann tagen die Agrarpolitiker der Fraktionen in einer Hybrid-Veranstaltung mit zusätzlicher Videokonferenz.

Ebenso wurde für diese Zusammenkunft die Behandlung eines Antrages der Fraktion Die Linke samt zugehörigem AfD-Alternativantrag gestrichen. Dabei sollte es um das Thema „Bodenspekulationen stoppen – Agrarstruktur im Land Sachsen-Anhalt sichern“ gehen. Eigentlich wollte der Agrarausschuss bereits an diesem Tag außerdem die vorläufige Beschlussempfehlung zum Agrarstrukturgesetz an den mitberatenden Finanzausschuss erarbeiten.

Verbände lehnen Agrarstrukturgesetz ab

Wie der Bauernverband Sachsen-Anhalt in seinem aktuellen Wochenbrief informiert, habe er als einer von mehreren ursprünglich zu dieser Anhörung eingeladenen Organisationen nun eine Frist für das Einreichen einer schriftlichen Stellungnahme zum ASG bis zum 22. Januar erhalten. Dass es nur bei einer schriftlichen Positionierung der Verbände bleiben sollte – ohne eine weitere direkte Anhörung – wäre bei der Brisanz dieses Themas „eine politisch nicht zu vermittelnde Vorgehensweise“, gab der Landesbauernverband zu bedenken.

Mehr als ein Dutzend land- und forstwirtschaftlicher Landnutzerverbände in Sachsen-Anhalt, darunter Bauernverband und Bauernbund, hatten erst vor Kurzem noch einmal vehement den vorliegenden Entwurf des Agrarstrukturgesetzes als auch das ohne ihre Organisationen beschlossene Leitbild für die Landwirtschaft im Land abgelehnt. Ihre Position dazu brachten die Interessenvertretungen Mitte Dezember in einem gemeinsamen Schreiben an die Abgeordneten von CDU, SPD und Bündnis 90/Grüne deutlich zum Ausdruck. Auch renommierte Agrarwissenschaftler haben sich bereits sehr kritisch zum vorliegenden Entwurf des Agrarstrukturgesetzes geäußert.

Landtag tagt letztmalig im April

Unklar ist derzeit, welche Auswirkungen die nunmehrigen Veränderungen in der zeitlichen Behandlung des Gesetzentwurfes auf die geplante Befassung und Verabschiedung des Agrarstrukturgesetzes im Landtag haben werden. Allein von der Zeitschiene her dürfte es nunmehr mit einer frist- und auch ordnungsgemäßen Abarbeitung bis zur Landtagswahl noch deutlich knapper werden.

Die abschließende Beratung des Entwurfes für das Agrarstrukturgesetz im federführenden Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten war ursprünglich für den 3. Februar vorgesehen. Dem Vernehmen nach sollte der Landtag das Gesetz im März beschließen Sitzungstage des Parlaments sind der 11. und 12. März. Letztmalig kommt das Plenum am 22. und 23. April zusammen, bevor der sachsen-anhaltische Landtag am 6. Juni neu gewählt wird.

Der Vorsitzende des Agrarausschusses, Bernhard Daldrup (CDU), erklärte dazu, erste Stellungnahmen im Zuge des Anhörungsverfahrens zeigten schon jetzt die Komplexität des Vorhabens. Auch werde darin deutlich, dass hier unterschiedliche Interessen verschiedener Akteure aufeinanderprallen.

Rechtssicherheit für das Agrarstrukturgesetz gewährleisten

Das Agrarstrukturgesetz ziele laut Daldrup darauf ab, die Tätigkeiten von Investoren zu regulieren, die regionale Wertschöpfung zu erhöhen und der Forderung nach einer breiten Streuung des Bodeneigentums zu entspre­chen. Dabei sollen aber auch die nachhaltige Sicherung und Förderung einer leistungsfähigen und vielfältigen Agrarstruktur gewährleistet werden.

Ziel der CDU-Fraktion sei es, die Rahmenbedingungen für eine weitere nachhaltige Entwicklung der heimischen land- und forstwirtschaftlichen Betriebe aktiv zu gestalten. Das Engagement außerlandwirtschaftlicher Akteure auf dem Bodenmarkt und die in den vergangenen Jahren stark gestiegenen Pacht- und Bodenpreise werde mit Sorge gesehen. Um die rechtlichen Rahmenbedingungen des zu novellierenden Grundstücksverkehrs rechtssicher zu gestalten, brauche es im Verfahren die notwendige Zeit. Die Pandemielage erschwere die Beratungen zum Gesetz zusätzlich, denn auf umfangreiche, notwendige Anhörungen müsste größtenteils verzichtet werden. Daneben bestehe aber ein erhöhter Aufklärungsbedarf zu den Zielen der Gesetzesinitiative. Daldrup geht mit Blick auf das Ende der Legislaturperiode davon aus, dass die angesetzte Terminierung für das Verfahren nicht genügt, um den Anforderungen an ein rechtssicheres und akzeptiertes Gesetz gerecht zu werden.

Scharfe Kritik von Grünen-Fraktion

Die Landtagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen kritisierte das Verhalten der CDU scharf. Fraktionschefin Cornelia Lüddemann warf den Christdemokraten vor, „das gemeinsam von den regierungstragenden Fraktionen eingebrachte Agrarstrukturgesetz nicht zum Abschluss bringen zu wollen“. Die CDU-Fraktion verhindere damit erneut eine Lösung für ein drängendes Problem. „Die CDU knickt vor Lobbyisten ein, die oft gar nichts mit der Landwirtschaft zu tun haben“, sagte Lüddemann.

Nach Angaben der Grünen-Politikerin liegen bereits schriftliche Stellungnahmen zum Gesetzentwurf vor. Nachfragen könnten nach ihrer Ansicht „problemlos“ auch in Onlineformaten abgearbeitet werden. Lüddemann wörtlich: „Das Argument, dass eine Anhörung nur in Präsenz durchgeführt werden kann, ist vorgeschoben, um die Verweigerungshaltung gegenüber dem Gesetz zu kaschieren.“

Agrarausschussvorsitzender Daldrup wies die Behauptung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die CDU-Fraktion würde das Zustandekommen des Gesetzes verhindern wollen, entschieden zurück. Die Vorwürfe entbehrten jeglicher Grundlage. Vielmehr zeige das Wahlprogramm von Bündnis 90/Die Grünen im Punkt ‚Landwirtschaftlicher Bodenmarkt neu regeln‛ (730-735), dass sie den jetzigen Gesetzentwurf so nicht umsetzen wollen, „da ihre ideologischen Ziele im Entwurf nicht ausreichend Berücksichtigung gefunden haben“.