Debatte um eine „gerechte“ Agrarstruktur

Auf Antrag der Fraktion Die Linke tauschten Abgeordnete des Landtages in der vorigen Woche ihre Argumente für und wider ein Agrarstruktursicherungsgesetz im Nordosten aus.

Von Gerd Rinas

Nicht zum ersten Mal debattierte der Landtag in der vorigen Woche über den landwirtschaftlichen Boden. Die Fraktion Die Linke hatte die Aussprache unter der Überschrift: „Für eine gerechte Agrarstruktur – Bodenmarkt regulieren“ beantragt. „Wir wollen keine neue Bodenreform“, versicherte Dr. Wolfgang Weiß. Allerdings gebe es erhebliche Verwerfungen auf dem Bodenmarkt. Transparenz sei nötig, um wirtschaftenden Betrieben einen „gerechten“ Zugang und auch Neugründungen, vor allem von Junglandwirten, zu ermöglichen.

Weiß wies auf ein Gutachten hin, das Die Linke im September vorgelegt hat. Es bestärke seine Partei darin, sich für die Weiterentwicklung der Steuerungsinstrumente des landwirtschaftlichen Bodenmarktes einzusetzen. „Sonst verkommt der Boden zum reinen Spekulationsobjekt“, warnte der Abgeordnete.

Bodenpreise stark gestiegen

Nach seinen Angaben ist mindestens ein Drittel der Agrarflächen im Land in Händen außerlandwirtschaftlicher Investoren. „Die Bodenpreise gehen durch die Decke, die Pachtpreise sind seit der Wende um mehrere Hundert Prozent gestiegen.“ Es bestehe ein großer Widerspruch zwischen der Intransparenz des Bodenmarktes und einem „Investorennetzwerk, das modernes Landgrabbing“ veranstalte. Der Abgeordnete forderte einen Preisdeckel beim Bodenkauf, ein Vorkaufsrecht für Landwirte aus der Region und die „Übergabe“ der verbliebenen BVVG-Flächen an das Land. Anteilsverkäufe von landwirtschaftlichen Unternehmen müssten anzeige- und genehmigungspflichtig werden, um die Konzentration von Flächen in wenigen Händen zu verhindern.

„Wir sind uns in einigen Punkten sehr, sehr einig“, stimmte Agrar- und Umweltminister Till Backhaus (SPD) seinem Vorredner zu. „Breit gestreutes bäuerliches Eigentum ist der Garant für eine ausgewogene Entwicklung im ländlichen Raum“, betonte Backhaus. Er bedauerte, dass sein Projekt eines Agrarstruktursicherungsgesetzes wegen des Widerstandes des Bauernverbandes bisher nicht zum Zuge kam. Auch in anderen Bundesländern, etwa in Sachsen-Anhalt oder Niedersachsen, hätten sich solche Gesetzesvorhaben als schwierig erwiesen. Desungeachtet werde er sich weiter für das Gesetz einsetzen, das „in den Eckwerten fertiggestellt“ sei. Der Minister sprach sich für eine bundesweite Initiative aus.

Gerechte Agrarstruktur

„Was ist eine gerechte Agrarstruktur?“, fragte die CDU-Abgeordnete Beate Schlupp und warnte vor zu einfachen Antworten. Ursache des enormen Preisanstiegs am Bodenmarkt sei vor allem die Zins- und Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB): „Die Finanzkrise hat zur Flucht in nominalwertgesicherte Geldanlagen geführt, die nicht der Volatilität von Aktienmärkten unterliegen sollen“, so Schlupp. Seit vielen Jahren würden über die EZB die Finanzmärkte mit Geld geflutet und Negativzinsen in Kauf genommen, um finanziell ins Trudeln geratene Staaten zu stabiliseren. Im Abwägungsprozess, EU-Staaten zu stabilisieren, oder Preisblasen auf dem Boden- und Immoblienmarkt oder etwa die Entwertung der privaten Altersversorgung zuzulassen, habe die Politik sich für die Stabilisierung der Staaten entschieden.

Andererseits, so Schlupp, müsse man die Wirkungen bedenken, wenn man in den Bodenmarkt eingreifen will, um unerwünschte Entwicklungen zu korrigieren. Bei unterstellt sinkenden Bodenpreisen und der Neubewertung von Sicherheiten werde die Finanzierung von Agrarbetrieben nicht leichter. Die hohen Bodenpreise seien keinesfalls nur auf außerlandwirtschaftliche Investoren zurückzuführen. „Die politisch veranlasste Verknappung von Grund und Boden, zunehmende Nutzungskonkurrenzen und naturschutzfachliche Einschränkungen treiben die Preise ebenfalls in die Höhe.“ Schlupp räumte ein, dass Betriebsgründungen durch Junglandwirte sehr schwierig seien. Chancen böten ein Betriebskonzept, das die Bank überzeugt, oder eben auch außerlandwirtschaftliche Kapitalgeber. „Die gesetzlichen Möglichkeiten, die Agrarstruktur zu beeinflussen, reichen aus. Ein Agrarstruktursicherungsgesetz ist nicht notwendig“, meinte die Abgeordnete.