Angushaltung im Nebenerwerb: Alles aus einer Hand

In der Weiderind Stepenitztal GbR in Bonnhagen, Mecklenburg-Vorpommern, halten Ingo Glanert und Mathias Peters seit zwei Jahren Angusrinder. Die Nebenerwerbslandwirte wollen ab 2021 selbst schlachten, Fleisch verarbeiten und direktvermarkten.

Von Gerd Rinas (Text und Fotos)

Als Mathias Peters das Tor öffnet, passiert erst einmal gar nichts: Keines der Rinder hat offenbar Lust, das Winterquartier zu verlassen. Dabei stehen die Tiere mit nur wenigen Unterbrechungen seit vergangenem Herbst im Stall. Doch als die Kühe und Ochsen merken, dass das Angebot ernst gemeint ist, gibt es kein Halten mehr. Sie rennen los, machen Bocksprünge, bevor sie sich das erste frische Gras auf der Weide schmecken lassen.

Hier am Rande von Bonnhagen im Landkreis Nordwestmecklenburg halten Mathias Peters und Ingo Glanert im Nebenerwerb Angusrinder. Peters, im Hauptberuf Betriebsleiter im Zweckverband Grevesmühlen, und Glanert, gelernter Landwirt und Staatlich geprüfter Agrarbetriebswirt, eint das Interesse an der Tierhaltung.

Ingo Glanert und Mathias Peters bei ihren Rindern in Bonnhagen. Die Weide liegt nahe am elterlichen Bauernhof, auf dem vier Generationen der Familie Peters leben. Der Niedermoorstandort neben dem Flüsschen Radegast trocknet meist erst spät im Frühjahr ab, bietet aber bei ausbleibendem Niederschlag länger Aufwuchs als andere Weide-Standorte.
Ingo Glanert und Mathias Peters bei ihren Rindern in Bonnhagen. Die Weide liegt nahe am elterlichen Bauernhof, auf dem vier Generationen der Familie Peters leben. Der Niedermoorstandort neben dem Flüsschen Radegast trocknet meist erst spät im Frühjahr ab, bietet aber bei ausbleibendem Niederschlag länger Aufwuchs als andere Weide-Standorte.

Zu Jahresbeginn 2018 hatten die beiden mit einer gemeinsamen Geflügelhaltung in Mobilställen geliebäugelt. Doch schnell war klar, daß für sie Legehennen im Nebenerwerb zu arbeitsintensiv sein würden. „Jeden Tag Eier sammeln, sortieren, stempeln, nach 18 Uhr Märkte beliefern, das ist kaum zu leisten. Und von den Eierpreisen die Mobilställe zu finanzieren, schien uns auch zu unsicher“, erinnert sich Ingo Glanert.

Landwirt und Fleischer

Mit Fleischrindern hatte der Landwirt hingegen schon Erfahrungen gesammelt. Als 18-Jähriger hatte er zwei Uckermärker angeschafft, war später auf die Haltung von Dexter-Rindern umgestiegen. Mathias Peters Großvater hatte früher auf einem VEG gearbeitet und privat immer Rinder gefüttert. Er selbst hatte einige Zeit Pferde gehalten. Im Sommer 2018 entschieden sich die beiden nach reiflicher Überlegung, eine gemeinsame Herde mit Deutsch Angus-Rindern aufzubauen. Damit nicht genug: Ingo Glanert gab seinen Job als Landwirt in einem Ökobetrieb auf und begann eine Ausbildung zum Fleischer.

Glanert und Peters haben einen ehrgeizigen Plan. „Wir wollen eine komplette Direktvermarktung in Eigenregie aufbauen, die Rinder auch selbst schlachten, zerlegen und zunächst im Kühlanhänger in der Region vermarkten. Als Landwirte können wir nur Viertelteile verkaufen. Wenn wir kleinteiliger vermarkten wollen, müssen wir einen Gewerbebetrieb anmelden“, erläutert Ingo Glanert. Darüber wollen die beiden später entscheiden.



Produkte aus der Region

Nachdem sie vor zwei Jahren bei Züchtern in Schleswig-Holstein und auf dem bekannten Angus-Betrieb Gut Karow in Mecklenburg die ersten Rinder gekauft hatten, gründeten die beiden Nebenerwerbslandwirte im Januar 2019 eine GbR. „Wir versprachen uns davon auch Vorteile bei der Pachtung von Grünland bei der BVVG beziehungsweise vom Land“, sagt Ingo Glanert. Seine Erwartungen erfüllten sich bisher aber nicht.

Im Februar hat die BVVG drei Kilometer entfernt von Bonnhagen zehn Hektar Grünland ausgeschrieben und einen Pachtpreis von 350 €/ha aufgerufen. „Dieser Preis rechnet sich für uns nicht“, sagt Glanert enttäuscht. Um so mehr freut er sich darüber, dass private Verpächter an ihn und Mathias Peters herantreten, als sich ihr Projekt herumspricht. „Produkte aus der Region in der Region zu vermarkten, finden immer mehr Leute gut“, so Ingo Glanert.

Vermarktung in „Regiomaten“?

2019 haben die beiden Landwirte für 16 ha Pachtland ihren Agrarantrag gestellt. Weitere zehn Hektar Grünland bewirtschaften sie auf Basis von Nutzungsvereinbarungen. Auch ein konventioneller Landwirt unterstützt die beiden Berufskollegen mit Grünlandflächen.

Sven Sangel in Greschendorf hat seinen Marktfruchtbetrieb um eine Legehennenhaltung mit Mobilställen erweitert. Die Eier werden seit vergangenem Sommer in Supermärkten der Region sowie in sogenannten Regiomaten, Automaten mit Produkten aus der Region, z. B. auf Rastplätzen an Straßen, vermarktet. Landwirt Sangel könnte sich, so Ingo Glanert, gut vorstellen, in den Regiomaten auch Rindfleisch aus der Weiderind Stepenitztal GbR anzubieten.



Glanert und Peters  verfolgen ihren Plan zielstrebig, aber ohne Hast. Sie haben in einen Fangstand investiert, verfügen außerdem über Schlepper, Ladewagen, Viehanhänger, Heuwender. „Grasmahd und Strohpressen haben wir im Lohn vergeben“, sagt Mathias Peters. Dank guter Kontakte zu Landwirten in der Nachbarschaft kommen sie bisher ohne eigenen Teleskoplader, Mulcher, Schwader und Mähwerk aus. „Technik zu kaufen, die man nur zweimal im Jahr nutzt, macht wenig Sinn“, so Peters.

Prüfung wegen Corona verschoben

Ihre Angusherde zählt mittlerweile 15 Kopf: Vier Kühe, vier Färsen, vier Kälber, zwei Ochsen und einen Bullen. „Im Sommer 2021 stehen die ersten Tiere zur Vermarktung an“, sagt Mathias Peters. Bis dahin will sein GbR-Partner seine Ausbildung zum Fleischer in der Fleischerei Rump in Grevesmühlen abgeschlossen haben. „Eigentlich sollte die Theorie-Prüfung schon in der nächsten Woche stattfinden. Wegen der Coronakrise wurde der Termin aber erst einmal abgesagt“, so Glanert.

Nach seinem Fachabschluss will er in einen Schlacht- und Zerlegebetrieb nach Wismar wechseln. Dort bestünde dann auch die Möglichkeit, die Rinder aus der Weiderind Stepenitztal GbR zu schlachten und zu verarbeiten. „Ohne jede Werbung haben wir schon so viele Anfragen, dass wir eigentlich jetzt schon mit der Vermarktung beginnen müssten“, sagt Ingo Glanert.

Doch die beiden lassen sich nicht aus der Ruhe bringen, planen sorgfältig Schritt für Schritt. Gerade sind in Bonnhagen die Fundamente für zwei Kühlzellen gegossen worden. Dort soll, wenn der Abverkauf über den Verkaufswagen gut läuft, auch ein Hofladen entstehen. „Das ist vorerst aber noch Zukunftsmusik“, sagt Ingo Glanert.