Moderator Marc Bernhardt befragte im LsV-Wahlforum Ministerpräsident Michael Kretschmer, den CDU-Bundestagsfraktionsvize Steffen Bilger und den sächsischen CDU-Landtagsabgeordneten Georg-Ludwig von Breitenbuch (v. l.) (c) Mike Krause, LsV Sachsen

LsV-Wahlforum: Kretschmer steht Rede und Antwort

Unter dem Motto „Bauer sucht Partei“ hatte Land schafft Verbindung (LsV) Sachsen Vertreter der CDU nach Neustadt zum Gespräch eingeladen. Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sprach sich beim LsV-Wahlforum für mehr Markt und weniger Staat aus. In einer Koalition durchsetzen könne er dies nur mit einem starken Wahlergebnis.

Von Karsten Bär

Subtil war das nicht: Ob unliebsame Dinge in den Koalitionsvertrag geschrieben werden, bestimme letztlich der Wähler, sagte Michael Kretschmer (CDU) beim Wahlforum „Bauer sucht Partei“ von Land schafft Verbindung (LsV) Sachsen und forderte: „Macht uns stark, wenn ihr nicht wollt, dass so was kommt!“ Gemeinsam mit dem sächsischen Ministerpräsidenten standen der Stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Steffen Bilger, und der CDU-Landtagsabgeordnete und Landwirt Georg-Ludwig von Breitenbuch in der Veranstaltung in Neustadt auf die Fragen von LsV-Vorstandsmitglied Marc Bernhardt Rede und Antwort. Sie diskutierten über Bio-Landwirtschaft, Wolf, Tierhaltung, Bürokratie und die Marktstellung der Landwirte.

Beim LsV-Wahlforum spricht sich Kretschmer gegen Bio-Quoten aus

Eine Quote für Bio-Produkte lehne er ab, sagte Kretschmer beim LsV-Wahlforum. „Wir brauchen keine festen Quoten. Die Leute können selbst entscheiden, was sie kaufen wollen.“ Ohnehin sei aus seiner Erfahrung vielen Verbrauchern wichtiger, etwas aus regionaler Herkunft zu bekommen. Wenn der Staat Quoten beschließe, bringe er „alles durch-einander“. Dass ein möglicher Koalitionspartner eine Quote fordere, könne er nicht ausschließen, bei entsprechender eigener Stärke jedoch verhindern. Fortwährende Versuche, konventionelle und ökologisch wirtschaftende Landwirte auseinanderzudividieren, sieht Georg-Ludwig von Breitenbuch. Die Versuche, Bio politisch zu pushen, liefen am Markt vorbei und kosteten am Ende die Gesellschaft nur Geld.

Ministerpräsident: Für Lösung beim Wolf führt der Weg über Brüssel

Eine unverhältnismäßige Situa­tion, die einer dringenden Änderung bedürfe, konstatierte Steffen Bilger beim Wolf. In Sachsen sei man hierzu nicht untätig gewesen, betonte Kretschmer mit Verweis auf Absprachen mit dem ebenfalls stark betroffenen Land Niedersachsen. Der Weg führe jedoch über Brüssel, wo die Vorrausetzungen für eine Absenkung des Schutzstatus des Wolfes geschaffen werden müssten. Dies sei in Gang gebracht worden und könnte schnell umgesetzt sein, wenn Deutschland nicht blockieren würde. Hierfür macht Bilger vor allem Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) verantwortlich. Diese nehme die Sorgen der Menschen nicht ernst und reagiere mit untauglichen, absurd komplizierten Vorgaben für den Umgang mit problematischen Wölfen.

Auch in Sachsen sieht Georg-Ludwig von Breitenbuch das grün geführte Umweltministerium als Bremsklotz beim Finden pragmatischer Lösungen für den Wolf. Obergrenzen hält er indes nicht für sinnvoll. Ein Weg sei das Jagdrecht, unter dem der Wolf in Sachsen seit 2012 steht. Bei überhandnehmenden Schäden durch den Wolf sollte reagiert werden können. „Die Menschen verzweifeln am System“, so von Breitenbuch zum aktuellen Zustand. Dies betreffe nicht nur die Weidetierhalter, sondern auch die Fachstelle Wolf, die mit dem Ausmaß der Schäden überfordert sei.

Bürokratie und Vorgaben führen zum Abbau in der Tierhaltung

Nicht nur wegen des Wolfes ist die Tierhaltung in Sachsen immer weiter rückläufig. Viele Halter ächzen unter Bürokratie und überbordenden Vorgaben, immer mehr denken ans Aufgeben. Ein Umstand, der eine Ursache auch in den Behörden hat, in denen rein juristische Sichtweisen dominierten, wie von Breitenbuch ausführte. „Wir haben, was die Fachlichkeit angeht, zunehmend ein Defizit in der Verwaltung“, sagte er.

Kretschmer griff das auf: „Es ist auch eine Frage der Haltung: Will ich Landwirtschaft? Will ich Tierhaltung? Ist mir Ernährungssicherheit wichtig? Möchte ich alles regeln oder nur einen Rahmen vorgeben?“ Alles zu regeln bedeute, Aufwand für Dokumentation, Kontrolle und Sanktionierung zu schaffen.

Abhängig ist Tierhaltung auch vom Vorhandensein von Verarbeitungsstrukturen. Der große regionale Schlachthof, der seit einigen Jahren diskutiert wird, habe bisher nicht realisiert werden können, was er aufgrund der Schwierigkeit der Thematik ausdrücklich nicht dem Agrarminister ankreiden wolle, so Georg-Ludwig von Breitenbuch. Doch auch kleine lokale Lösungen scheiterten oft an „hanebüchener Bürokratie“. Hier Steine aus dem Weg zu räumen und unternehmerisches Engagement zu fördern, sei ein Weg. Kretschmer ergänzte, dass man sich des Themas Fleischbeschaugebühren annehmen wolle. In Bayern sei dieser Kostenfaktor geringer als in Sachsen. Man müsse schauen, welche Regeln die Staatsregierung auf sächsischer Ebene ändern könne und wo sie auf Bundesebene einwirken müsse.

Herkunftskennzeichnung ebenfalls Thema beim LsV-Wahlforum

Regelvereinfachung hält der Ministerpräsident auch in anderen Bereichen für geboten. Deutschland müsse dazu kommen, alle europäischen Vorgaben ohne Verschärfungen umzusetzen. Dies werde dem Land Auftrieb verschaffen.

Etwas ratlos wirkten die CDU-Vertreter beim LsV-Wahlforum als Marc Bernhardt auf die Marktmacht des Lebensmittel­einzelhandels zu sprechen kam. Man sei sich des Problems bewusst, es gebe Ideen, aber keine einfachen Lösungen, da rechtlich vieles schwierig sei, äußerten sie sinngemäß. „Wir haben bis jetzt den Hebel nicht“, sagte Kretschmer. Man sei für machbare Vorschläge offen, ergänzte Bilger.

Einer Herkunftskennzeichnung steht Bilger nicht ablehnend gegenüber, auch im Interesse der Verbraucher, wie er sagte. Landwirte müssten unter fairen Wettbewerbsbedingungen wirtschaften können. Kretschmer scheint einen anderen Ansatz zu präferieren. Wenn Produkte im europäischen Ausland billiger hergestellt werden können, weil hierzulande die Vorgaben verschärft wurden, müsse man sich doch die Frage stellen, ob man nicht zu weit gegangen sei, so der Ministerpräsident.

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