Ein Hilfskonvoi aus Luckau brachte Spenden nach Moldawien. (c) Heike Terno, privat

Eine Reise, die ins Herz brennt

Heiko Terno, Geschäftsführer vom Awo-Reha-Gut Kemlitz hat einen Hilfstransport der Stadt Luckau nach Moldawien begleitet. Die Bauernzeitung hat mit ihm nach seiner Rückkehr gesprochen.

Von Bärbel Arlt

Rund 1.800 Kilometer sind es von Luckau nach Moldawien, genauer gesagt nach Vadul lui Voda. Die etwa 5000-Einwohner zählende Stadt am Fluss Dnjestr ist eigentlich ein beliebter Urlaubsort. Doch das Bild hat sich gewandelt. Statt Feriengäste versorgen die Menschen von Vadul lui Voda Flüchtlinge aus dem großen Nachbarland Ukraine, in dem seit Wochen ein grauenvoller Krieg tobt. Es sind Kinder, Frauen, darunter auch Schwangere. Doch es ist schwierig, sie wirklich versorgen zu können, denn es fehlt an allem. Zudem leben viele Moldawier selbst unterhalb der Armutsgrenze. Und so wandte sich Vadul lui Voda mit einem Hilferuf an die Partnerstadt Luckau im brandenburgischen Landkreis Dahme-Spreewald. Auch die polnische Partnerstadt Slawa bat um Unterstützung.

Berührende Begegnungen und herzzerreißende Hilfsbereitschaft

Eine große Hilfsaktion wurde gestartet und die Spendenbereitschaft von Einwohnern, Firmen, Vereinen, Verbänden war enorm. Vieles kam zusammen: Matratzen, Liegen, Decken, Hygieneartikel, Lebensmittel wie Reis, Nudeln, Fertigprodukte, Konserven, Milch, Kakao und vor allem auch Salz.

Auf die Reise nach Moldawien machten sich ein 7,5-Tonner-Lkw sowie vier Transporter, darunter zwei vom Awo-Reha-Gut Kemlitz. Geschäftsführer Heiko Terno war beim Hilfstransport von Luckau mit dabei. Nach seiner Rückkehr in der vergangenen Woche haben wir mit ihm gesprochen. Was er während der mehrtägigen Fahrt, die überwiegend über Landstraßen durch Polen, Slowakei, Rumänien und Ungarn führte, und dann vor Ort erlebte, habe ihn tief berührt. „Es ist erschreckend, wie bitterarm dieses kleine Land ist, das von der Welt vergessen scheint. Dennoch gibt es eine so herzzerreißende Hilfsbereitschaft.“ Aber es fehle an so vielem, vor allem an Lebensmitteln.

Ein Hilfskonvoi aus Luckau  brachte Spenden nach Moldawien.  Hier Heiko Terno mit Küchenmitarbeiterinnen eines Sanatoriums
Ein Hilfskonvoi aus Luckau brachte Spenden nach Moldawien. Hier Heiko Terno mit Küchenmitarbeiterinnen eines Sanatoriums. (c) Heike Terno, privat

Hilfstransport Luckau: Tränen der Dankbarkeit

Wie schlimm die Situation ist, haben die Luckauer Helfer während ihres Aufenthaltes in einem Sanatorium der Stadt hautnah erlebt, wo 165 Flüchtlinge, darunter 30 Kinder, unterbracht wurden. „Die Vorratskammern waren völlig leer. Und die Suppe auf den Tellern bestand eigentlich nur noch aus Wasser“, beschreibt Heiko Terno das Unvorstellbare. „Die Küchenfrauen haben geweint, als wir die Lebensmittel abgeladen haben. Endlich konnten sie wieder etwas kochen und die Flüchtlinge versorgen.“ Doch Heiko Terno und auch allen anderen Helfern ist bewusst, dass die Hilfe ein Tropfen auf den heißen Stein ist und alles in ein paar Tagen aufgebraucht sein wird. Bisher kamen wohl auch Hilfsgüter aus einem zentralen Lebensmittellager in der Ukraine, doch auch das soll zerstört worden sein. Was die Menschen in dieser kleinen Stadt, in diesem kleinen Land leisten, hat Heiko Terno tief berührt, denn sie haben selbst nicht viel und leben im Armenhaus Europas.

Viele der Flüchtlinge, so haben die Helfer vor Ort erfahren, haben familiäre Bande in die Republik Moldau, andere, und auch das haben sie an den Grenzen erlebt, flüchten weiter nach Rumänien und Ungarn. Und es gibt auch Flüchtlinge, die in Moldawien ausharren und darauf warten, bald in ihr Heimatland, die Ukraine, zurückkehren zu können.

Man wird ganz schnell geerdet

Als Landwirt hat Heiko Terno während der Reise natürlich auch die Landwirtschaft im Blick gehabt. „Felder werden noch mit Pferd und Pflug und Wagen beackert. Mit alten Kinderwagen wird Holz aus den Wäldern geholt. Da wird man selbst ganz schnell geerdet, und es wird einem bewusst, wie gut es uns in Deutschland geht“, sagt der Awo-Geschäftsführer. Und man stehe dieser Armut und all dem Leid der Geflüchteten ohnmächtig gegenüber. Auch hat er links und rechts der Landstraßen über Hunderte von Kilometern unbewirtschaftete Flächen gesehen. „Warum?“, fragt er sich mit all dieser Not der Menschen vor Augen und meint: „Und wir beschäftigen uns mit Standards, Abgasnormen, GAP-Strategien …“ Im April soll es einen weiteren Hilfstransport nach Moldawien geben. Heiko Terno wird wieder mit dabei sein.

VON ZAHNPASTA BIS ZWIEBACK
DRK-Transport mit Hilfsgütern sächsischer Firmen
Mit einem Transport des Deutschen Roten Kreuzes wurden in der vergangenen Woche Hilfsgüter sächsischer Firmen nach Polen gebracht. Sie sollen in der Region Lubuskie (Lebuser Land) bei der Versorgung von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine weiter verteilt werden.
Bei den Hilfsgütern handelt es sich um haltbare Lebensmittel sowie Drogerieartikel. Die beteiligten Firmen – Dental Kosmetik Dresden, Bombastus-Werke AG Freital, Wurzener Nahrungsmittel GmbH und das Unternehmen Teigwaren Riesa – spendeten mehrere Europaletten Zahnpasta, Tee, Haferflocken und Dauerteigwaren. Die Neukircher Zwieback GmbH beteiligte sich mit einer Palette Zwieback. Das DRK Sachsen selbst sorgt für den Transport und steuert zudem weitere Paletten mit Hygieneartikeln wie Shampoo und Rasierer sowie Windeln und Covid-Schnelltests bei.
Sachsen ist seit 2008 mit der Region Lebus eng verbunden. Damals wurde eine gemeinsame Erklärung über partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen dem Freistaat Sachsen und der Wojewodschaft besiegelt.

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