Uckermärker in Münchhausen: Was erfolgreiche Zucht ausmacht
Die Lapro Ossak GmbH gehört sie zu den wichtigsten Uckermärker-Betrieben im Land und ist für ihre siegreichen Fleischrinder bekannt. Die Bauernzeitung besuchte Herdenmanager Enrico Jahre und sein Team vor dem Färsenchampionat in Groß Kreutz.
Von Wolfgang Herklotz
Hulda PP muss nicht lange motiviert werden. Es ist zwar angenehm kühl im Stall, während draußen schon fast hochsommerliche Temperaturen herrschen. Die Uckermärker-Färse wehrt sich kaum, als Enrico Jahre ihr das Halfter umlegt. Mit sanftem Druck führt er das 18 Monate alte Tier aus der Anlage raus auf die Weide, wo schon Dutzende Artgenossen grasen. Der Ausflug fällt heute etwas länger aus als üblich. Normalerweise geht es einmal rund um den in den 70ern erbauten Komplex am Rande von Münchhausen – tägliches Ritual seit Wochen, um Hulda PP für ihren bevorstehenden Auftritt im Großen Ring des Brandenburger Rindermarktes in Groß Kreutz führig zu machen. Doch um das rassige Jungrind vorab in der Bauernzeitung angemessen zu präsentieren, darf es schon mal etwas mehr Aufwand sein.
Uckermärker: Nicht nur die äußere Erscheinung zählt
Immerhin weiß die genetisch hornlose Hannes-PS-Tochter mit Tageszunahmen von 1.324 bzw. 1.326 Gramm und einem Relativzuchtwert Fleisch von 114 zu punkten. Die Zahlen sind aber längst nicht alles, um sich für ein Färsenchampionat zu qualifizieren, versichert Enrico Jahre. „Das Tier muss Gefallen finden. Da geht es nicht nur um äußere Erscheinungsmerkmale, sondern auch um ein ruhiges, ausgeglichenes Verhalten.“ An
dem es wohl nicht mangeln dürfte. Das hat zumindest die kleine Vorführung auf dem Grünland, umringt von neugierigen Mutterkühen mitsamt Kälbern, gezeigt. Der Züchter freilich hält nichts vor Vorschusslorbeeren. „Ob es auch funktioniert, wenn es darauf ankommt, werden wir noch sehen.“ Also fleißig weiter üben!
Bildergalerie: Uckermärker-Zucht in Münchhausen
Aktiv und erfolgreich bei Schauen und Auktionen
Der 40-Jährige ist Herdenmanager in der Lapro GmbH Ossak, einer Tochtergesellschaft der Agrofarm Goßmar eG. Der Betrieb im Landkreis Elbe-Elster bewirtschaftet knapp 700 ha, darunter 167 Hektar Grünland, und hält aktuell 139 Mutterkühe sowie drei Zuchtbullen der Rasse Uckermärker. Diese erfreute sich nach der Wende eines großen Zuspruchs unter Mutterkuhhaltern, weil die Tiere sehr frohwüchsig sind und auch kaum Probleme beim Abkalben haben. Die aus der Einkreuzung von Fleckvieh und Charolais hervorgegangenen Uckermärker vereinen viele Vorzüge dieser beiden traditionellen Fleischrindrassen und feierten im vergangenen Jahr das 30-jährige Jubiläum.
Seit 2008 werden in Münchhausen die robusten Rinder gezüchtet, mittlerweile 170 Kühe im Herdbuch geführt. Das Unternehmen hat sich in Züchterkreisen einen Namen gemacht, versichert Paul Bierstedt, Arbeitsgruppenleiter Fleischrindzucht bei der RBB Rinderproduktion Berlin-Brandenburg GmbH. „Die Lapro Ossak GmbH gehört zu den wichtigsten Uckermärker Betrieben im Land, aktiv und erfolgreich bei Schauen und Aktionen.“
Auf der jüngsten RBB-Auktion in Groß Kreutz stellten die Ossaker den Siegerbullen der Rasse, ein weiterer Vererber wurde an die Besamungsstation in Schmergow verkauft. Die Liste solcher „Ritterschläge“ ließe sich fortsetzen, die Siegerschärpen im kleinen Pausenraum der Anlage stehen für weitere Erfolge auf zahlreichen Schauen.
Besonders stolz ist Enrico Jahre auf die Kuh Jenny PP, die 2011 Bundessieger auf der Grünen Woche wurde und vier Jahre später diesen Titel verteidigen konnte. Jenny PP, die inzwischen 15 Jahre alt ist und bereits zwölf Mal abgekalbt hat, wurde auf Brandenburgs Landwirtschaftsausstellung BraLa im vergangenen Jahr zum Rassechampion gekürt. Obendrein konnte das Team von Enrico Jahre noch den Titel für die beste Betriebskollektion einheimsen.
Tiere immer im Blick und Standortvorteil
Gibt es so eine Art „Geheimrezept“ für solch erfolgreiche Zuchtarbeit? Der Herdenmanager schüttelt den Kopf. „Wir tun einfach das, was andere Züchter auch tun: Immer die Tiere im Blick haben.“ Jahre räumt ein, dass der Betrieb natürlich auch einen Standortvorteil hat. Das grundwassernahe Grünland sichert selbst in trockenen Zeiten einen guten Aufwuchs und bei regelmäßiger Pflege somit eine stabile Versorgung der Wiederkäuer, angereichert durch Mais- und Grassilage sowie Mineralfutter in der vegetationsarmen Zeit.
Zudem handelt es sich um arrondierte Flächen, die gleich hinter der Anlage beginnen und somit keine aufwendigen Umtriebe erfordern. Die Mutterkühe stehen das ganze Jahr draußen, werden lediglich zur Abkalbung im Stall untergebracht. Diese kann per Kamera verfolgt werden, um auch bei seltenen Komplikationen schnell helfen zu können.
Doch selbst die modernste Technik vermag den prüfenden Blick des Züchters, ob alles in Ordnung ist, nicht zu ersetzen. Das gilt ebenso für den frisch geborenen Nachwuchs wie für die Mutter- und Jungtiere auf der Weide. „Nur wenn die Tiere sich wohl fühlen und vital sind, können sie gute Leistungen bringen“, meint Enrico Jahre. Und schwört auf sein kleines, aber engagiertes Team von Mitarbeitern.
Er selbst ist zugleich noch im Zuchtbeirat des RZB eG und in der Interessengemeinschaft der Uckermärker aktiv. „Erfahrungen auszutauschen und sich weiterzubilden, gehört einfach mit zum Geschäft!“ Ein paar Stellschrauben gebe es durchaus noch zu drehen, um das Herdenmanagement zu verbessern, aber: „Wir haben unser System gefunden.“ Zu dem beispielsweise eine Gleitarbeitszeit gehört, um Überstunden bei der Tierbetreuung abzupuffern.
Enrico Jahre: „Was Besseres konnte mir nicht passieren“
Dass der (richtige) Bulle die halbe Herde ist, gilt auch in Ossak als Binsenweisheit. Selektion und gezielte Anpaarung als Züchters Maxime haben an Aktualität nichts eingebüßt. Doch eine wichtige Rolle spielt ebenso das von der RBB betreute Uckermärker-Projekt. Es sichert die Untersuchung der weiblichen Tiere und gibt Hinweise zu Abstammung, Hornstatus sowie möglichen genetischen Besonderheiten. Er habe es sich früher nicht vorstellen können, dass ihn all diese Dinge rund um die Zucht mal so faszinieren würden, gesteht Enrico Jahre. „Bis zur zehnten Klasse war ich mir noch nicht sicher, wo die berufliche Reise hingehen soll.“ Erst nach einem Praktikum in der Agrofarm Goßmar, in der sein Vater Helmut für die Tierproduktion verantwortlich war, keimte der Entschluss, eine Ausbildung als Landwirt aufzunehmen.
Doch das Faible für die Tiere kam erst später, dazu brauchte es Gespräche mit dem Verantwortlichen und eine damit einhergehende Bedenkzeit. Nach Fachabitur und Studium an der Hochschule Dresden übernahm der Diplom-Agrarwirt vor 13 Jahren schließlich die Verantwortung für die Uckermärker und zugleich noch für zwei weitere zum Verbund gehörende Unternehmen, die sich mit der ökologischen Haltung von Uckermärkern beschäftigen. Er sei gut ausgelastet, meint er und schmunzelt ein bisschen in seinen Bart. „Aber was Besseres konnte mir nicht passieren.“
„Uckis“ wieder in Groß Kreutz dabei
Ehrensache, dass er selbst dafür sorgt, die bereits erwähnte Hulda PP für das bevorstehende Färsenchampionat führig zu machen und sie dann auch im Ring zu präsentieren. Er kann dabei aber auch auf tatkräftige Unterstützung von Elisabeth Ende setzen, die sich um die umfangreiche Büroarbeit kümmert und sehr gut mit Tieren umzugehen weiß. „Elisabeth ist noch gar nicht so lange bei uns, hat sich aber klasse eingearbeitet.“
Neben Hulda PP wird mit Ira Pp noch eine weitere Färse aus Ossak auf der Auktion im Brandenburger Rindermarkt angeboten. Es handelt sich um eine Premiere für den Betrieb, weil der bislang noch nicht als Beschicker von weiblichen Jungrindern in Aktion getreten war. Zumal sich die „Uckis“, wie es in Züchterkreisen heißt, in den letzten Jahren beim Best Of ziemlich rar gemacht hatten. Dementsprechend groß dürften die Erwartungen sein, oder? „Entscheidend ist doch, dass wieder attraktive Uckermärker in Groß Kreutz zu sehen sind“, meint Enrico Jahre gelassen. Aber ein bisschen aufregend sei das trotzdem.
15. Deutscher Färsenchampionat in Groß Kreuz
Beim 15. Deutschen Färsenchampionat in Groß Kreuz am 23. April 2024 wurden vier Uckermärker-Färsen aufgetrieben. Hulda PP kam für 3.600 Euro „unter den Hammer“. Der Durchschnittserlös lag bei 3.550 Euro. Insgesamt wurden 81 Färsen von acht Rassen versteigert.
Mehr zur Auktion lesen Sie hier: www.rinderzucht-bb.de
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