Jagd betrifft viele. So sah eine Gemeinschaftsjagd vor Corona aus. (c) Heike Mildner

Rückendeckung für Vogels neues Jagdgesetz

Das Brandenburger Jagdgesetz soll umfassend überarbeitet werden. Die großen Landnutzerverbände haben dazu einen Vorschlag präsentiert. Einer neuen Allianz, der keine Landwirte angehören, geht das nicht weit genug.

Zuerst legten am 27. November die Verbände, die im Forum Natur Brandenburg zusammenarbeiten, ihre Vorschläge für Jagd und Wildtiermanagement vor. „Wir unterbreiten der Landespolitik einen umfassenden Vorschlag, der mit Augenmaß den praktischen Bedarf für die Überarbeitung in den Fokus nimmt und sich dabei der Herausforderung stellt, die Jagd unter den gegenwärtigen gesellschaftspolitischen Rahmenbedingungen zu justieren“, begründete Dr. Dirk-Henner Wellershoff, Präsident des Landesjagdverbandes, die Offensive. Das Papier enthalte für annähernd alle Regelungsgegenstände des Gesetzes Vorschläge, gehe aber nicht den Weg, durch ein sogenanntes Vollgesetz quasi alles, so auch das Bewährte, infrage zu stellen.

Nicht Bewährtes im neuen Jagdgesetz in Frage stellen

Bei den Vorschlägen hätten insbesondere Fragen der Betroffenheit der Grundeigentümer und der Landnutzer im Fokus gestanden. Thomas Weber, Vorsitzender des Waldbesitzerverbandes: „Mit der neuen Möglichkeit der Bildung von Jagdbezirken durch Forstbetriebsgemeinschaften, der Neuregelung der Abschussplanung inklusive einem landesweiten System zur Aufnahme des Wildeinflusses auf die Vegetation und den Möglichkeiten einer Wildschadensgeneralklausel stehen gute Vorschläge im Raum, die das Jagdrecht als Bestandteil des Eigentumsrechts stärken.“ Damit dieses jedoch auch in der Praxis gelingen könne, läge ein weiterer Schwerpunkt auf Vorschlägen zum praktikablen Handlungsrahmen für die Jägerschaft, die ihr Handwerk zukünftig stärker zielorientiert ausüben müsse, so Weber. Daher seien auch viele Detailfragen, wie der Einsatz von Jagdhunden, die Schaffung der Institution eines Stadtjägers und die Frage der Entbürokratisierung bei der Abschussplanung, in den Katalog der Vorschläge eingeflossen.

Schussschneiesen und Ansitze gesetzlich regeln

Henrik Wendorff, Präsident des Landesbauernverbandes betonte, dass jagdlicher Erfolg vom Dialog verschiedener Partner abhängig ist. Erstmalig solle daher auch eine Mitwirkung an der Wildschadensvermeidung, die Duldung von jagdlichen Ansitzeinrichtungen und die Anlage von Schussschneisen im Gesetz geregelt werden. Dabei gelte es sich im Rahmen der Wildschadensfrage auch völlig neuen Herausforderung zu stellen. Wendorff nannte neu oder verstärkt auftretender Wildarten wie den Elch, für die zukünftig ein Schadensausgleich aus der Staatskasse vorgesehen werden müsse.

„Die Novelle muss sich dem Anspruch stellen, die Jagd unter dem heute gängigen Begriff des Wildtiermanagements zu justieren“, so Dirk Wellershoff. Man verstehe den Vorschlag daher insbesondere als Appell an den politischen Raum. Die Novelle müsse das Ziel verfolgen, dass sowohl die Jägerinnen und Jäger als auch weite Teile der Gesellschaft das neue Jagdgesetz als ihr Gesetz anerkennen und zukünftig mit Motivation und Freude nach ihm verfahren, mahnte das Forum Natur Ende November.



Waldbauernbund im neuen Bündnis

Jeder Waldeigentümer soll auf seinen Flächen künftig jagen dürfen. So will die neue Allianz aus Umwelt- und Forstverbänden u.a. den hohen Bestand an Rehwild senken. (c) Sabine Rübensaat

Am Dienstag (15.12.) legte ein neu formiertes Bündnis nach. Es fordert, das Brandenburger Jagdgesetz müsse eine natürliche Waldentwicklung ermöglichen und zum Artenschutz beitragen. Das Bündnis besteht aus BUND, Nabu, Waldbauernverband und Ökologischem Jagdverein (ÖJV). Es habe sich auf Initiative der Arbeitsgemeinschaft Naturgemäße Waldwirtschaft (ANW) zu einer gemeinsamen Position zum Jagdgesetz zusammen gefunden, heißt es in einer Pressemitteilung. Der Umbau der Kiefernforsten zu klimaangepassten Mischwäldern sei in der notwendigen Dimension und Geschwindigkeit allein durch Pflanzungen nicht zu schaffen.

„Zur Zeit werden jährlich 2.140 ha Forst umgewandelt. Bei dieser Geschwindigkeit würde es noch 234 Jahre dauern, bis der gesamte Brandenburger Wald umgebaut ist. Auch wenn Pflanzungen aufgrund bestimmter Gelände- und Standorteigenschaften notwendig sind, ist die natürliche Verjüngung unverzichtbar. Diese wird aber durch den hohen Wildbestand verhindert“, erklärt das Bündnis und beruft sich auf die dritte Bundeswaldinventur. Seine Forderung: „Die Jagd soll sich auf die Interessen der wirtschaftenden Betriebe zur Entwicklung von klimastabilen und gemischten Wäldern und einer ordnungsgemäßen Landwirtschaft fokussieren.“

Forderung: Jagd auf eigenen Flächen erlauben

Dietrich Mehl, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Naturgemäße Waldwirtschaft (ANW) mahnt an, dass jedem Waldeigentümer und -besitzer die Jagd auf seinen eigenen Flächen erlaubt sein müsse. Gemeint sind damit ausdrücklich Jagdflächen ab einem Hektar Größe. Bislang schreibt das Jagdgesetz in Brandenburg eine Mindestgröße von 150 ha für Eigenjagden vor. Die gesetzlichen Mindestpachtzeiten seien abzuschaffen, denn sie würden es dem Waldeigentümer erschweren, den Jagdpächter zu wechseln, wenn dieser nicht in seinem Sinne handelt.

Carsten Preuß, Vorsitzender des BUND Brandenburg wird deutlich: „Die Interessen vieler Jagdpächter stehen einer natürlichen Waldentwicklung diametral entgegen. Die meisten Jagdpächter wollen einen hohen Wildbestand, um häufig bei der Jagd erfolgreich zu sein.  Das bedeutet aber, dass viele Jungbäume vom Wild gefressen werden. Zu viele, um den dringend benötigten Waldumbau voran zu bringen. Das neue Jagdgesetz muss hier stärker regulierend eingreifen.“

Ein wesentlicher Grund für den hohen Wildbestand sieht die neue Allianz in den Kirrungen, also das Anlocken des Wildes mit Futter. Das Verbändebündnis fordert ein Verbot der Kirrung. Außerdem seien Abschusspläne abzuschaffen, sie seien zu langfristig angelegt und hätten nicht die notwendige Reduzierung von Rot-, Dam- und Rehwild gebracht. Stattdessen solle die Bejagung auf der Basis von behördlich durchgeführten Vegetationsgutachten und Wildzustandsberichten erfolgen, fordern die Verbände.

Jagd auf Zugvögel verbieten

Um den Artenschutz zu verbessern, wollen die Verbände die Jagd auf Zugvögel komplett verbieten lassen. Wildarten, die dem Artenschutz unterliegen, wie beispielsweise der Iltis, seien aus dem Jagdrecht zu nehmen. Eine eventuell notwendige Regulierung dieser Arten unterliege dem Naturschutzrecht.

Zum Schutz von Mensch, Tier und Umwelt sollte nach Ansicht des Bündnisses die Jagd mit bleihaltiger Munition ausnahmslos verboten werden. Das Schwermetall verbleibe zu großen Teilen in der Natur, gelange in Gewässer, Moore und Feuchtwiesen und belaste das Grundwasser. Zudem stelle es eine konkrete Gefährdung vieler Greifvögel dar, so die Umweltverbände.



Agrarumweltminister Axel Vogel begrüßte unmittelbar nach Erscheinen der Stellungnahme die Diskussion um die Neuausrichtung des Jagdrechts. Er sehe in diesem breiten Engagement ein Zeichen der großen Betroffenheit der Menschen im ländlichen Raum. Für die von der Landesregierung geplante Novellierung des Brandenburgischen Jagdgesetzes erarbeitet das Agrarumweltministerium derzeit den Referentenentwurf. Er soll im ersten Quartal 2021 mit dem Landesjagdbeirat diskutiert werden soll.

Ministerium bietet Gespräche zum Jagdgesetz an

„Wir teilen die Auffassung, dass bestehende gesetzliche Regelungen im Jagdrecht geändert werden müssen, damit die intensiven Bemühungen, den Brandenburger Wald klimaresilient umzubauen, fruchten können. Pflanzungen und Naturverjüngung werden erst dann Erfolg haben, wenn die Jungpflanzen nicht mehr durch überhöhte Wildbestände an Rehen und Hirschen aufgefressen werden. Viele Anregungen dieser Verbände treffen bei uns auf offene Ohren“, so Axel Vogel. „Die Eigentümer, die für die Verjüngung ihres Waldes verantwortlich sind, müssen stärkere Möglichkeiten bekommen, auf die Jagd auf ihren Flächen Einfluss zu nehmen.“

Ziel der Novellierung müsse es sein, so Vogel, Wildschäden in der Land- und Forstwirtschaft zu minimieren. Besonders soll die artenreiche, gemischte natürliche Verjüngung des Waldes möglich sein. Auch der Bürokratieabbau müsse bei den Änderungen in den Fokus genommen werden. „Hier ist jede Unterstützung willkommen.“

Das Ministerium biete sowohl dem Forum Natur wie auch der jetzt gebildeten Allianz zeitnah Gespräche zu den vorgebrachten Vorschlägen an, heißt es vonseiten der Behörde.