Verhaltensforschung: Umtrunk im Schweinestall
Der 1. März ist der Internationale Tag des Schweins. Die Idee für den National Pig Day geht auf das Jahr 1972 zurück. Erfunden haben ihn zwei US-Amerikanerinnen während eines Familienfestes. Je nach Region wird der Tag des Schweins etwas anders interpretiert. Zum Ehrentag wird ein Einblick in die Geschichte der Verhaltensforschung von Schweinen geben, dabei stellt sich die Frage: Sind Mensch und Schwein gleichgesinnt?
Von Manfred F. Golze
Der größte Feind der Menschen wohl, das ist und bleibt der Alkohol. Doch schon in der Bibel steht geschrieben: „Du sollst auch deine Feinde lieben“. Die nachfolgenden Zeilen werden zeigen, dass das ein Beispiel dafür ist, das sich Menschen und Schweine sehr nahe sind. Mir sind drei nahezu gleichgerichtete „Versuche“, zwischen Anfang der 70-er bis Anfang der 80-er Jahre, bekannt. Verhalten sich Schweine genauso wie Menschen, wenn sie Alkohol trinken?
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Verhaltungsforschung: Der Edelschwein-Chef, der zu viel trank
Erstmals hörte ich von Prof. Helmut Pfeiffer in der Vorlesung zur Schweinezucht an der Sektion Tierproduktion der Universität in Leipzig 1973 über einen Versuch vom Verhaltensforscher Prof. Günter Tembrock, bekannt aufgrund seiner vielen Fernsehauftritte und an der Humboldt Universität Berlin lehrend, wo einer Gruppe von sechs Jungebern der Rasse Edelschwein Alkohol angeboten wurde.
Natürlich gab es unter den sechs eine klare Rangordnung. Der Ranghöchste trank zu viel und verlor sofort seinen Status und wurde vom zweiten als „Chef“ abgelöst. Der dritte, vierte und fünfte Eber trank verhalten und es gab kaum Probleme bezüglich Stellung. Das rangniedrigste Tier, das nichts zu verlieren hatte, trank sehr viel Alkohol, er wusste, dass er unten steht und nichts zu verlieren hat.
Da der abgesetzte Führer seinen Fehler erkannte, wurde er trocken und gewann seinen Status zurück. Wochen später, die alte Ordnung war wieder hergestellt, wurde den Schweinen wieder Alkohol angeboten. Das ranghöchste Tier hatte aus seinem Fehler gelernt. Es trank nicht, es soll sogar versucht haben den Trog umzuschütten. Die andern tranken wenig. Nur der rangniedrigste Eber, der nichts zu verlieren hatte, sprach den Alkohol wieder stark zu.
Weitere Umtrünke für die Wissenschaft: Ergebnisse
Ende der 70-er Jahren und Anfang der 80-er Jahren berichteten die Universität Göttingen von einen in etwa nachgestellten Versuch mit Schweinen „Göttinger Zwergschweinen“. Das Ergebnis war nahezu identisch. Auch beim „Trinkgelage“ für sieben Schweine an der Universität in Missouri – organisiert 1977 aus rein wissenschaftlichen Gründen.
Die Verhaltensforscher kannten die Hierarchie – es gab eine natürliche Rangordnung. Die Frage war, was bei Alkohol passiert und ob es Ähnlichkeiten mit menschlichen Gruppen gibt. Schon bald zu Beginn trank der Anführer (King Pig) zu viel und verlor seinen Status. Hier übernahm das Schwein im dritten Rangstatus die Führerrolle.
Aus Fehlern lernen?
Da Schweine intelligente Tiere und der Führer intelligenter als die meisten anderen, erkannte King Pig seinen Fehler, wurde trocken und gewann seinen Status zurück. Auch hier tranken die Schweine im Mittelfeld mäßig. Nur das letzte der Schweine das ganz unten auf der Leiter stand akzeptierte seinen Platz und trank so stark Alkohol, dass es ein Alkoholproblem hatte.
Kalter (Liebes)Entzug
Im Buch von Richard Lutwyche „Das Schwein“, wurde ein weiterer Sachstand beschrieben. Ein Farmer mit Berkshire Schweinen gestattete, dass Schweinehalter mit kleinen Beständen mit ihrer Sau zu seinem Eber kamen. Eine dieser Sauen wurde zum Eber geführt. Trotz Avancen zeigte sie aber die kalte Schulter. Erst langsam besserte sich die Laune der Sau. Der Instinkt setzte sich durch, es kam zu einer erfolgreichen Paarung.
Als der Halter die Sau abholte, klärte sich das Verhalten der Sau: Der Halter führte eine Gastwirtschaft und die Sau bekommt jeden Tag einen Eimer mit all den Resten, sodass die Sau ständig leicht beschwipst war. Während der Anbahnungsphase auf dem Hof des Farmers machte sie einen kalten Entzug durch, denn sie hatte plötzlich ihren Zugang zu Alkohol verloren.