Rettungshunde: Immer der Nase nach

Sie ist einsatzbereit, wenn es heißt, vermisste Personen aufzuspüren – die Rettungshundestaffel vom Arbeiter-Samariter-Bund des Landkreises Elbe-Elster. Damit im Ernstfall alles klappt, üben sie mit ihren Hunden intensiv, regelmäßig – und ehrenamtlich. Wir waren bei einem Training dabei. 

Von Bärbel Arlt

Eine Kitagruppe spaziert fröhlich durch den Wald. Es ist ein schöner sonniger Morgen, die Luft ist klar, denn in der Nacht hat es ein bisschen geregnet. Doch plötzlich bemerken die Erzieherinnen, dass sich ein Mädchen entfernt hat. Kein Rufen, keine Suche helfen – die Kleine ist verschwunden. Dann geht alles ganz schnell. Die Polizei wird informiert, die Rettungshundestaffel alarmiert – und die Suche dem vermissten Kind beginnt … 

Ein fiktives Szenario. Doch genau für solche oder ähnliche Einsätze trifft sich die Rettungshundestaffel vom Regionalverband des Arbeiter-Samariter-Bundes Elbe-Elster (Brandenburg) zweimal wöchentlich mehrere Stunden zum Training. „Und das sollte so realistisch wie möglich sein. Deshalb trainieren wir auch immer an einem für die Hunde fremden Ort mit wenn möglich unbekannten Versteckpersonen,“ sagt Staffelleiterin Sabine Richter. An diesem Samstagvormittag ist es ein bewaldetes unwegsames ehemaliges Betriebsgelände am Rande von Elsterwerda. Ideal für die vierbeinigen Spürnasen, die gespannt in den Autos und Boxen warten, bis sie dran sind, denn trainiert wird mit jedem Hund einzeln. Arma zum Beispiel soll die kleine Lina suchen. Sabine Richter hält ihr kurz ein Kopftuch des Mädchens vor die Nase und auf gehts mit flottem Tempo durch den Wald. Nach wenigen Minuten hat der italienische Jagdhund die Zweijährige gefunden – und wird dafür ausgiebig gelobt und mit einem Festessen belohnt: gekochte Lunge mit gekochten Möhren. Von der kleinen Lina gibt es für den siebenjährigen Vierbeiner außerdem noch etliche Streicheleinheiten. Denn vor großen Hunden hat die Kleine überhaupt keine Angst, ist doch Mama Anne mit Therapiehund Hunter auch Mitglied im Verband.  

Spannendes Spiel für die Rettungshunde

„So komisch es klingen mag, aber für unsere Hunde ist die Suche nach vermissten Personen das spannendste Spiel der Welt. Sie wollen suchen und finden“, sagt Sabine Richter, die im vergangenen Jahr mit weiteren Rettungshundeführern die erste ASB-Rettungshundestaffel in Brandenburg gegründet hat. Momentan besteht sie aus zehn Hundeführern mit 13 Hunden. Die meisten von ihnen haben allerdings schon viele Jahre zuvor in anderen Staffeln trainiert und Erfahrungen gesammelt. Denn Rettungshund und Rettungshundeführer wird man nicht einfach so. Mindestens zwei Jahre dauert die Ausbildung, die sehr intensiv und zeitaufwendig ist. Dazu gehört auch ein Sanitätshelferlehrgang, theoretischer und praktischer Unterricht, bei dem unter anderem Einsatztaktik, Hundetransport und Geländeorientierung gelernt werden. Wichtig sind aber auch persönliche Voraussetzungen wie körperliche Fitness, Belastbarkeit, die Bereitschaft im Team zu arbeiten und nicht zuletzt natürlich Liebe und Leidenschaft für den Vierbeiner. Dieser wiederum muss Menschen mögen und sich mit anderen Hunden verstehen. Er darf nicht zu klein und ängstlich sein, muss eine gute Kondition haben, sich motivieren lassen. Und vor allem braucht er eine gute Nase, die übrigens über 200 Millionen Riechzellen hat. Beim Menschen sind es nur an die fünf Millionen. Und ein Rettungshund schafft es zudem, innerhalb von 20 Minuten bis zu 30.000 Quadratmeter abzusuchen. 

Rettungshundestaffel Elbe Elster
Voller Elan und Freude. Selbst nach 800 Trainingsstunden und 20 Einsätzen. © Sabine Rübensaat

Ausgebildet werden in der Rettungshundestaffel vom ASB Regionalverband Elbe-Elster sowohl Flächensuchhunde als auch Mantrailer. „Flächenhunde suchen in unwegsamen Gelände jeden Menschen, der sich dort aufhält. Mantrailer, also Personenspürhunde, wiederum folgen gezielt der Geruchsspur einer vermissten Person“, erklärt Sabine Richter den Unterschied. Doch wie schafft man es, dass ein Hund Menschen sucht, gehören doch zu seiner Beute eher Hase oder Katze? Ganz einfach mit Leckerlis wie Pansenwurst oder Würstchen, mit denen die Supernase nach erfolgreicher Suche belohnt wird! „Für ein Stück Ziegengouda hat mein Bouvier alles gemacht“ wirft Sabine Richter lachend ein. Und der fünfjährige Baster wiederum zeigt, dass er für einen kleinen Ball schnell mal meterhoch übers Baumgestrüpp springen kann. „Spaß ist ganz wichtig im Training“, sagt Daniela Fuchs und fügt hinzu: „Doch wer sich entscheidet, bei uns mitzumachen, muss wissen, dass es hier um mehr geht als nur um eine simple Beschäftigung. Unser Ziel ist es, Menschen zu retten.“ 

ettungshundestaffel_Elbe-Elster ASB
Logo dee Rettungshundestaffel vom Arbeiter-Samariter-Bund des Landkreises Elbe-Elster. © Sabine Rübensaat

Und das ist eine komplett ehrenamtliche Aufgabe. „Wir werden im Ernstfall nicht wie die Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr vom Arbeitgeber freigestellt. Einen  
Verdienstausfall gibt es auch nicht“, erklärt Sabine Richter, die Lehrerin an einem beruflichen Schulzentrum ist. Ihre Mitstreiter arbeiten als Erzieherin, Physiotherapeutin, im Sicherheitsdienst oder sind selbstständig. „Da ist ein Einsatz während der Arbeitszeit meist nicht möglich.“ Worte, in denen der Wunsch nach mehr Wertschätzung mitschwingt. Doch was für jeden wirklich zählt, ist die Motivation, Menschen in Not zu helfen. „Wir haben alle das absolute Helfersyndrom und das schweißt zusammen“, bringt es Aileen Büttner auf den Punkt. Seit der Gründung im März 2018 hat die Staffel rund 800 Trainingsstunden und 20 Einsätze absolviert. „Und jeder Einsatz geht an die Nieren“, sagt Hannelore Schollbach „weil immer persönliche Schicksale damit verbunden sind.“ Doch manchmal ist es besonders schlimm – wie vor sieben Jahren, als zwei Geschwister in der eisigen Saale bei Weißenfels ertrunken waren. Auch die kleine Inga, nach der vor vier Jahren bei Stendal fieberhaft gesucht wurde und die bis heute vermisst wird, geht Sabine Richter nicht aus dem Kopf.  

Doch zum Glück werden die meisten Personen lebend und auch meist unversehrt wiedergefunden. Und dafür trainieren die Rettungshundeführer mit ihren Hunden gern und hart in ihrer Freizeit, lassen sich prüfen, bilden sich weiter. nehmen an Veranstaltungen teil und gehen auch an Schulen. Denn neue Mitglieder sind immer willkommen. „Auch wer keinen eigenen Hund hat, so Staffelleiterin Sabine Richter, kann uns als Helfer im Training und bei Einsätzen unterstützen.“