Drehen am Mühlrad: Gerhard Schmidt vom Plossiger Sägewerk, Vereinschef Wilfried Pötzsch, Biologe Dr. Bernd Simon und Bauingenieur Bernd Seidel (v. l.)

Frische Brise für alte Windmühle

In Plossig in Sachsen-Anhalt haucht der Mühlen- und Dampfmaschinenverein nicht nur einer alten Bockwindmühle neues Leben ein. Er will auch das historische Sägewerk erhalten.

Von Bärbel Arlt

Das Pfingstwochenende hatten sich die Mitglieder des Mühlen- und Dampfmaschinenvereins in Plossig (Landkreis Wittenberg) ganz anders vorstellt. Stolz wollten sie ihren Besuchern zum traditionellen Mühlentag, der aufgrund von Corona abgesagt wurde, ihre Bockwindmühle präsentieren. Immerhin steckt in dem in dem fast 200-jährigen Kulturdenkmal nicht nur viel Geschichte, sondern auch sehr viel Enthusiasmus der 27 Vereinsmitglieder.

Ursprünglich stand die Mühle im etwa 23 Kilometer entfernten Schweinitz. Noch bis Ende der 1950 Jahre war sie dort betrieben worden, dann hatte zwischen Holzstapeln und alten Obstbäumen an ihr der Zahn der Zeit genagt. Schwamm, Pilz und Holzwurm hatten sich breitgemacht, und die Mühle sollte abgerissen werden. Das wussten die Mitglieder des Mühlen- und Dampfmaschinenvereins 2017 dank ihrer Leidenschaft für historische Technik zu verhindern, retteten die alte Dame und geben ihr in Plossig ein neues Zuhause.

Fördermittel und viel Herzblut

Eine fast 200-jährige Bockwindmühle wird vom Mühlen- und Dampfmaschinenverein wieder aufgebaut.

Seit zwei Jahren investieren sie viel Zeit und vor allem Herzblut in den denkmalgerechten Wiederaufbau. „Am Anfang war es lediglich die Liebe zu der alten Mühle, die wir unbedingt erhalten wollten. Und keiner von uns ahnte wirklich, was da auf den Verein und das Dorf zukommt“, berichtet Bauingenieur Bernd Seidel (61), der nicht nur ehrenamtlich die Baukoordination übernommen, sondern sich von Beginn an auch um Anträge und Genehmigungen gekümmert hat und dabei so manche bürokratische Hürde meistern musste. „Er hat sich die Finger wund geschrieben“, lacht Vereinschef Wilfried Pötzsch (70). Doch das mit Erfolg.

Bisher sind 170.000 Euro aus dem europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums in den Wiederaufbau geflossen, auch die Sparkassen-Stiftung konnte für eine Förderung gewonnen werden. Die landwirtschaftlichen Betriebe der Region helfen mit Logistik und Technik und nicht zuletzt die Vereinsmitglieder selbst mit unzähligen unentgeltlichen Arbeitsstunden. „Und vor einer Woche haben wir die Zusicherung für weitere 90.000 Euro Leader-Förderung bekommen, um die Mühle mahlfertig wiederherzurichten“, freut sich Bernd Seidel. Dennoch hofft der Verein dringend auf weitere Sponsoren und Spenden, ist doch ein Eigenanteil von 25 Prozent aufzubringen, was für den kleinen Verein schwer zu stemmen ist. „Jeder Cent zählt“, so Pötzsch.

Die Holzkonstruktionen in der Mühle sind nahezu vollständig ersetzt worden, da von der alten hölzernen Substanz wenig gerettet werdenkonnte.Erhaltengeblieben aber ist zum Glück der sogenannte Hausbaum (l.) aus Eiche, auf dem das gesamte Mühlenhaus steht.

Die Holzkonstruktionen in der Mühle sind nahezu vollständig ersetzt worden, da von der alten hölzernen Substanz wenig gerettet werdenkonnte.

Die Holzkonstruktionen in der Mühle sind nahezu vollständig ersetzt worden, da von der alten hölzernen Substanz wenig gerettet werdenkonnte.Erhaltengeblieben aber ist zum Glück der sogenannte Hausbaum (l.) aus Eiche, auf dem das gesamte Mühlenhaus steht.

Die Holzkonstruktionen in der Mühle sind nahezu vollständig ersetzt worden, da von der alten hölzernen Substanz wenig gerettet werdenkonnte.

Die Holzkonstruktionen in der Mühle sind nahezu vollständig ersetzt worden, da von der alten hölzernen Substanz wenig gerettet werdenkonnte.Erhaltengeblieben aber ist zum Glück der sogenannte Hausbaum (l.) aus Eiche, auf dem das gesamte Mühlenhaus steht.

Die Holzkonstruktionen in der Mühle sind nahezu vollständig ersetzt worden, da von der alten hölzernen Substanz wenig gerettet werdenkonnte.

Im Oktober 2018 war Grundsteinlegung, und im Oktober 2019 wurde Richtfest gefeiert, bei dem, so will es die Tradition, in den Mehlbalken der Mühle die letzten Nägel eingeschlagen wurden. Allerdings konnte von der alten hölzernen Substanz der Mühle nur wenig gerettet werden. Anders schaut es mit der historischen Technik aus, die zum Teil noch funktionsfähig ist und nach der Aufarbeitung eingebaut werden soll. Auch die Flügel, die ebenfalls neu entstehen, müssen noch montiert werden.

Doch mit einem fixen Datum für die Eröffnung der Mühle hält sich der Vereinschef mit einem schelmischen Augenzwinkern Richtung BER erst mal zurück. Ziel ist es auf jeden Fall, dass die Mühle wieder voll funktionsfähig ist und betrieben wird. Dafür konnte der Verein Müllerin Ina Hänsch-Goldau aus Jüterbog gewinnen. Doch nicht nur Mehl soll in Plossig gemahlen werden. „Wir wollen rund um die Mühle unseren Besu- chern auch den Prozess vom Korn bis zum Brot zeigen und dafür alte Technik einbinden.“ Dafür wiederum konnte bereits jetzt als Mitstreiter der Lanz-Bulldog-Verein aus dem Nachbardorf begeistert werden. Auch soll ein gläsernes Bienenhaus entstehen, und ein junger Imker will eng mit Schüler zusammenarbeiten, die auch ein Bienenvolk betreuen sollen. So ist die Mühle nicht das einzige Projekt des Vereins, der sich 2015 vor allem mit dem Ziel gegründet hat, alte Technik zu erhalten.

Dampflokomobile im alten Sägewerk

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Dazu gehört auch das Dampfsäge & Hobelwerk. Herzstück des über 100-jährigen Betriebes ist eine Dampflokomobile, die 1939 in Magdeburg gebaut wurde und noch voll funktionsfähig ist. Zu besonderen Anlässen wie dem jährlichen Standmotorentreffen wird sie auf Touren gebracht wird. „Diese Maschine ist eine von nur noch drei, die deutschlandweit in Betrieb sind“, weiß Gerhard Schmidt (69), der gemeinsam mit seinem Bruder Hartmut (65) viel Leidenschaft, Geld und Zeit in den Erhalt der historischen Dampflokomobile und ins Sägewerk mit seinen alten Loren und Gattern steckt.

Das technische Juwel des Betriebes ist eine 1939 in Magdeburg gebaute Dampflokomobile.

Das Gatter mit dem die Holzstämme zu Brettern gesägt werden.

Das Gatter mit dem die Holzstämme zu Brettern gesägt werden.

Und dann steht an einem Feldrand des Dorfes noch ein einst von der Landwirtschaft genutzter Trafoturm. „Daraus soll ein Aussichtsturm mit Tierhotel werden,“ erklärt Biologe Dr. Bernd Simon. Einziehen sollen zum Beispiel Eulen, Turmfalken, Fledermäuse. Zwei Außentreppen führen die Besucher zu einer Aussichtsplattform, von der aus der Blick über die Elbauenlandschaft schweifen kann, in der sich sogar ein weit über 1.000-jähriger slawischer Burgwall befindet. Der Verein hofft auch auf viele Radfahrer, die vom nahen Elb- und Schwarze-Elsterradweg aus einen Abstecher nach Plossig machen.

Doch bei all den optimistischen Plänen für die Zukunft zeigen sich auch Sorgenfalten auf der Stirn des Vereinschefs. Zum einen sind es Bedenken, das sich die Coronakrise auf Zahlung und Verteilung von Fördermitteln auswirken könnte, zum anderen sind es Nachwuchsprobleme. „Unser Bestreben ist es, die Jugend für die Vereinsarbeit zu begeistern in der Hoffnung, dass sie mit Elan fortführt und erhält, was wir bis jetzt schaffen und schaffen werden und auf das wir alle sehr stolz sind.“