Neuer Stall zum Quotenende

Musste die GbR wachsen, um nicht dem Strukturwandel zum Opfer zu fallen?

von Rudi-Michael Wienecke

Ein neuer Stall mit 335 Kühen samt Nachzucht, modernste Melktechnik und ein engagiertes Betreuerteam – damit dürfte ein Milchviehbetrieb für den freien Markt gut gerüstet sein. Im März nahm die Lenz GbR in Schinne, Landkreis Stendal, ihre neue Anlage in Betrieb, wenige Tage später verabschiedete sich die EU von der Milchquote. Musste die GbR wachsen, um nicht dem Strukturwandel zum Opfer zu fallen?

„Das Quotenende war nicht unbedingt entscheidend für die Investition, aber es spielte mit rein“, erklärt Betriebsleiter Frank Lenz, neben seiner Mutter Elke gleichzeitig einer der beiden Gesellschafter. Werden Bund und EU nicht die gesetzlichen Rahmenbedingungen ändern, werde der freie Milchmarkt den Strukturwandel hin zu größeren Einheiten fördern, sagt er voraus. Die Milchbauern hätten eben ein schlechtes Verhandlungsmandat gegenüber den Molkereien, die Margen seien gering. Deshalb bedürfe es eben einer gewissen Größenordnung, um handlungsfähig zu bleiben.

Privat mehr Freiraum

Hauptgrund für seine Investition war aber viel mehr der Anspruch, den er und seine Familie an das Leben haben. Es gehe schlicht darum, auch einmal Urlaub machen zu können. Bisher standen 120 Kühe im Stall. Das sei eine Größenordnung, die einen Familienbetrieb auszeichnet. Puffer für fremde Arbeitskräfte bleibe da kaum, und da Kühe zweimal täglich an 365 Tagen im Jahr gemolken werden müssen, werde die Familie zum Sklaven des eigenen Hofes. „Das ist ein Lebensmodell, was wir nicht wollten“, gesteht Lenz.
So gab es zwei Alternativen: Entweder die GbR verabschiedet sich von der Milcherzeugung und setzt andere Schwerpunkte, oder sie wagt den Sprung in eine Größenordnung, in der die künftige Organisation der Familie und den Fremd­arbeitskräften Freiraum lässt.

Im April vergangenen Jahres begann der Bau der neuen Stallanlage, die mittlerweile bezogen ist. Die Zahl der Kühe hat sich fast verdreifacht. 100 Tiere wurden zugekauft, der Rest konnte aus der eigenen Nachzucht rekrutiert werden. Auf den Stress während der Bauphase reagierten die Tiere empfindlich. Die Milchleistung pro Kuh und Jahr sank auf etwa 9 200 Kilogramm. Lenz ist sich aber sicher, dass unter den nun optimalen Bedingungen die 10 000 Kilogramm bald wieder erreicht sind.

Voraussetzung: Gute Mitarbeiter

„Eine Voraussetzung für die Investition waren unsere guten Mitarbeiter, die nun dafür sorgen, dass der Stall optimal bewirtschaftet wird“, erklärt Lenz. In Zeiten, in denen man nur sehr schwer gutes Personal findet, könne er auf sein Team bauen. Neben vier Familienmitgliedern gehören zwei eigenverantwortlich arbeitende Mitarbeiter zum Unternehmen – einer leitet den Pflanzenbau und einer die Tierproduktion.

Der 35-jährige Frank Lenz, der 2011 den Hof übernahm, und seine Frau Anne haben nun den Grundstein für ihr Berufsleben gesetzt; die Eltern investierten 1993 und bauten damals einen Kuhstall für 120 Kühe und deren Nachzucht. Begonnen hatten sie 1990 als Wiedereinrichter auf 90 ha Land. 13 Kühe aus der LPG, so viele wie die Großeltern einst als lebendes Inventar einbrachten, standen am Anfang auf dem Hof mit Kannenmelkanlage.

Auf dem neuen Karussell haben nun 40 Kühe Platz. 100 Tiere können pro Stunde gemolken werden. Auf Melkroboter verzichtete Lenz bewusst. Zwar würden die Arbeitskräfte einsparen, müssten aber auch bedient werden. Doch das würde wieder auf den Schultern der Familie lasten. „Wir wollen den Betrieb mit Mitarbeitern führen und nicht nur mit der Familie“, erklärt der Betriebsleiter.

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Vieles automatisiert

Trotzdem sind die Abläufe im Stall stark automatisiert. Durch ein spezielles Treibesystem wird z. B. jede Kuh nach dem Melken der gewünschten Gruppe zugeordnet. Mit Schleppschiebern wird entmistet. Viel Wert wurde beim Neubau auf den Kuhkomfort gelegt. Im Stall ist Platz, Licht und Luft. Die melkenden Kühe liegen auf einem Kalk-Stroh-Gemisch, die Trockensteher stehen in tiefem Stroh.

Pflanzenbau betreibt die GbR Lenz auf 350 ha, ca. 60 ha sind Grünland. Zum Betrieb gehören noch eine Biogasanlage, die nur Gülle vergärt, sowie vier Photovoltaikanlagen auf den Dachflächen.