Rechtsvorgaben bei Veranstaltungen: Die Türen sind weit offen und die Bevölkerung eingeladen, sich zu informieren. Wenn der Rahmen stimmt, steht einer fröhlichen Zusammenkunft nichts im Weg. (c) Susanne Gnauk

Rechtsvorgaben für Veranstaltungen: Feiern, aber sicher

Die Saison für Hoffeste, Tage der offenen Tür oder Konzerte in der Scheune beginnt wieder und bietet die Chance zum offenen Austausch. Die Rechtsvorgaben für Veranstaltungen sind aber zu beachten.

Von Thomas Schneider, Essen-Kettwig

Landwirtschaft ist heute nicht mehr so in der Gesellschaft verankert, wie dies jahrhundertelang üblich war. Die räumliche Trennung zwischen Erzeugern und Konsumenten, aber auch die Kritik bezüglich der Erzeugungsmethoden, ja ganzer Produktgruppen, ist gewachsen. Landwirtschaft muss sich erklären, sogar rechtfertigen. Menschen möchten wissen, wie ihre Lebensmittel bzw. deren Vorprodukte hergestellt werden.

Daraus erwachsen allerdings auch Chancen für Produzenten, wenn mangelndes Wissen erweitert, falsche Vorstellungen korrigiert und manipulative Aussagen widerlegt werden. Ein Bild sagt bekanntlich mehr als tausend Worte. Entsprechend nutzen landwirtschaftliche Betriebe die Möglichkeit, Menschen einzuladen. Da dies im laufenden Betrieb kaum möglich ist, finden besondere Veranstaltungen statt. Neben dem Informationseffekt und der Kundengewinnung können durch die Bewirtung zusätzliche Erlöse erzielt werden.

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Wachsende Bedeutung von Veranstaltungen

Dabei werden Veranstaltungen kaum als Großereignisse konzipiert. Nach der Coronapandemie freuen sich Menschen darüber, wieder Zeit miteinander zu verbringen und in Gesichter statt in Masken zu sehen. Aus einem kleinen, vielleicht spontan geplanten Zusammenkommen kann sich über die Jahre eine Veranstaltung entwickeln.

Nach dem Urteil des OLG Düsseldorf vom 1. Juli 2014, (Az. 1-20 U 131/13) handelt es sich bei einer Veranstaltung um „ein zeitlich begrenztes und geplantes Ereignis mit einer definierten Zielsetzung oder Absicht, einer Programmfolge mit thematischer, inhaltlicher Bindung oder Zweckbestimmung in der abgegrenzten Verantwortung eines Veranstalters, einer Person, Organisation oder Institution, an dem eine Gruppe von Menschen teilnimmt“. Und die Verantwortung? Übernimmt der Betriebsleiter oder delegiert die Aufgabe an einen Mitarbeiter.

Sicherheit ist oberstes Gebot

Profis, die sich wie bei der „Eisleber Wiese“ praktisch das ganze Jahr mit der folgenden Veranstaltung beschäftigen, stehen nicht zur Verfügung. Das Ziel einer Veranstaltung wird bei unsicherem Verlauf, möglicherweise mit der Gefahr von Verletzungen oder gar Todesfällen bei Teilnehmern ins Gegenteil umgekehrt. Die öffentliche Empörung findet über soziale Medien rasche Verbreitung. Dabei Veranstaltungen meistens Alkohol mit im Spiel ist und nicht jeder Teilnehmer damit verantwortungsbewusst umgeht, erhöht sich das Risikopotenzial.

Ein zusätzlicher Aspekt ergibt sich aus den Veränderungen durch den Klimawandel. Extreme Wetterereignisse nehmen zu, jahrzehntelang sichere Veranstaltungsgelände und -räume können sich plötzlich als gefährlich herausstellen. Die Ausführungen im weiteren Text können von den Veranstaltern selbstständig umgesetzt werden. Sie ermöglichen ebenfalls die Kontrolle, falls die Veranstaltung in externe Hände gegeben wird und auch die Einschätzung, ob der Veranstalter die Vorgaben kennt und einhält.

Die Sicherheit von Gebäuden und Betriebsgelände orientiert sich an der regulären Nutzung und den konkreten Arbeitsbedingungen. Bei einer anderen Nutzung verändern sich meistens auch die rechtlichen Rahmenbedingungen. Die für die Arbeitssicherheit Verantwortlichen sind mit den erweiterten Vorgaben nicht immer vertraut, wenn ein Lagerraum zum Versammlungsraum oder der Betriebshof zur EventLocation wird.

Die Musterversammlungsstätten-Verordnung (MVStättVO) ist die zentrale Vorschrift für Veranstaltungen in Versammlungsstätten in Deutschland und Grundlage der jeweiligen Länderverordnungen.

MVStättVO und Grundsätzliche Kriterien

Die MVStättVO enthält wichtige rechtliche Vorgaben für die Organisation und Durchführung von Veranstaltungen in Versammlungsstätten und setzt technische und organisatorische Sicherheitsstandards. Zum Inhalt zählen wohl Bau- als auch Betriebsvorschriften für die sichere Durchführung einer Veranstaltung. Sie ist zwingend anzuwenden und gilt überall dort, wo Veranstaltungen durchgeführt werden.

Bei Betriebsversammlungen, Betriebsfesten oder Tagen der offenen Tür wird die Arbeitsstätte zur Versammlungsstätte. Dann sind neben den bekannten Arbeitsschutz- und Brandschutzbestimmungen auch die Bestimmungen der jeweiligen Versammlungsstättenverordnungen der Länder zu beachten. Diese fordern höhere Standards der Lokalität bei den technischen, baulichen und organisatorischen Brandschutz- und Sicherheitsmaßnahmen.

Vorrangiges Ziel der MVStättVO ist es, den Veranstaltungsteilnehmern einen bestmöglichen Schutz für Leib und Leben zu gewährleisten und im Falle eines Schadensereignisses Schäden an Leib und Leben durch eine schnelle Evakuierung zu vermeiden. Aufgrund der Länderzuständigkeit unterscheiden sich die einzelnen Versammlungsstättenverordnungen inhaltlich an verschiedenen Stellen.

Gemeinsam definieren sie in § 1 Absatz 1 drei Kriterien, die gleichzeitig erfüllt sein müssen, damit die Verordnung Anwendung findet:

  • Es muss sich um eine bauliche Anlage (definiert in § 2 der Musterbauordnung) handeln,
  • die bauliche Anlage ist für die gleichzeitige Anwesenheit vieler Menschen bei Veranstaltungen geeignet,
  • die Anlage muss einer bestimmten Anzahl von Besuchern Platz bieten.

Unerheblich sind bei der ersten grundsätzlichen Bewertung Anlass oder Art der Veranstaltung und das damit verbundene Gefährdungspotenzial.

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Wie viele Personen dürfen kommen?

Veranstaltungen können in Gebäuden oder im Freien stattfinden. Veranstaltungen unter freiem Himmel sind jedoch schwierig zu definieren. Es bestehen erhebliche Unterschiede in der Rechtsauslegung einzelner Bundesländer. Ergänzend (z. B. bei Festzelten) ist oft die Richtlinie über Fliegende Bauten zu beachten. In Gebäuden gelangt die MVStättVO zur Anwendung, wenn für eine Veranstaltung Räume genutzt oder geschaffen werden, die eine rechnerische Besucherkapazität von mehr als 200 Personen haben (§ 1 MVStättVO).

Im Freien oder in Sportstadien erhöht sich der Schwellenwert auf 1.000 bzw. 5.000 Menschen. Da bei Veranstaltungen im Freien immer das Risiko schlechten Wetters nicht auszuschließen ist, wird oft im Rahmen der Vorbereitung nach Alternativen gesucht. Dann werden Veranstaltungen geplant oder spontan in Gebäude verlegt. Falls diese Möglichkeit erwägt wird, gilt es, die dann geltenden Vorschriften bereits bei der Planung einzubeziehen.

Bei der Berechnung von Veranstaltungsräumen wird die Anzahl der Personen zugrunde gelegt, die in einen Raum passen würden. Es ist unerheblich, für wie viele Menschen eine Veranstaltung organisiert wird bzw. tatsächlich daran teilnehmen. Der Schwellenwert berechnet sich nach § 1 Abs. 2 der Sonderbauverordnung:

  • Bei einer Ausstattung mit Stühlen und Tischen werden eine Person/m² angesetzt,
  • bei Reihenbestuhlung gelten zwei Personen/m² Grundfläche des Versammlungsraums,
  • bei Stehplätzen mindestens zwei Personen/m² Grundfläche des Versammlungsraums,
  • in Ausstellungsräumen eine Person/m² Grundfläche des Versammlungsraums,
  • bei Stehplätzen auf Stufenreihen zwei Personen pro laufenden Meter der Stufenreihe.

Bei den Berechnungen ist nur die für die Besucher zugängliche Fläche zu berücksichtigen, Bühnenflächen oder Buffetrückseiten werden ausgenommen. Besucher sind alle passiv anwesenden Personen einer Veranstaltung. Die Personen, die an der Organisation oder Durchführung der Veranstaltung beteiligt sind, gelten nicht als Besucher.

Brandschutz und Rettungswege

Falls ein Gebäude über mehrere Räume verfügt, die nur gemeinsame Fluchtwege haben, müssen die einzelnen Kapazitäten addiert werden, selbst wenn nur ein Raum genutzt wird. Ausgenommen sind Räume, bei denen sich aufgrund einer niedrigeren Begrenzung aus den Bauvorlagen ein Volumen von unter 200 Personen ergibt (gilt nicht in allen Bundesländern). Ist aufgrund der Mengenberechnung die MVStättVO anzuwenden, ergeben sich besondere technische Bauanforderungen. Dabei steht der Brandschutz im Mittelpunkt, ergänzt um weitere technische Anforderungen wie Bestuhlung und Aufbau.

Ergänzend definiert die MVStättVO besondere Betriebsvorschriften über die technischen Anforderungen hinaus, um den sicheren Umgang mit der Versammlungsstätte zu gewährleisten. Dabei reicht das Themenspektrum von Maßnahmen der Brandverhütung über die Barrierefreiheit, bis zu einem möglichen (Veranstaltungs-)Sicherheitskonzept. Rettungswege und Fluchttüren stellen einen Schwerpunkt der MVStättVO dar. Sie sind mit einer Mindestbreite von 1,20 m breiter als die im Arbeitsschutz bekannten Fluchtwege.

Ausnahmen sind möglich

Weiterhin haben sie entscheidenden Einfluss auf die Frage, wie viele Besucher in einer Versammlungsstätte zugelassen werden. Die Berechnung nach § 1 Abs. 2 MVStättVO klärt nur grundsätzlich, ob die MVStättVO anzuwenden ist.

Die Dimensionen der Rettungswege und Fluchttüren geben die Berechnungsgrundlage für die konkrete zulässige Höchstzahl an Gästen bei einer Veranstaltung vor. Diese Zahl unterschreitet unter Umständen die nach § 1 Abs. 2 MVStättVO errechnete Zahl. Bei Unterschreitung muss der Veranstalter organisatorische Vorkehrungen treffen, um eine Überfüllung (gemessen an den Dimensionen der Flucht- und Rettungswege) auszuschließen. Die maximal zulässige Besucherzahl berechnet sich nach der Formel:

SB : MB x 200 = Personen maximal (SB = Summe Rettungswegbreiten; MB = Mindestbreite).

Für nur temporär als Versammlungsstätte genutzte Gebäude oder Gebäudeteile können bei der zuständigen Bauaufsicht für einzelne technische Vorgaben Ausnahmen beantragt werden. Einige Bundesländer haben entsprechende Klauseln in ihren Versammlungsstättenverordnungen, in anderen Ländern wird über temporäre Versammlungsstätten auf lokaler Ebene nach eigenen Vorgaben entschieden. Entsprechend können die Anforderungen von Kommune zu Kommune stark variieren.

Betreiberpflichten für Veranstaltungen

§ 38 MVStättVO definiert die besonderen Pflichten von Betreiber und Veranstalter und öffnet die Möglichkeiten einer (teilweisen) Delegation dieser Pflichten auf einen Veranstaltungsleiter. Bei der Einsetzung eines Veranstaltungsleiters ist besonders auf die schriftliche Delegation und die Beschreibung der genauen Aufgaben und Kompetenzen zu achten. Grundsätzlich darf eine Delegation nur an fachlich geeignete Personen erfolgen, wobei die MVStättVO keine Qualifizierungsansprüche stellt. Die einschlägigen Bestimmungen des Arbeitsschutzgesetzes und der DGUV-Vorschriften zur Übertragung von Aufgaben sind im Interesse der Rechtssicherheit aller Beteiligten zu beachten.

Zwei zentrale Pflichten aus § 38 Abs. 2 und 4 MVStättVO bedürfen der besonderen Aufmerksamkeit: Leitung und Aufsicht sind nur in ständiger Präsenz möglich. Weiterhin besteht die zwingende Verpflichtung, den Betrieb einzustellen, wenn die notwendigen Sicherheitseinrichtungen der Versammlungsstätte nicht betriebsfähig sind oder wenn die Betriebsvorschriften nicht eingehalten werden können. Einen Ermessensspielraum sieht § 38 nicht vor. Vor Veranstaltungen sollte außerdem immer die zuständige kommunale Dienststelle kontaktiert werden. Diese erweisen sich meistens als kooperativ, zumal die Gemeinde auch an einem positiven Image durch eine gelungene Veranstaltung interessiert ist.

Veranstaltung mit Musik: Zusätzliche Genehmigungen

Oft entwickeln sich ausschließlich als Informations- und/oder Besichtigung konzipierte Veranstaltungen zu umfangreicheren Ereignissen. Rasch werden Getränke verkauft, Musik gespielt und die Veranstaltung dokumentiert. Dann sind weitere Genehmigungen erforderlich.

  • Wird bei einer Veranstaltung Alkohol ausgeschenkt, ist eine Konzession nach Gaststättenrecht notwendig.
  • Erfolgen Verkäufe, sind diese entsprechend zu dokumentieren und zu versteuern.
  • Wird Lärm produziert, etwa durch Musik, muss eine Genehmigung nach Immissionsschutzrecht erfolgen.
  • Die Nutzung fremder Musik bei einer öffentlichen Veranstaltung benötigt einen Lizenzvertrag mit der Gema.
  • Bei Foto- oder Filmaufnahmen ist das Recht am eigenen Bild zu berücksichtigen.
Ausschank bei der Drusch-Bar
Wird Alkohol ausgeschenkt, steigen nicht nur die Stimmung, sondern auch die Hürden bei Genehmigungen. (c) Sabine Rübensaat

Fazit

Veranstaltungen auf dem Betriebsgelände dienen nicht nur dem Zusammenhalt unter der Belegschaft, sondern sind eine ideale Möglichkeit, in aktiven Austausch mit der Gesellschaft zu treten und so neues Verständnis zu fördern. Damit dies gelingt, ist der Rechtsrahmen einzuhalten. Insbesondere Brandschutz, Fluchtwegeplanung und Aufsichtspflichten sind daher zu beachten.