Vom Hobby zur Leidenschaft

Charolais-Leidenschaft: Wie ein Landwirt in Brandenburg Top-Rinder züchtet

Vater und Sohn sind ein eingeschworenes Team: Gerd und Marcus Sommer mit ihrer hoch benoteten Gina PP. © Wolfgang Herklotz
Nebenerwerb

„Tempora mutantur“: Elektroniker und Charolais-Züchter Marcus Sommer lebt den Wandel. Seine Leidenschaft für Charolais-Rinder führte ihn vom Hobby zum Beruf. Wie er den Familienbetrieb in Brandenburg übernimmt, auf Zuchterfolge setzt und Bürokratie meistert:

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Tempora mutantur ist auf der Platte aus Edelstahl zu lesen. Sie zeigt einen Bauern, der tief gebeugt hinter dem von einem Pferd gezogenen Pflug geht. Die Zeiten ändern sich, wie wahr. Die mühsame Art der Feldbestellung gehört zum Glück der Vergangenheit an. Doch der lateinische Spruch im Hofeingang seiner Eltern hat für Marcus Sommer nichts an Bedeutung verloren, im Gegenteil. In den letzten Jahren hat sich für ihn einiges verändert, und dies wird auch weiterhin der Fall sein. Wir kommen noch da­rauf. Unverändert ist jedoch seine Leidenschaft für die Fleischrindzucht.

Die Platte aus Edelstahl mit dem Spruch hängt im Hofeingang bei Familie Sommer.
Die Platte aus Edelstahl mit dem Spruch hängt im Hofeingang bei Familie Sommer. © Wolfgang Herklotz

Vom Hobby zur Leidenschaft

Vor genau sechs Jahren hatte ich den damals 32-Jährigen im südbrandenburgischen Göllnitz besucht. Marcus Sommer hatte sich mit seiner Charolaiszucht schon damals einen Namen gemacht. Die von ihm gezogenen Bullen und Färsen sorgten auf den Auktionen im Rindermarkt in Groß Kreutz für Anerkennung und entsprechende Nachfrage. Dabei war der junge Mann zwar auf dem bäuerlichen Hof aufgewachsen, doch in einem völlig anders gearteten Bereich beschäftigt. Der gelernte Elektroniker arbeitete im nur wenige Kilometer entfernten Finsterwalde bei einer Firma, die sich auf die Herstellung von Plasmaschneidanlagen spezialisiert hatte. Für Marcus Sommer jedoch kein Widerspruch: „Man muss ja das Hobby nicht gleich zum Beruf machen.“

Charolais-Zucht von Marcus Sommer: Wie alles begann

Frühzeitig schon hatte er sich für die Tierzucht interessiert, allerdings für deutlich kleinere Vierbeiner. Es waren zuerst Kaninchen, die ihn faszinierten, später dann Charolaisrinder. Von einem Züchter in der Region erwarb er einen Bullen und vier Herdbuchkühe, um eine eigene, kleine Herde aufzubauen. Vater Gerd Sommer, der zu diesem Zeitpunkt eine Mutterkuhherde mitsamt Wildtierhaltung betrieb, unterstützte das Vorhaben des Juniors und vermittelte so manche Erfahrung, ohne den jungen Mann in eine bestimmte Richtung zu drängen.

Denn dass der außer einer gehörigen Portion Energie und Entscheidungsfreude auch über das gewisse züchterische „Händchen“ verfügte, war ganz offensichtlich.

Hornlos und hochmuskulös: Gina PP überzeugt mit Top-Genetik

Im Frühjahr nun besuchte ich Marcus Sommer erneut. Obwohl mit dem Führigmachen einer Färse am Rande des Ortes beschäftigt, gab er zwischendurch gern Auskunft über die 14 Monate alte Gina PP, die er für ihren großen Auftritt beim Färsenchampionat Best of in Groß Kreutz vorbereitete. Für ihre Top-Bemuskelung konnte sie schon die Note 9 einheimsen, für Referenzen sorgten der renommierte Besamungsbulle Farouk großväterlicherseits und der in Verden erfolgreich gekörte Jacque PS.

Das reinerbig genetisch hornlose Tier sei außerordentlich gutmütig, berichtete Marcus Sommer. „Leider hatte ich bisher noch keine Zeit zum Üben, aber was Gina PP bisher gezeigt hat, macht zuversichtlich.“ Für nächste Woche habe er sich Urlaub genommen, um täglich mit ihr sowie einer weiteren für das Championat vorgesehenen Färse zu trainieren. „Jetzt ist vor allem Geduld gefragt, man darf nicht zu großen Druck ausüben.“

Die Färse im Seitenprofil, fachmännisch aufgestellt von ihrem Züchter.
Die Färse im Seitenprofil, fachmännisch aufgestellt von ihrem Züchter. © Marcus Sommer

Vom Übungsring zum großen Auftritt: Die Herausforderung der Präsentation

Der Göllnitzer kann mittlerweile auf eine ganze Reihe erfolgreicher Teilnahmen am Färsenchampionat verweisen. Mehrmals wurden seine Tiere mit einem 1a-Preis belohnt und damit Gruppensieger bei den Charolais, außerdem konnte er vor drei Jahren das führigste Rind stellen. Und durchaus erstrebenswert wäre auch, dass eine seiner Färsen in absehbarer Zeit als Sieger über alle Rassen geehrt wird. Die Erwartungen in seine Charolaiszucht sind also groß, doch Marcus Sommer gibt sich gelassen: „Es bleibt trotz intensivster Vorbereitung immer spannend, wie die Rinder mit der Präsentation dann im großen Ring zurechtkommen. Also warten wir es ab.“ Letztendlich darf sich auch ein erfolgreicher Züchter nicht unter Druck setzen.

Beruflicher Wandel: Flexible Arbeitszeiten für die Rinderzucht

Zu den Veränderungen für den inzwischen 38-Jährigen gehört der Wechsel seines Arbeitsgebers. Seit 2022 ist er für die Qualitätssicherung bei einer in Doberlug-Kirchhain ansässigen Firma beschäftigt, die Technik für die Bundeswehr instand setzt. Die Umstellung war nicht einfach, doch die Entscheidung goldrichtig, so Marcus Sommer. „Ich habe relativ flexible Arbeitszeiten, so kann ich aktuell reagieren, um beispielsweise bei Abkalbungen daheim zur Stelle zu sein.“ Das sind mehr als vier Dutzend im Jahr, denn zu der gemeinsam mit Vater Gerd betreuten Herde gehören 50 Muttertiere mitsamt Nachwuchs. Bewirtschaftet werden rund 100 ha Fläche, der Großteil davon ist Grünland. Den reinrassigen Charolais und weiteren Gebrauchskreuzungen steht somit ausreichend Fläche für Futter und Auslauf zur Verfügung, die robusten und im Freien gehaltenen Tiere danken es mit guten Fleischzunahmen.

Zudem bieten die in Eigenleistung errichteten Unterstände Schutz bei widriger Witterung. Abgekalbt wird auf der mit einem hohen Wildtierzaun gesicherten Koppel, Wolfsübergriffe gab es nicht, obwohl der graue Räuber schon mehrmals in der Region gesichtet wurde. Und außerdem gibt es ja noch die wachsame fünfjährige Hela, ihrer Herkunft nach eine Pyrenäen-Berghündin.

Die Fleischrinder der Charolaiszucht von  Marcus Sommer haben am Rande von Göllnitz reichlich Auslauf und Schutz bei widriger Witterung. © Wolfgang Herklotz
Die Fleischrinder der Charolaiszucht von Marcus Sommer haben am Rande von Göllnitz reichlich Auslauf und Schutz bei widriger Witterung. © Wolfgang Herklotz

Generationswechsel: Marcus Sommer übernimmt Familienbetrieb

Eine weitere Veränderung steht an, wenn auch nicht sofort. Vater Gerd will den Betrieb in absehbarer Zeit an seinen Sohn weitergeben, der ihn dann im Nebenerwerb weiterführen wird. Eine schwerwiegende Entscheidung? Marcus Sommer schüttelt den Kopf. „Wir sind ein eingespieltes Team, haben uns in all den Jahren gut ergänzt.“ So kümmerte sich der Junior darum, die Agrarförderung zu beantragen, während der Senior für die steuerlichen Belange zuständig war. Alle betrieblichen Belange wurden gemeinsam geplant, unabhängig davon hatte Marcus Sommer schon frühzeitig in eigene Technik investiert. „Ich konnte mich so in Ruhe darauf vorbereiten, eines Tages die gesamte Verantwortung zu übernehmen.“ Und schließlich kann er ja auch weiterhin auf den väterlichen Rat zurückgreifen.

Aber wie steht der leidenschaftliche Züchter zu der immer weiter ausbordenden Bürokratie, die Landwirten das Leben schwer macht? „Für mich ist der Umgang mit meinen Tieren außerordentlich entspannend. Das gibt mir die Kraft, auch mit stressigen und weniger erfreulichen Dingen zurechtzukommen.“ Geduld ist bei ihm ohnehin vorhanden und ebenso die Bereitschaft, auf Veränderungen zu reagieren.

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