Bruderhähne

haehnlein-Konzept: Vier Cent für ein Hahnenleben

(c) Sabine Rübensaat
Agrarpraxis
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In Brütereien für Legehennen schlüpfen etwa gleich viel weibliche wie männliche Küken. Letztere werden sofort getötet. Beim haehnlein-Konzept aber zieht man sie erfolgreich auf und vermarktet sie.

Von Ute Heimann, Hofdirekt und Anja Rüweling, f3

Das mit dem Kükentöten muss auch anders gehen – mit diesem Ziel ist Annalina Behrens in den Erzeugerzusammenschluss Fürstenhof ihres Vaters in Finkenthal im Landkreis Rostock eingestiegen. Das Unternehmen erzeugt in Mecklenburg-Vorpommern nach den Richtlinien der EU-Öko-Verordnung an 23 Standorten Bioeier zur Vermarktung an den Lebensmitteleinzel-, Naturkostfach- und Biohandel. Die Bioeier liegen unter verschiedenen Markennamen beispielsweise bei Edeka, Rewe oder tegut im Regal. 2012 startete das haehnlein-Konzept. Annalina kümmert sich um die Produktion, ihre Schwester Leonie um Vertrieb und Vermarktung.

haehnlein-Konzept: Fleisch hochwertig vermarkten

Bruderhähne aufzuziehen, ist teuer und aufwendig. Die männlichen Tiere der Legelinie brauchen 3 kg Futter zur Erzeugung von 1 kg Schlachtgewicht, Masthähnchen nur 1,7 kg. 17 bis 18 Wochen dauert die Aufzucht der Bruderhähne und damit gut dreimal so lange wie in der Hähnchenmast üblich. Dann bringen sie etwa 2 kg Lebendgewicht auf die Waage. Die Bruderhähne sind keine „Norm-Hähnchen“. Die Schlachtung ist aufwendig und sie müssen von Hand zerlegt werden. Die Behrens-Schwestern haben lange nach einem passenden Schlachtbetrieb gesucht. Fündig geworden sind sie in Niedersachsen.

„haehnlein“: Brust, Keule und Flügel vakuumiert im Tiefkühlregal

„Ein verkaufsfertiger Bruderhahn mit 1,1 kg Gewicht müsste zwischen 32 und 35 Euro kosten“, rechnete Annalina Behrens vor. Das bezahlt aber keiner. Allerdings ist das Vermarktungskonzept ohnehin nicht auf das ganze Hähnchen ausgelegt. Für den Erfolg sind attraktive Erzeugnisse in einem ansprechenden Design wichtig.

Unter dem Markennamen „haehnlein“ gibt es Brust, Keule und Flügel vakuumiert im Tiefkühlregal. Außerdem wurden gemeinsam mit dem Schlachtunternehmen acht küchenfertige Tiefkühlprodukte für die schnelle Zubereitung entwickelt: Klassiker wie Hühnersuppe und -frikassee oder exotischere wie Kokos-Curry oder Keulenfleisch mit Couscous. Eine Snack-Salami à la Bifi aus 100 % haehnlein-Fleisch rundet das Angebot ab. Zwei Powermampfer-Salami kosten 1,98 Euro. Zum Vergleich: Fünf Bifi sind regulär für 2,49 Euro zu haben. Die Fertiggerichte gehen ab 5 Euro los.

Vermarktet werden die Produkte genauso wie die Eier. In Finkenthal gibt es einen kleinen SB-Hofladen, in dem die Kunden Eier, Fertiggerichte und Co zum Selbstkostenpreis erwerben können. „Zu Beginn haben wir einen klassischen Hofladen mit Service betrieben, doch in dieser ländlichen Region war die Kundenfrequenz einfach zu gering“, erklärt Annalina.

Unterwegs mit Annalina und Leonie Behrens vom haehnlein-Konzept (c) Sabine Rübensaat

haehnlein-Konzept: Quersubventionierte Mast

Die Küken dürfen  zu Hähnen  heranwachsen.
(c) Sabine Rübensaat

Die Preise der Bruderhahn-Produkte sind für sich nicht kostendeckend. Der Ansatz der Schwestern: Die Hähnchen-Aufzucht und -Vermarktung wird über den Verkauf der Eier querfinanziert. 4 ct/Stück sind die haehnlein-Eier teurer. Dabei bleibt ein Problem:

Wie den Kunden erklären, dass die Eier nochmals teurer sind als „normale“ Bioeier? Sechs Eier kosten ab 2,79 Euro, also knapp 47 ct/Ei, je nach Anbieter geht es auch bis auf 3,49 Euro, das heißt 70 ct/Ei. Im Supermarkt ist das kaum zu vermitteln, weil die Eier an einem anderen Standort stehen als die Snack-Salamis und die wiederum woanders als die TK-Produkte. Mal abgesehen davon, dass es schwer ist, die haehnlein-Produkte in der Angebotsvielfalt besonders hervorzuheben. „Sie stehen halt neben allen anderen Eierkartons im Regal“, nennt Leonie die Regeln des Handels.

Ihre Lösung: ein spezielles Verkaufsmodul. Es besteht aus einer TK-Truhe, so groß wie eine Eis-am-Stiel-Truhe. Darüber befindet sich ein Display für die Eier und die Snack-Salami samt Erklärung, was hinter „haehnlein“ steckt. So kriegen die Kunden den Zusammenhang zwischen Ei und Bruderhahn-Fleisch hin. Die Behrens-Schwestern stellen dem Lebensmitteleinzelhandel die Verkaufsmodule kostenfrei zur Verfügung. Das zählt als Zweitplatzierung, die sich der Handel sonst oft sogar bezahlen lässt. Insofern ist kostenlos schon gut.

Die Kunden zahlen den Preis

Die öffentliche Diskussion um das Thema Küken töten und das BGH-Urteil dazu im Juni 2019 brachte eine enorme Öffentlichkeit und damit Sensibilisierung für das Thema. Solche ethischen Fragen spielen auch für den Handel eine immer größere Rolle. Freilandeier, regionale Milchprodukte oder eben Fleisch vom Bruderhahn listen sie gerne in ihre Sortimente. Die Kunden sind bereit, den Preis zu zahlen. Das hat dem „haehnlein“-Projekt von Annalina und Leonie Behrens einen enormen Schub gegeben. Zu Beginn konnten sie 30 % der Bruderhähne aufziehen und deren Fleisch vermarkten – jetzt sind es 100 %.

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