Den Acker mit Drohnen überwachen

Drohnen, die mit hochauflösenden Spezialkameras über Bestände fliegen und Krankheiten oder Nährstoffmangel erkennen? Klingt nach Zukunftsmusik. Tobias Keklow vom Start-up HAIP erklärt, wie die fliegenden Helfer bereits heute zum Einsatz kommen – und wie Landwirte dadurch Kosten sparen können.

Interview: David Benzin

Tobias, euer Start-up nennt sich HAIP – was genau bedeutet diese Abkürzung und womit beschäftigt ihr euch?
HAIP steht für „Hyperspectral Agricultural Imaging Platform“. Wir beschäftigen uns damit, Krankheiten auf dem Acker mit Drohnen zu erkennen, bevor sie ausbrechen. Erstmalig kann ein solches System kostengünstig und anwenderfreundlich eingesetzt werden.

Wie kann diese Technologie einen Beitrag zu Pflanzenschutz und Düngung leisten?
Die frühzeitige Erfassung von Pflanzenkrankheiten bzw. generell die Überwachung der Pflanzengesundheit mit Drohnen bietet eine ganze Bandbreite an Vorteilen für den modernen Pflanzenschutz: Ertragssicherung, ein geringerer Ernteverlust durch Krankheiten sowie höhere Erträge durch eine noch präzisere Behandlung der Pflanzen, aber auch eine reduzierte Umweltbelastung und somit eine verbesserte ökologische Bilanz auf landwirtschaftlichen Betrieben.

Das Gründerteam von HAIP
Das Gründerteam von HAIP (v. l.): Johannes Busch, Milan Rädicker, Tobias Kreklow und Michel Reifenrath (Dirk Simon fehlt auf dem Foto). (c) Sabine Rübensaat

Was ist dabei der Zusatznutzen für den landwirtschaftlichen Betrieb, der euch engagiert und welche Services könnt ihr anbieten?
Der eindeutig größte Punkt ist das Kostensparen, sprich die geringeren Ausgaben für Dünger und Pflanzenschutz durch eine präzisere Ausbringung nur auf den Stellen eines Schlags, auf denen es wirklich nötig ist. So ist eine ideale Unterstützung des Bestandes möglich. Wir vertreiben zum einen das Hardwaresystem als auch die Softwarelizenz. Zusätzlich wird es die Möglichkeit geben, den Service als Dienstleistung in Anspruch zu nehmen.

Drohneneinsatz in der Pflanzenzucht

Welche weiteren Einsatzmöglichkeiten sind denkbar?
Ein sehr spannendes Gebiet sehen wir in der Pflanzenzucht. Durch den Einsatz der Drohne ist es erstmals möglich, ein Tool zur objektiven Erfassung in der Bonitur von Pflanzen zu verwenden. Aber auch der Einsatz in Sonderkulturen ist denkbar. Gerade dort, wo Ausfälle oder Verluste im Ertrag hohe Kosten auf kleiner Fläche mit sich bringen, ist der Einsatz von Drohnen zur Früherkennung von Pflanzenkrankheiten sinnvoll.

Seit wann gibt es HAIP? Wer sind die Gesichter dahinter?
Uns als HAIP gibt es nun seit einem dreiviertel Jahr. Unser Team setzt sich aktuell aus Johannes Busch, Milan Rädicker, Michel Reifenrath, Dirk Simon und mir zusammen. In unserem Team sind die Kompetenzen sehr gut verteilt: Milan (Mechatronik, Vertiefung Sensorik), Michel (Nanotechnologie, Erfahrung mit optischen Systemen), Johannes (Informatik, Machine Learning), Dirk (Finanzen & Vertrieb, Führungserfahrung, 22 Jahre in Life-Science-Branche) und Tobias (Landschaftsökologie, Remote Sensing & GIS).

„Erst mit Drohnen ist wirklich eine frühzeitige Erfassung von Veränderungen auf dem Schlag möglich“

Sind Drohnen und Kameras die Zukunftstechnologien für die Landwirtschaft?
Wir sehen definitiv einen sehr großen Vorteil von Drohnen in der Landwirtschaft. Insbesondere für einen modernen Pflanzenschutz ist die großflächige und gleichzeitig detaillierte Erfassung der Pflanzengesundheit zwingend notwendig. Erst mit Drohnen ist wirklich eine frühzeitige Erfassung von Veränderungen auf dem Schlag möglich, da in regelmäßigen Abständen über die Flächen geflogen werden kann. Mit den an einem Schlepper montierten Sensoren ist eine so regelmäßige Überfahrung der Flächen nicht sinnvoll. Satellitenaufnahmen haben den Nachteil, dass die Luftschichten das Ergebnis verfälschen. Außerdem können Wolken die Aufnahmen unbrauchbar machen, zu genau dem Zeitpunkt, an dem das Bild benötigt würde, um rechtzeitig einzugreifen.

Für welche Betriebe ist Hyperspectral Imaging interessant?
Das System ist aufgrund der komplexen Kamera leider nicht besonders günstig. Nach dem momentanen Stand beträgt der Amortisierungszeitraum für Ackerbaubetriebe ab 200 ha Größe circa ein Jahr. In diesem Zeitraum konnte durch das Einsparen von Dünger und Pflanzenschutzmittel so viel Geld gespart werden, wie das System kostet. Bei Kulturen mit hohem Wert auf kleiner Fläche, wie Sonderkulturen, lohnt sich die Investition auch schon für kleinere Betriebe.

Voraussetzungen für den Drohneneinsatz

Welche Technologien müssen auf dem landwirtschaftlichen Betrieb bereits vorhanden sein, um die ermittelten Daten bestmöglich zu nutzen?
Sinnvoll ist dafür auf jeden Fall Equipment, das eine teilflächenspezifische Bewirtschaftung möglich macht. Aber auch mit analogen Applikationskarten und der manuellen Regulierung zum Beispiel des Düngerstreuers lassen sich bereits Einsparungen erzielen.

Ihr gebt Landwirtinnen und Landwirten Handlungsempfehlungen. Ist die Applikation von Dünger und Pflanzenschutzmitteln per Drohne denkbar?
Die Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln und Dünger mittels Drohnen verfolgen wir derzeit nicht, da für diesen Einsatzzweck eine ganz andere Größe von Drohnen benötigt wird und dementsprechend auch andere gesetzliche Regularien gelten. Trotzdem ist das ein interessantes Thema. Gerade im Weinbau in steilen Lagen, wo es vielfach auch für Menschen zu gefährlich ist, ist der Einsatz von Drohnen sinnvoll.

HAIP ist in der Forschungs- und Entwicklungsphase. An welchen Punkten arbeitet ihr derzeit noch?
Der Hauptfokus liegt in der Programmierung der Software sowie darin, unsere Finanzierung sicherzustellen. Deswegen arbeiten wir auch an einem Antrag für das Exist-Gründerstipendium, um die Finanzierung für das erste Jahr sicherzustellen. Als junges Start-up konnten wir bereits bei wichtigen Kontakten aus der Branche großes Interesse wecken, was auch mit einer Teilnahme am Programm der „Growth Alliance AgTechInnovate Agriculture“ der Landwirtschaftlichen Rentenbank verbunden war.

„Wir sind immer auf der Suche nach Landwirten, die Interesse an modernen Technologien haben“

MIchel Reifenrath vom Start-up HAIP arbeitet an einem 3-D-Drucker
MIchel Reifenrath vom Start-up HAIP arbeitet an einem 3-D-Drucker

Welche Rolle spielt die Zusammenarbeit mit Forschungseinrichtungen und der praktischen Landwirtschaft für euch?Im Moment spielt das eine sehr wichtige Rolle. Wie bereits erwähnt, sind wir momentan noch im Entwicklungsstadium. Um das gesamte System zu optimieren und eine solide Basis aufzubauen, arbeiten wir mit dem Institut für Zuckerrübenforschung (IfZ) in Göttingen zusammen. Die Mitarbeiter des IfZ haben viel Erfahrung im Umgang mit der Hyperspektraltechnik in der Forschung, welche wir nun aufs Feld bringen.

Mit wie vielen Betrieben arbeitet ihr zusammen? Seid ihr auf der Suche nach weiteren Partnern aus der Praxis?
Derzeit haben wir Kontakt zu drei Landwirten in der Region Hannover, mit denen wir ab dem Frühjahr erste Testaufnahmen machen. Alle drei Landwirte haben Ackerbaubetriebe unterschiedlicher Größe, zum Teil auch mit eigener Tierhaltung. Wir sind immer auf der Suche nach Landwirten, die Interesse an modernen Technologien in der Landwirtschaft haben und gerne mit uns zusammenarbeiten möchten. Idealerweise sind im Betrieb bereits entsprechende Maschinen für eine teilflächenspezifische Bearbeitung der Flächen im Einsatz. Also wenn Sie Interesse haben sollten mit uns zusammenzuarbeiten, kontaktieren Sie uns gerne!

Pflanzenschutz attraktiver und umweltfreundlicher machen

Arbeitet ihr auch mit Industrieunternehmen aus der Agrarbranche zusammen?
Wir haben bereits erste Gespräche geführt, sind aber noch keine Kooperation mit einem Unternehmen eingegangen. In Zukunft sind wir aber offen für eine Zusammenarbeit mit einem Industrieunternehmen aus der Landwirtschaft, wo der Einsatz unseres Systems Sinn ergibt beziehungsweise in die Produktpalette passt.

Wie sieht ein typischer Tag bei euch aus?
Da die Aufgaben bei uns sehr vielfältig sind, ist es schwer, einen typischen Tag herauszugreifen. Je nach Kompetenz kann das zum Beispiel das Programmieren der Software sein, Anträge für Förderungen und Wettbewerbe schreiben, viele Mails beantworten, Kontakt zu Landwirten halten und so weiter. Die Aufgaben in einem Start-up sind auch für jeden Einzelnen sehr vielfältig und selten ist ein Tag wie der andere. Man ist als Team sehr dynamisch, was auch den Reiz eines Start-up ausmacht. Sicherlich werden sich die Aufgaben in dem kommenden Jahr verändern, zum Beispiel dass wir ab dem Frühjahr deutlich mehr draußen unterwegs sein werden!

Wie sieht die Zukunft von HAIP idealerweise aus?
Unsere Vision ist es, sowohl den modernen Pflanzenschutz für den Landwirt attraktiver zu gestalten als auch ihn umweltfreundlicher zu machen. Daher ist es unser Ziel, diese Technik in der Landwirtschaft zu etablieren.