Leichter Fraßschaden des Rapserdflohs, aber noch kein Anlass zur Behandlung. © Rainer Kahl

Rapserdfloh: Klein, aber oho

Beim Rapsanbau ist der frühe Befall des Rapserdflohs ein beständiges Thema. Wenn einige Grundsätze beachtet werden, lassen sich Zuflug und Erreichen des Bekämpfungsrichtwertes des blau-schwarzen Käfers aber sicher bestimmen.

Von Rainer Kahl, Rapool-Ring GmbH

Rapsanbau und Rapserdflöhe sind ein altbekanntes Thema. Doch spätestens seit dem Wegfall der neonicotinoiden Beizen scheinen sich die Probleme zu verstärken. Die Gründe sind allerdings vielschichtiger. Neben zunehmenden Resistenzen gegenüber den eingesetzten Pyrethroiden hat insbesondere die Ab-folge mehrerer warmer Herbste und Winter den Populationsaufbau der Rapserdflöhe begünstigt. Dabei treten die Probleme nicht flächendeckend, sondern mit regionalen Schwerpunkten auf. Und dazu noch schlagspezifisch. Ebenso schlagspezifisch müssen auch Kontrollen und Maßnahmen erfolgen. Was sind die Schwerpunkte?

Die Rapsstoppeln richtig behandeln

Immer wieder ist zu sehen, dass insbesondere Erdflöhe direkt aus Altrapsschlägen in angrenzende Neuansaaten wandern. Falls möglich, sollte daher eine Altraps- Stoppelbearbeitung einige Tage vor der neuen Rapsaussaat statt-finden. Ein Teil der Erdflöhe wird geschädigt, ein Teil verbleibt auf der Fläche, und ein Teil wandert ab. Entweder ins Sommerlager (überall, wo es kühl, schattig, grün und feuchter ist) oder aber auf die umliegenden Flächen. Läuft nebenan gerade die Neuansaat auf, dann werden die Erdflöhe evtl. bereits angelockt. Erfolgt die Neuansaat hingegen später, übt der nach Stoppelbearbeitung aufgelaufene Ausfallraps eine Lockwirkung auf die Erdflöhe und Kohlfliegen aus und lenkt für eine gewisse Zeit von der Neuansaat ab. So zumindest die Hoffnung.

Aussaat mit insektizidem Beizschutz

Seit Dezember 2020 ist mit Lumiposa erstmals wieder ein chemischer Beizschutz in Deutschland zugelassen worden. Die Zulassung umfasst die Große und die Kleine Kohlfliege, die Rübsenblattwespe, Kohlflöhe und auch den Rapserdfloh. Bekannt ist die Beize (Wirkstoff Cyantraniliprole) bisher für ihre gute Kohlfliegenwirkung, um insbesondere den ertragsrelevanten Larven-Starkbefall deutlich zu reduzieren. Eher unbeachtet, aber sehr hilfreich ist die nach Stressphasen kräftigere Regeneration. Die Rapserdfloh-Wirkung von Lumiposa beruht, ebenso wie bei Buteo Start, auf einem verminderten Blattfraß in der frühen Jugendphase. Die Fraßminderung reicht bei beiden Produkten zeitlich allerdings maximal bis zum zweiten bis dritten Laubblatt. Es kann also nur der Feldaufgang etwas abgesichert werden. Bei einem früheren Saattermin haben die Erdflöhe mehr Zeit zum Zuwandern. Gleichzeitig liegt die Saatstärke geringer, sodass meist ein höherer Befall je Pflanze vorliegt. Haben die Jungpflanzen die erste mögliche kritische Phase bis circa zum dritten Laubblatt überstanden, profitieren sie danach aber möglicherweise von ihrem Wachstumsvorsprung. Ein früher Erdflohfraß an den jungen Blättern erscheint oft dramatischer, als er ist, und sollte nur in Ausnahmefällen behandelt werden, wenn die Erdflöhe stärker fressen als der Raps wachsen kann.

Aus der Praxis wird oft berichtet, dass in schwachen Beständen bzw. an schwächeren, kleineren Pflanzen ein stärkerer Befall beobachtet wird. Auch von anderen Schädlingen wie der Kohlfliege ist bekannt, dass sie bestimmte Stadien oder Feldbereiche stärker anfliegen. Ein für Drillsaaten typischer etwas ungleichmäßigerer Feldaufgang bei mittleren Saatstärken zwischen 35 und 45 Kör-ner/m² kann durchaus positive Effekte zeigen, da die Schädlinge für sie attraktivere Pflanzen stärker befallen und angrenzende Pflanzen etwas verschont bleiben. Werden die „überflüssigen“ Pflanzen im Verlauf der Vegetation nicht benötigt, erfolgt in den Beständen fast automatisch eine Ausdünnung der schwächeren Pflanzen, sodass zur Ernte ca. 20–30 Zielpflanzen/m² übrig bleiben.

Gelbschalen aufstellen und gezielt behandeln

Am besten bereits nach der Saat! An der Gelbschale führt kein Weg vorbei, um den Zuflug des Rapserdflohs sicher zu erfassen. Oft erfolgt die erste Zuflugwelle zwischen Mitte September und An-fang Oktober. Bevorzugt, wenn es nach einer zwischenzeitlich kühleren, feuchten Periode wieder warm und sonnig wird. Beginn und Verlauf der ersten Zuflugwelle können mit verschiedenen Prognosemodellen vorhergesagt werden. Der tatsächliche Befall kann jedoch von Schlag zu Schlag und auch innerhalb eines Schlages stark variieren. Ohne eigene Kontrollen geht es nicht.

Spätestens ab ca. drei bis vier Laubblättern (ca. Mitte September) ist kein insektizider Beizschutz mehr zu erwarten. Wird der Bekämpfungsrichtwert von >50 Rapserdflöhe je Gelbschale (mit Gitterabdeckung) im Zeit-raum von drei Wochen überschritten, ist eine Behandlung sinnvoll. Die Behandlung sollte aber, falls die direkten Fraßschäden tolerierbar sind, möglichst noch ein paar Tage hinausgezögert werden, um den Zeitraum für den Reifungsfraß vor der Eiablage auszuschöpfen. Aufgrund weiter zunehmender Resistenzen muss jede durchgeführte Maßnahme sitzen. Das bedeutet eine optimale Ausbringung (Aufwandmenge, Technik), aber auch die optimale Tageszeit! Im September/Oktober sind die Erdflöhe beim Reifungsfraß eher abends und nachts (Kontrolle per Taschenlampe klappt gut) aktiv. Behandlungen in den Abend- und Nachtstunden sind somit wesentlich effektiver, gleichzeitig ist der Bienenschutz gesichert.

Kontrollen auch im Oktober fortsetzen

Nach einer Behandlung muss der Bekämpfungserfolg kontrolliert werden, am besten direkt am nächsten Tag. Und auch danach müssen die Kontrollen fortgesetzt werden, auch wenn die Rapsbestände nun den direkten Fraßschäden davonwachsen sollten. Die größte Gefahr geht aber fast immer von den Larven aus, die sich anfangs in den Blattstielen älterer Blätter entwickeln und bei frühem Auftreten noch im Winter bis in den Vegetationskegel durchfressen können. Je nach Witterung können weibliche Erdflöhe in milden Herbsten und Wintern bei Temperaturen von >5°C permanent Eier (bis zu 600–700 Eier/Tier) ablegen. Eier und Larven können sich bei milden Temperaturen auch im „Winter“ weiterentwickeln. Käfer, Eier und Larven können dabei auch Kahlfröste von ca. -13 bis -15 °C überstehen.

Ist der Herbst mild, wird lange zugewandert

In den vergangenen Jahren wurden die größten Schäden durch Larven der Erdflöhe häufig erst im Frühjahr festgestellt. Und das oft trotz im Herbst durchgeführter ein- oder mehrmaliger Behandlung. Betriebe mit einer sehr späten Erdfloh-Behandlung Ende Oktober oder später hatten deutlich weniger Larvenschäden als andere, deren Maßnahme vor Mitte Oktober lag. Die Vermutung liegt also nahe, dass Erdflöhe in milden Herbsten noch sehr lange zuwandern können.

Die Fängigkeit von Gelbschalen nimmt ab Oktober deutlich ab, sodass aus den Fangzahlen zu späteren Terminen keine direkten Behandlungsempfehlungen mehr abgeleitet werden können. Das Vorkommen von Erdflöhen in der Gelbschale sollte aber als Warnsignal zur erhöhten Aufmerksamkeit dienen. Klassisch kann frühestens ab ca. Ende Oktober eine Blattstielkontrolle erfolgen. Praktisch waren zu dem Termin und auch im November nur wenige Larven zu finden, wenn eine Behandlung vor der ersten Eiablage stattgefunden hatte.

Die Blattstielkontrolle auf die typischen Bohrlöcher und Buckel sollte dennoch erfolgen, aber in warmen Wintern unbedingt auch noch im Januar oder Februar. Je später die Kontrolle, desto leichter sind Larven zu finden. Schläge mit unauffälliger Fraß-Symptomatik werden nicht vorschnell behandelt, sondern im Spätherbst/Winter auf Larvenbefall kontrolliert und nur bei Bedarf gezielt angefahren. Ist dann eine Vielzahl an Pflanzen mit hohen Larvenzahlen in den Beständen vorhanden, kann immer noch reagiert werden. Orientierung bietet hier die Schwelle von 3-5 Larven/Pflanze bzw. 30-50 % befallener Blattstiele als Richtwert.

Bei kühler Witterung über Winter gestaltet sich die optische Kontrolle der Blattstiele im Feld oftmals schwierig, insbesondere kleine Larven werden schnell übersehen. Eine elegantere Kontrolle kann über die „Siebmethode“ erfolgen. Hierzu eignen sich z. B. Stapelboxen mit Gitterboden. Je Probe werden zehn Pflanzen vom Feld geholt und zu Hause im Warmen grob zerteilt. Wichtig ist ein geschlossenes Auffanggefäß mit möglichst hohen, glatten Kanten unter dem Siebboden. Die Larven verlassen nach und nach die eintrocknenden Pflanzenteile, fallen durch den Siebboden und können dann im Auffangbehälter leichter gefunden werden. Das dauert je nach Trocknungsgrad nur wenige Tage, man kann nach ein bis zwei Tagen schon erstmalig kontrollieren. Achtung: Die Larven können ziemlich klein sein. Und große Larven gehen gern auf Wanderschaft. Sofern eine Behandlung erfolgen soll, unterstützt kühleres Wetter die Wirksamkeit bzw. Wirkungsdauer der Insektizide. Der insektizide Schutzfilm bleibt lange erhalten, da während der Vegetationsruhe kaum noch Pflanzenzuwachs stattfindet. Auch die Larven sind bei kühlen Temperaturen kaum aktiv. Sie wandern aber bei entsprechender Witterung durchaus auf der Pflanze von alten zu jüngeren Blättern und sogar zu angrenzenden Pflanzen. Dabei kommen sie in Kontakt mit dem Insektizid. Kleine und mittelgroße Larven werden dann noch gut erfasst.


Ein Erklärvideo zum Rapserdfloh finden Sie HIER


FAZIT: Die Kontrolle des Rapserdflohs erfordert einen langen Atem und beginnt im Grunde genommen bereits nach der Rapsernte. Wichtigstes Instrument ist dabei die Gelb-schale. Die größten Schäden entstanden in den vergangenen milden Wintern jedoch durch späten Zuflug, lange Eiablage und an-schließend sehr hohe Larvenzahlen im Frühjahr. Dieses Risiko gilt es durch anhaltende Käfer- und Larvenkontrollen auch über Winter zu minimieren.


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