Moderner Stall

Hohe Milch-Leistung und Futter-Qualität: So arbeitet die Lindenberger Agrargenossenschaft

Die beiden Vorstandsmitglieder Volkmar Hirschner (l.) und Matthias Franke führen durch eine Anlage. © Fritz Fleege
Tierhaltung

Die Lindenberger Agrargenossenschaft hat 2019 ihren Stall neugebaut. Viel wurde modernisiert und automatisiert, um der Zukunft und der Arbeit gerecht zu werden. Ein Konzept, an das der Betrieb glaubt:

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Wer die junge Milchviehanlage der Lindenberger Agrargenossenschaft betritt, staunt über die Ruhe, die dort herrscht. Die meisten Kühe liegen bequem in ihren Boxen. Die anderen stehen am Futtertisch und fressen oder sie saufen aus der Tränke. Andere sind unterwegs zum Melkroboter, um ihre Milch loszuwerden. Alles erfolgt ganz entspannt.

Dass die Kühe selbst bestimmen können, was sie tun, stärkt ihr Wohlbefinden und trägt zu hoher Leistung bei. Die beiden Vorstandsmitglieder Matthias Franke (Leiter Tierproduktion) und Volkmar Hirschner (Leiter Pflanzenproduktion) führen uns durch den Kuhstall und den umgebauten Kälberstall. Die Anlage befindet sich am Rande des kleinen Ortes Lindenberg, südwestlich von Demmin im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte.

Großzügig geplanter Milchviehstall

Zunächst gibt uns Matthias Franke einen Überblick über die Agrargenossenschaft, die 1991 aus einer LPG hervorgegangen ist. Diese verfügte damals über 25 Mitarbeiter, 1.300 ha Nutzfläche und 200 Kühen plus Nachzucht. Die Milchviehställe waren alt und nicht mehr ausbaufähig. Weil der Standort aber für die Rinderhaltung prädestiniert ist, entschloss man sich, eine neue Milchviehanlage zu bauen. Im Mai 2019 gab es den erste Spatenstich. Im Juni 2020 zogen die Kühe ein.

Der Stall wurde recht großzügig gebaut. Er ist hoch und luftig. Die Seitenwände sind bis nach unten offen und auch der First ist so gestaltet, dass viel Licht und Luft in das Gebäude kommen. Beim Bau der neuen Anlage hat man sich früh für die Melkroboter Lely Astronaut entschieden, zu denen die Kühe freien Zugang haben. Dieser Melktechnik angepasst, wurde vom Planungsbüro Baukonzept Neubrandenburg GmbH der Grundriss des Stalles gestaltet. Längs in der Mitte ist ein breiter Futtergang etwas höher angelegt.

Mehrere Milchkühe in einem Gruppenbereich.
Die Trockensteher sind im Abkalbe- und Kälberstall untergebracht und können eine Weide aufsuchen. © Fritz Fleege

Auf den Seiten sind entsprechend Fressgänge, Doppelliegeboxenreihen, Treibegänge und Fensterliegeboxenreihen angeordnet. Der Stall verfügt über 496 Kuhplätze und ist in fünf Abteile gegliedert. Etwa in der Mitte des Stalles befinden sich vier Melkanlagen mit je zwei Melkrobotern. Zu jeder Melkanlage haben 110 Kühe Zutritt. Entsprechend sind auch die Abteile mit Liegeboxen angeordnet. In einem Abteil sind die Erstkalber und in drei weiteren die Mehrkalbskühe untergebracht.

Kraftfutter an Milchleistung angepasst

Sie bleiben dort bis zum Trockenstellen zusammen, was auch zu großer Ruhe beiträgt. Ein weiteres Melkabteil mit nur einem Roboter befindet sich am Ende der verlängerten Stallseite. Dieses Abteil hat 56 Plätze und wird mit Frischabkalbern bis zum 30. Laktationstag belegt. Lauf- und Fressgänge sind planbefestigt und lassen sich mit kettengezogenen Schiebern regelmäßig reinigen. Die Gülle wird in einem Kanal aufgefangen und draußen mit entsprechender Technik in eine feste und flüssige Phase separiert. Die flüssige Phase wird gespeichert und als Dünger auf dem Acker und dem Grünland ausgebracht. Die feste Phase dient täglich als Einstreu für die Liegeboxen.

Im Euterbereich wird zur Desinfektion noch Kalkmehl aufgebracht. Die Liegeboxen selbst sind recht einfach gestaltet und 1,30 m breit. Ein geformter Kunststoffbügel dient als Trennung. Die Doppelliegeboxen haben nach vorn keine Begrenzung, sodass die Kühe leichter austreten können. Die Boxen werden täglich gereinigt und eingestreut. Weil alle Kühe mit einem Sensor am Halsband gekennzeichnet sind, werden sie am Eingang zum Roboter registriert und bei Bedarf zum Melken gelassen. Dann läuft alles automatisch ab. Das Euter wird gereinigt und das Melkzeug angesetzt.

Entsprechend ihrer Leistung erhalten die Kühe noch eine Kraftfuttergabe. Nach Rückgang des Milchstromes werden die Melkbecher einzeln abgesetzt, dann das Melkzeug abgenommen, gereinigt und in die Ausgangsposition gebracht. Dann kann die nächste Kuh eintreten.

Extra-Stall für Kälber und Trockensteher

Im März 2022 wurde noch ein Stall für Kälber und Trockensteher fertiggestellt. Die hochtragenden Tiere kommen dort bis zum Abkalben in Gruppen auf dicker Einstreu unter. Die frischmelkenden Mehrkalbskühe und Erstkalbinnen werden dann in die kleinere Gruppe im großen Kuhstall umquartiert. Die Neugeborenen kommen nach entsprechender Pflege und Versorgung mit Kolostrum in Einzeliglus unter. Diese sind im Stall aufgestellt und somit bei jedem Wetter bequem zu erreichen.

Im Alter von 14 Tagen werden die Kälber in Abteile mit dicker Einstreu umquartiert. Alle Kälber erhalten ad libitum eine Kaltsauertränke. Diese wird mit einem Milchtaxi ausgebracht und in die zuvor gereinigten Eimer bzw. Milchbars geleitet. Bis zur elften Lebenswoche wird abgetränkt. Während der gesamten Aufzuchtzeit gibt es noch eine trockene Total-Misch-Ration. Die Kälber erreichen durch die gute Versorgung und gesunde Aufzucht durchschnittliche Tageszunahmen von nahezu 1.100 g.

Das Betriebsgebäude der Lindenberger Agrargenossenschaft von außen.
Die Milchviehanlage der Lindenberger Agrargenossenschaft macht schon von außen einen sehr gepflegten Eindruck, der sich im Inneren bestätigt. Tier und Mensch fühlen sich in so einem Umfeld wohl. © Fritz Fleege

Zwischenstation für die Jungtiere

Ihren nächsten Lebensabschnitt verbringen die Jungrinder in einem Aufzuchtbetrieb in Zolkow (Landkreis Ludwigslust-Parchim). Auch dort werden sie gut umsorgt und gelangen als hochtragende Färsen sechs Wochen vor der Kalbung wieder zurück nach Lindenberg. Dann kommen sie zunächst im Trockensteherstall und danach in einem Abteil mit einer Trainingsbox für Färsen unter, die äußerlich ähnlich aussieht wie ein Melkroboter. aber ohne Melktechnik ausgestattet ist.

Das durchschnittliche Erstkalbealter beträgt in Lindenberg 23 Monate. Nach dem Kalben kommen sie im großen Kuhstall in einer Gruppe mit Mehrkalbskühen unter, um von ihnen zu lernen. Danach werden die Jungkühe wieder von den Mehrkalbskühen getrennt und kommen bis zum Ende der Laktation in eine Extra-Gruppe.

Mit ausgefeiltem Programm für die Zucht

Auch was die Züchtung betrifft, geht man in Lindenberg nach einem durchdachten Plan vor. Bei der Spermaauswahl arbeitet man eng mit der RinderAllianz bzw. Phönix-Group zusammen. So lässt man alle Färsen schon in Zolkow mit weiblich gesextem Sperma besamen, um guten Nachwuchs zu erzeugen. In der Milchviehherde setzt man bei den guten Kühen Sperma von Bullen ein, die neben hoher Leistung und Langlebigkeit auch Robotertauglichkeit an ihre Töchter vererben.

Seit einem Jahr wird für die Spitzenzucht auch Embryotransfer genutzt. Etwa ein Drittel der weniger leistungsfähigen Kühe wird mit Sperma von Weiß-Blauen-Belgiern besamt, um Tiere für einen Mastbetrieb zu erzeugen. Das straffe Zuchtprogramm hat sich positiv auf die Leistungsfähigkeit der Milchviehherde ausgewirkt. So ist die durchschnittliche Jahresleistung aller Kühe nach fünf Jahren im neuen Stall auf rund 12.000 kg Milch mit 3,95 % Fett und 3,4 % Eiweiß gestiegen.

Die Auszubildene mit einem Milchtaxi zur Versorgung der Kälber
Die Kälber versorgt eine Arbeitskraft. Heute macht das Lisa Kirgina, Auszubildende im zweiten Lehrjahr. © Fritz Fleege

Der Zellgehalt in der abgelieferten Milch liegt unter 180.000/ml, was von hoher Eutergesundheit zeugt. Weil man eine lange Laktation anstrebt, werden die Kühe erst ab dem 120. Laktationstag besamt. Kühe, die in dieser Zeit noch über 50 kg Milch geben, sind noch später dran. Die durchschnittliche Zwischenkalbezeit hat sich dadurch auf 435 Tage erhöht. Damit sind auch weniger Abkalbungen, Arbeit und Kosten verbunden. Die Abgangsrate liegt bei 20 %. Viele Kühe werden schon jetzt recht alt.

Vor allem Silagen von bester Qualität

Um die Qualität des Grundfutters zu verbessern, wurde in den letzten Jahren viel ins Grünland investiert. So hat man hochwertige Gräser nachgesät, fachgerecht gedüngt und den optimalen Erntezeitpunkt eingehalten. Zeitig wird nun der erste Aufwuchs eingebracht und der zweite Schnitt erfolgt in der Regel schon vier Wochen danach. Drei gute Aufwüchse sind die Regel. Der vierte Aufwuchs ist meistens weniger hochwertig und wird an die Trockensteher verfüttert.

Gute Grassilagen erreichen einen Energiegehalt von mindestens 6,7 NEL/kg TM. Dafür sind neben dem optimalen Schnittzeitpunkt auch zügiges Anwelken und Einlagern verantwortlich. Letzteres geschieht in neuen Fahrsilos, wo sorgfältig festgefahren und zugedeckt wird. Beim Maisanbau hat man sich für vier Sorten entschieden, die gern gefressen werden und hochverdaulich sind. Alle melkenden Kühe bekommen die gleiche Ration. Die Hauptkomponenten sind Anwelk- und Maissilagen plus etwas Heu. An Kraftfutter kommen GVO-freies Soja- und Rapsextraktionsschrot als Eiweißkomponenten sowie Roggen- und Körnermaisschrot als Stärkekomponenten hinzu. Zur Geschmacksverbesserung dienen Zuckerrübenschnitzel und Leinöl.

Die Fütterung macht die Milchleistung

Die Kühe werden dreimal am Tag gefüttert. Am Futtertisch wird die Ration alle zwei Stunden von einem Lely Juno herangeschoben. Die Grundration enthält 7,2 NE/kg TM. Je Tier und Tag nehmen die Kühe davon 25 kg TM auf. Am Roboter erhalten sie noch entsprechend ihrer Leistung eine zusätzliche Kraftfuttermischung. Die laktierenden Kühe kommen im Durchschnitt auf eine Tagesleistung von 38 kg Milch. Acht Wochen vor dem Kalben werden die Kühe trockengestellt.

Die Tiere werden dann nur noch zweiphasig gefüttert. Die Grundration besteht aus weniger guter Anwelksilage des dritten und vierten Aufwuchses und 2,5 kg Stroh. Die Kühe in der Vorbereitungsgruppe erhalten dann wieder die gleiche Mischration wie melkende Tiere plus etwas Stroh. Kühe beider Gruppen haben auch die Möglichkeit, eine nahegelegene Weide aufzusuchen. Die hochtragenden Färsen werden ähnlich versorgt wie die trockenstehenden Kühe. Sie kommen aber drei bis vier Wochen vor dem Kalben in eine Vorbereitergruppe, wo sie zum bereits erwähnten Melktraining den Übungsroboter kennenlernen.

Die Arbeit ist straff organisiert

In der Milchviehhaltung der Lindenberger Agrargenossenschaft sind heute sechs Personen tätig. Alle arbeiten inklusive Pausen von 7–16 Uhr. In der Regel ist eine 35-Stunden-Woche angesagt. Im Kuhstall sind zwei Fachkräfte tätig, die sich abwechseln. Sie sind zuständig für die Roboterbetreuung, die Liegeboxenreinigung und für die Tierseparation. Zur Unterstützung ist noch ein Auszubildender dabei. Des Weiteren ist jeweils ein Futterfahrer unterwegs.

Der Herdenmanager kümmert sich vor allem um die Tiergesundheit. Im Kälberstall ist noch eine Fachkraft bzw. eine Auszubildende tätig. Derzeit werden zwei junge Frauen zu Tierwirtinnen ausgebildet. Der Milchviehbetrieb nutzt zudem Lely Horizon. Die Software läuft rund um die Uhr und dient zur Überwachung der Herde, der Geräte und der Sensoren. Sie erkennt frühzeitig Situationen, die personelle Aufmerksamkeit erfordern.

Die dafür zuständige Person, der Herdenmanager bzw. Abteilungsleiter, kann dann unmittelbar eingreifen und für Abhilfe sorgen. Das kommt in der Lindenberger Milchviehanlage aber selten vor, weil alles gut in der festen Arbeitszeit erledigt werden kann. Die Angestellten fühlen sich wohl im Betrieb und betreuen die Tiere bestens. Die Lindenberger Agrargenossenschaft ist für die Zukunft gerüstet, versichert Matthias Franke. Die Mitarbeiter sind sozial abgesichert und auch für das Tierwohl ist gesorgt. Mit einer gesunden wirtschaftlichen Herde lässt sich auch die Leistung weiter steigern.

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Eine verlängerte Laktation kann den Antibiotikaeinsatz reduzieren.
Das VerLak-System zeigt, dass die Versuchsgruppen nicht schlechter abschnitten als typisch früh besamte Kühe. Auch Praktiker sind überzeugt von der Verlängerung und dem selektiven Trockenstellen. © Sabine Rübensaat

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